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Brunetti 18 - Schöner Schein

Brunetti 18 - Schöner Schein

Titel: Brunetti 18 - Schöner Schein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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verängstigt.«
    Brunetti bewegte sich auf den Eingang der Questura zu, Griffoni schritt neben ihm her. Ihm fiel nichts ein, was er sie fragen könnte. Verängstigt war Patta viel gefährlicher als wütend, das wussten sie beide. Mit Wut reagierte er gewöhnlich auf die Inkompetenz seiner Leute, Angst jedoch bekam Patta nur bei dem Gedanken, es drohe Gefahr für ihn selbst, und das erhöhte das Risiko für alle Beteiligten.
    Auf der Treppe zum ersten Stock fragte Brunetti: »Will er Sie auch sehen?«
    Griffoni schüttelte den Kopf und entschwand sichtlich erleichtert in ihr Büro. Brunetti ging allein weiter.
    Im Vorzimmer war von Signorina Elettra nichts zu sehen, vermutlich war sie schon in der Mittagspause, also klopfte Brunetti einfach an und ging hinein.
    Patta empfing ihn mit ernster Miene, seine Hände, zu Fäusten geballt, lagen vor ihm auf dem Schreibtisch. »Wo waren Sie?«
    »Ich habe einen Zeugen befragt, Signore«, log Brunetti. »Commissario Griffoni sagte mir, Sie wollten mich sprechen. Was gibt es?« Es gelang ihm, Sorge und Dringlichkeit in seine Stimme zu legen.
    »Setzen Sie sich, setzen Sie sich. Stehen Sie nicht so rum und glotzen mich an«, sagte Patta.
    Wortlos nahm Brunetti dem Vice-Questore gegenüber Platz.
    »Ich habe einen Anruf bekommen«, sagte Patta. Er sah Brunetti an, der sich nach Kräften bemühte, ein aufmerksames Gesicht zu machen. »Es ging um diesen Mann, der vor kurzem hier war.« »Sie meinen Maggior Guarino, Signore?«
    »Ja. Guarino. Oder wie er sich nennt.« Pattas Stimme war heftiger geworden, nachdem er den Namen ausgesprochen hatte; Guarino war der Grund für seinen Zorn. »Blöder Idiot«, brummte er zu Brunettis Verblüffung, solche Ausdrücke war er von seinem Chef nicht gewohnt; jedoch war nicht klar, ob Patta damit Guarino meinte oder die Person, die ihn angerufen hatte.
    Guarino mochte nicht die ganze Wahrheit erzählt haben, aber blöd war er auf gar keinen Fall, und für einen Idioten hielt Brunetti ihn auch nicht. Aber diese Einschätzung behielt er für sich und fragte nur mit ruhiger Stimme: »Was ist passiert, Signore?«
    »Er hat sich eine Kugel eingefangen, das ist passiert. In den Hinterkopf«, sagte Patta mit unverminderter Wut, die sich jetzt aber darauf zu richten schien, dass Guarino getötet worden war. Ermordet.
    Verschiedene Möglichkeiten drängten sich auf, doch Brunetti schob sie beiseite und wartete auf Pattas Erklärung. Er sah ihm gespannt in die Augen. Der Vice-Questore hob eine Faust und ließ sie krachend auf den Schreibtisch fallen. »Heute früh hat ein Capitano der Carabinieri hier angerufen. Er wollte wissen, ob ich vorige Woche Besuch hatte. Er war sehr vorsichtig, nannte keinen Namen, sondern fragte nur, ob ich Besuch von einem Beamten von außerhalb bekommen habe.« Patta klang jetzt nicht mehr wütend, sondern gereizt. »Ich habe ihm gesagt, zu mir kämen viele Besucher. Wie er von mir erwarten könne, dass ich mich an jeden Einzelnen erinnere?«
    Darauf brauchte Brunetti nicht zu antworten. »Anfangs wusste ich nicht, wovon er redete«, fuhr Patta fort. »Aber ich hatte den Verdacht, dass er Guarino meinte. Es ist ja nicht wirklich so, dass ich viel Besuch bekomme.« Brunetti, verwirrt von diesem Widerspruch, sah ihn fragend an, und Patta ließ sich zu einer Erklärung herab. »Er war der einzige Unbekannte, der letzte Woche bei mir war. Also konnte nur er gemeint sein.«
    Der Vice-Questore stemmte sich unvermittelt aus seinem Sitz, trat einen Schritt vom Schreibtisch weg, drehte sich um und nahm wieder Platz. »Er hat gefragt, ob er mir ein Foto schicken darf.« Brunetti hatte nicht das Bedürfnis, Verblüffung zu heucheln. »Stellen Sie sich vor«, fuhr Patta fort. »Die hatten das mit einem telefonino aufgenommen, und er hat es mir geschickt. Als ob er von mir erwartete, ich könnte den Mann erkennen, wo von seinem Gesicht wohl kaum viel übrig war.«
    Diese letzte Formulierung machte Brunetti stutzig; erst nach einigen Augenblicken war er imstande zu fragen: »Und haben Sie ihn erkannt?«
    »Ja. Selbstverständlich. Die Kugel ist schräg von hinten eingedrungen, so dass nur das Kinn beschädigt war. Ich konnte ihn trotzdem erkennen.«
    »Wie wurde er getötet?«, fragte Brunetti.
    »Das sagte ich doch bereits.« Patta schrie beinahe. »Haben Sie nicht zugehört? Er wurde erschossen. Eine Kugel in den Hinterkopf. Für die meisten ist das tödlich, oder wie sehen Sie das?«
    Brunetti hob eine Hand. »Vielleicht habe ich mich

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