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Brunetti 18 - Schöner Schein

Brunetti 18 - Schöner Schein

Titel: Brunetti 18 - Schöner Schein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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neuem Licht. »Aha«, gestattete er sich zu bemerken.
    »Du hast doch ein wenig über ihn recherchiert?«, fragte der Conte.
    »Ja.« »Dann kennst du die Firmen, an denen er beteiligt ist?«
    »Ja«, sagte Brunetti, »zumindest einige davon. Transportunternehmen: Frachtschiffe und Lastwagen.«
    »Transportunternehmen«, wiederholte der Conte. »Und schweres Gerät für Erdbauarbeiten«, ergänzte er. »Er besitzt Schiffe und Lastwagen. Und Erdbaumaschinen. Außerdem - und das habe ich erst durch meine eigenen Leute herausgefunden, die manchmal so gut sind wie deine - besitzt er ein Abfallentsorgungsunternehmen, das alle diese Dinge beseitigt, von denen ich eben gesprochen habe, Dinge, die wir nicht mehr brauchen:   telefonini,   Computer, Faxgeräte, Anrufbeantworter.« Der Conte sah zu dem Porträt der Frau hinüber und sagte: »Im einen Jahr reißen sich alle darum, im nächsten Jahr ist es nutzloser Schrott.«
    Brunetti wusste, wohin das führte, und sagte jetzt lieber nichts.
    »Das ist das Geheimnis, Guido: neues Modell im einen Jahr, Schrott im nächsten. Weil es so viele von uns gibt und weil wir so viel Schrott konsumieren und so viel Schrott wegwerfen, muss es jemanden geben, der das aufsammelt und für uns beseitigt. Es gab Zeiten, da waren die Leute froh, wenn ihnen alter Schrott geschenkt wurde: Unsere Kinder nahmen unsere alten Computer oder unsere alten Fernsehgeräte. Heutzutage aber muss jeder neuen Schrott haben, seinen eigenen Schrott. Und deshalb müssen wir das Zeug heute nicht nur bezahlen, wenn wir es kaufen; wir müssen auch dafür bezahlen, wenn wir es wieder loswerden wollen.« Der Conte sprach ruhig und sachlich. Tochter und Enkelin des Conte hatten Brunetti schon ganz ähnliche Vorträge gehalten, aber während jene sich heftig ereiferten, bewahrte dieser kühle Gelassenheit. »Und das macht Cataldo?« »Ja. Cataldo ist der Müllmann. Andere Leute häufen alles Mögliche an, und wenn sie es satthaben oder wenn es kaputtgeht, sorgt er dafür, dass es ihnen aus den Augen geschafft wird.«
    Als Brunetti nichts erwiderte, fuhr der Conte noch ruhiger fort: »Nur daher sein Interesse an China, Guido. China, die Müllgrube der Welt. Aber er hat zu lange gewartet.«
    »Zu lange womit?«, fragte Brunetti.
    »Er hat die Afrikaner überschätzt«, sagte der Conte. Und als Brunetti ein fragendes Geräusch von sich gab, erklärte er: »Drei von ihm gecharterte Schiffe haben vor einem Monat den Hafen von Triest verlassen.« Bevor Brunetti fragen konnte, sagte er: »Ja, Müllschiffe. Randvoll mit Sachen, deren man sich hier nur auf sehr kostspielige Weise entledigen könnte. Er arbeitet seit Jahren mit den Somalis zusammen. Falls man glauben kann, was meine Leute mir berichten, hat er ihnen bereits Hunderttausende Tonnen geschickt. Er brauchte ihnen nur genug zu zahlen, dann haben sie alles genommen, was er ihnen angeliefert hat: Niemand hat gefragt, wo das Zeug herkam oder was das überhaupt war. Aber die Zeiten ändern sich, und vor allem nach dem Tsunami hat es so viel schlechte Presse gegeben, dass man jetzt seitens der un versucht, die Lieferwege zu blockieren; es ist praktisch unmöglich, noch etwas dorthin zu schicken.« Am Tonfall des Conte war nicht zu erkennen, was er davon hielt.
    »Im Übrigen lohnt es sich auch nicht mehr. Die Afrikaner wollen Geld, wenn sie etwas nehmen sollen«, sagte er kopfschüttelnd beim Gedanken an so altmodische Geschäftspraktiken. »Die Chinesen geben dir Geld für fast alles, was du ihnen bringst. Sie sortieren das Zeug, behalten, was sie brauchen können, und schicken, nehme ich an, den wirklich gefährlichen Dreck nach Tibet, um ihn dort zu verbuddeln.« Er hob die Schultern. »Es gibt kaum etwas, das sie nicht nehmen.«
    Er sah Brunetti lange an, als überlege er, ob er ihm etwas anvertrauen dürfe. Offenbar bejahte er diese Frage für sich und wurde deutlicher: »Hast du dich jemals gefragt, warum die Chinesen weder Kosten noch Mühen gescheut haben, eine Bahnstrecke von Peking nach Tibet zu bauen, Guido? Meinst du, es gibt genug Touristen, dass solche Ausgaben gerechtfertigt wären? Für Personenzüge?«
    Brunetti konnte nur den Kopf schütteln.
    »Aber ich war bei Cataldo«, nahm der Conte den Faden wieder auf. »Und seinen Schiffen. Er hat sich verkalkuliert. Denn es gibt tatsächlich Dinge, vor denen selbst die Chinesen zurückschrecken, und er hat drei Schiffe voll davon. Die können nirgendwo mehr hin, und zurückkommen können sie erst, wenn sie ihre

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