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Brunetti 17 - Das Mädchen seiner Träume

Brunetti 17 - Das Mädchen seiner Träume

Titel: Brunetti 17 - Das Mädchen seiner Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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worüber sie sich unterhielten. Oder er hatte nie danach gefragt. Und so stand er nun, nach all den Jahren, einer Fremden gegenüber.
    Brunetti führte seine Begleiter in eine linker Hand gelegene Bar und bestellte viermal Prosecco. Als die Getränke kamen, leerten beide Paare ihre Gläser in einem Zug, ohne sich mit Anstoßen und Trinksprüchen aufzuhalten, und stellten sie mit einem erleichterten Seufzer auf die Theke zurück.
    »Na, und?«, ließ sich Vianello vernehmen. Eine Frage, die keiner der drei anderen auf die Qualität des Prosecco bezog. »Es war alles sehr gekonnt«, sagte Paola, »und sehr gefühlsbetont.« »Alles sehr positiv und herzerwärmend«, warf Nadia ein. »Er hat an niemandem Kritik geübt, das Wort Sünde nicht einmal in den Mund genommen. Alles sehr erhebend.«
    »Bei Dickens gibt es einen Prediger«, fuhr Paola nachdenklich fort. »In Bleak Hause, glaube ich.« Die Art, wie sie jetzt die Augen schloss, war Brunetti so vertraut, dass er nach gerade sah, wie sie die Tausende von Buchseiten durchblätterte, die in ihrem Gedächtnis gespeichert waren.
    Paola schlug die Augen wieder auf und sagte: »Sein Name fällt mir nicht ein, aber die Frau von Snagsby, dem Advokatenschreiber, ist ihm hörig, und so macht er sich als Dauergast an ihrer Tafel breit, wo er die meiste Zeit hochtrabende Phrasen drechselt und rhetorische Fragen über Tugend und Religion aufwirft. Der arme Snagsby würde ihm einen Pfahl ins Herz rammen, wenn er nicht so unter der Fuchtel seiner Frau stünde, dass er nicht einmal daran zu denken wagt.«
    »Und?«, fragte Brunetti, gespannt, warum Paola sie alle an den Tisch von diesem ominösen Snagsby geschleppt hatte.
    »Und an diesen Priester erinnert mich der Mann, den wir gerade gehört haben - dieser Bruder Leonardo, falls er's denn war«, schloss Paola. Tatsächlich hatte weder Signora Sambo den Mann vorgestellt, noch hatte einer der Anwesenden im Verlauf des Abends seinen Namen genannt.
    »Nichts, was er gesagt hat, war in irgend einer Weise bemerkenswert. Er hat die gleichen frommen Sprüche abgesondert, wie sie in den Leitartikeln der Famiglia Cristiana stehen«, fuhr Paola fort. Und Brunetti wunderte sich, woher um alles in der Welt sie die kannte. »Aber die Masche zieht, zweifellos. Es ist genau das, was die Leute hören wollen«, schloss Paola.
    »Wieso eigentlich?« Vianello winkte dem Barmann und beschrieb einen Kreis über den vier Gläsern.
    »Weil es so schön bequem ist«, antwortete Paola. »Man braucht nur das Richtige zu fühlen, weiter nichts. Und darauf bilden sie sich dann Wunder was ein.« Voller Abscheu fügte sie hinzu: »Das ist alles so furchtbar amerikanisch.«
    »Wieso amerikanisch?«, fragte Nadia und nahm sich eins der vollen Gläser, die der Barmann gebracht hatte. »Weil die Amerikaner Gefühle schon für wichtiger nehmen als Taten. Zumindest erscheint ihnen beides gleichwertig, und sie erwarten für ihre Betroffenheit genauso viel Anerkennung wie für zielstrebiges Handeln. Wie hieß doch gleich der Spruch, den dieser Medienpräsident immer im Mund führte: ›Ich fühle euren Schmerz‹? Als ob sich dadurch irgendwas ändern würde. Gott, es ist zum junge Hunde kriegen!« Paola griff nach ihrem Glas und nahm einen kräftigen Schluck.
    »Man muss nur sein Herz auf der Zunge tragen«, führ sie fort, »und mit seinem zartbesaiteten, sensiblen Gemüt hausieren gehen. Dann braucht man keinen Finger mehr zu rühren. Man stellt seine kostbaren Empfindungen zur Schau und lässt sich von aller Welt dafür bejubeln, dass man die gleichen Regungen hat wie jedes ganz normale fühlende Wesen.«
    Brunetti hatte Paola selten so wütend erlebt. »Sachte, sachte«, beschwichtigte er und nippte an seinem Prosecco. Ihr Kopf fuhr zu ihm herum, sie starrte ihn entgeistert an. Doch dann sah er, wie sie sich ihren ungestümen Wortschwall ins Gedächtnis rief. Bevor sie zu einer Antwort ansetzte, nahm sie noch einen kräftigen Schluck. »Ich glaube, dieser geballte Vortrag über das Gute war zu viel des Guten. So was bekommt mir nicht und bringt meine schlechtesten Seiten zum Vorschein.«
    Alle lachten befreit, und das Gespräch wurde allgemeiner. »Ein Redner, der sich um die Fakten drückt, macht mich immer nervös«, sagte Nadia.
    »Darum hört sie sich grundsätzlich keine Politikerreden an.« Vianello legte den Arm um seine Frau und zog sie an sich. »Hältst du sie so bei der Stange, Lorenzo?«, fragte Paola.
    »Indem du ihr jeden Morgen eine Liste mit

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