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Brunetti 18 - Schöner Schein

Brunetti 18 - Schöner Schein

Titel: Brunetti 18 - Schöner Schein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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undeutlich ausgedrückt, Signore. Hat dieser Anrufer Ihnen irgendetwas über die genaueren Umstände erzählt?«
    »Kein Wort. Er wollte nur von mir wissen, ob ich den Mann erkenne oder nicht.«
    »Was haben Sie geantwortet?«
    »Dass ich mir nicht sicher sei«, sagte Patta und sah Brunetti scharf an.
    Brunetti unterdrückte die Frage, warum sein Vorgesetzter das getan habe.
    Patta erklärte: »Ich wollte denen nichts in die Hand geben, bevor wir selbst etwas mehr wissen.« Brunetti übersetzte sich das mühelos in normale Sprache: Es bedeutete, dass Patta die Verantwortung auf jemand anderen abschieben wollte. Daher wehte also der Wind.
    »Hat er Ihnen einen Grund für seinen Anruf genannt?«, fragte Brunetti.
    »Anscheinend wussten sie, dass er eine Verabredung in unserer Questura hatte; also haben sie hier angerufen und den leitenden Beamten zu sprechen verlangt, um in Erfahrung zu bringen, ob dieser Mann hier gewesen ist.« Wahrhaftig, dachte Brunetti, nicht einmal die Tatsache, dass jemand eine Kugel in den Kopf bekommen hatte, konnte Patta daran hindern, sich als »leitender Beamte« stolz in die Brust zu werfen.
    »Wann kam dieser Anruf, Signore?«, fragte Brunetti.
    »Vor einer halben Stunde.« Patta gab sich keine Mühe, seine Gereiztheit zu verbergen. »Seitdem habe ich Sie überall gesucht. Aber Sie waren nicht in Ihrem Büro.« Er brummte grimmig: »Zeugen befragen.«
    Brunetti ging darüber hinweg. »Was weiß man über den Tatzeitpunkt?«, fragte er.
    »Davon war keine Rede«, antwortete Patta leichthin, als sehe er keinen Grund für eine solche Frage.
    Brunetti zwang jede Spur von Neugier aus seiner Miene, während er in Gedanken schon vorwärtspreschte. »Hat er gesagt, von wo er angerufen hat?«
    »Von da«, antwortete Patta in dem Ton, den er geistes- und charakterschwachen Zeitgenossen vorbehielt, »wo man ihn gefunden hat.«
    »Aha, und von da hat er Ihnen auch das Foto geschickt.« »Sehr klug, Brunetti«, fauchte Patta. »Natürlich hat er mir von da das Foto geschickt.«
    »Verstehe, verstehe.« Brunetti spielte auf Zeit.
    »Ich habe den Tenente angerufen«, sagte Patta, und wieder löschte Brunetti jeglichen Ausdruck aus seinem Gesicht. »Aber der ist in Chioggia und kann erst am Nachmittag dort eintreffen.«
    Brunetti zog sich das Herz zusammen bei der Vorstellung, Patta könnte Scarpa mit diesem Fall betrauen. »Ausgezeichnete Idee«, sagte er und fuhr mit etwas weniger Begeisterung fort: »Ich hoffe nur, der...«, beließ es dann aber dabei und wiederholte: »Ausgezeichnete Idee.«
    »Was gefällt Ihnen daran nicht, Brunetti?«, bohrte Patta.
    Diesmal kleisterte Brunetti sich eine verwirrte Miene auf und sagte gar nichts.
    »Antworten Sie, Brunetti«, sagte Patta mit drohendem Unterton.
    »Ich habe an den Dienstgrad gedacht, Signore«, wagte Brunetti sich vor; er sprach nur, um die Bambusspitzen unter seinen Fingernägeln loszuwerden. Bevor Patta nachfragen konnte, erklärte er: »Sie sagten, der Anrufer war ein Capitano. Ich sorge mich lediglich darum, was das für einen Eindruck machen wird, wenn wir dort von einem rangniederen Beamten vertreten werden.« Er beobachtete Patta genau und bemerkte ein erstes Ansteigen seiner Körperspannung.
    »Nicht dass ich Zweifel an dem Tenente habe«, sagte er. »Aber wir hatten schon einmal Zuständigkeitsprobleme mit den Carabinieri, und die ließen sich vermeiden, wenn wir einen ranghöheren Beamten schicken würden.«
    Plötzlich war Pattas Blick voller Misstrauen. »Von wem reden Sie, Brunetti?«
    Brunetti sah ihn so überrascht an, wie er konnte: »Nun, von Ihnen natürlich, Signore. Sie sollten uns dort vertreten. Immerhin sind Sie, wie Sie selbst gesagt haben, ViceQuestore, der leitende Beamte hier.« Damit überging er zwar den Questore, aber Brunetti bezweifelte, dass Patta das mitbekam.
    Patta machte ein grimmiges Gesicht, auf seiner Miene drängten sich unausgesprochene böse Ahnungen, deren er selbst sich wahrscheinlich gar nicht bewusst war. »Daran hatte ich nicht gedacht«, bekannte er.
    Brunetti zuckte die Achseln, als wolle er andeuten, dass er mit der Zeit schon darauf gekommen wäre. Patta gewährte ihm seinen ernstesten Blick und fragte: »Sie halten die Sache also für wichtig?«
    »Dass Sie dort hinfahren, Signore?«, fragte ein höchst wachsamer Brunetti.
    »Dass jemand, der im Rang über einem Capitano steht, dort hinfahren sollte.«
    »Das tun Sie doch, Signore, und zwar bei weitem.«
    »Ich habe nicht an mich gedacht,

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