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Brunetti 18 - Schöner Schein

Brunetti 18 - Schöner Schein

Titel: Brunetti 18 - Schöner Schein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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dem Vergleich überredet hatte, Geld, das weder bei dem verletzten Arbeiter noch in der Gewerkschaftskasse angekommen war. Die Sache sprach sich herum, aber da das Kartenspiel nicht in Marghera, sondern in Venedig stattgefunden hatte, erfuhren davon nicht die Arbeiter, deren Interessen Vizotti so angelegentlich vertrat, sondern die Polizei. Brunetti bestellte ihn zu einer Vernehmung ein. Anfangs stritt der Gewerkschaftsvertreter entrüstet alles ab und drohte, er werde den Buchhalter wegen Verleumdung und Brunetti wegen Belästigung verklagen. Hier nun wies Brunetti ihn darauf hin, dass der verletzte Arbeiter, ein jähzorniger Mensch, dessen eines Bein jetzt ein paar Zentimeter kürzer als das andere sei, seitdem unter ständigen Schmerzen leide. Noch wisse er nichts von den finanziellen Vereinbarungen, die Vizotti mit seinem Arbeitgeber getroffen habe, aber das könne sich leicht ändern.
    Vizotti wurde sofort butterweich und erklärte, er habe das Geld für den Geschädigten lediglich aufbewahren wollen und dann irgendwie vergessen, es an ihn weiterzuleiten: der große Arbeitsdruck, seine Aufgaben bei der Gewerkschaft, so viele Dinge gleichzeitig zu erledigen, so wenig Zeit. Und dann fragte er Brunetti von Mann zu Mann, ob er sich nicht an der Sache beteiligen wolle. Er hatte nicht einmal gezwinkert, als er diesen Vorschlag machte.
    Brunetti hatte die Gelegenheit ausgeschlagen und ihm lediglich geraten, sich seinen Namen zu merken, für den Fall, dass sie noch einmal miteinander zu tun bekämen. Jetzt brauchte er einige Minuten, bis er Vizottis Handynummer ermittelt hatte, aber es dauerte keine Sekunde, bis er sich an Brunettis Namen erinnerte.
    »Was wollen Sie?«, fragte der Gewerkschaftsvertreter.
    Unter normalen Umständen hätte Brunetti ihm eine so unhöfliche Begrüßung übelgenommen, aber jetzt ging er darüber hinweg und sagte ebenso kurz angebunden: »Ich brauche Informationen.« »Worüber?«
    »Über Lagerplätze in Marghera.«
    »Versuchen Sie's mal bei der Feuerwehr«, gab Vizotti zurück. »Damit habe ich nichts zu tun.«
    »Lagerplätze für Dinge, von denen die Unternehmen nichts wissen wollen«, fuhr Brunetti unbeirrt fort.
    Als Vizotti dazu nichts einfiel, fragte Brunetti: »Angenommen, jemand möchte dort irgendwelche Fässer einlagern - wo würde er das tun?«
    »Was für Fässer?«
    »Fässer mit gefährlichem Inhalt.«
    »Keine Drogen?«, fragte Vizotti.
    Eine interessante Frage, auf die Brunetti jetzt aber nicht näher eingehen wollte. »Nein, keine Drogen. Flüssigkeiten. Oder Pulver.« »Wie viele Fässer?«
    »Mehrere Lastwagenladungen.«
    »Geht es vielleicht um den Mann, den man hier gefunden hat?«
    Brunetti sah keinen Grund zu lügen. »Ja«, sagte er.
    Es folgte längeres Schweigen; Brunetti hörte Vizotti förmlich abwägen, was für ihn vorteilhafter sei: zu lügen oder die Wahrheit zu sagen. Und wie er den Mann kannte, würde der Eigennutz die Oberhand gewinnen.
    »Sie wissen, wo er gefunden wurde?«, fragte Vizotti.
    »Ja.«
    »Ich habe da etwas mitbekommen - wer das gesagt hat, weiß ich nicht mehr. Jedenfalls ging es um die Lagertanks auf diesem Gelände. Da, wo die Leiche gefunden wurde.«
    Brunetti erinnerte sich an die Gegend, die gewaltigen rostzerfressenen Öltanks, die den Hintergrund zu der Leiche am Boden abgegeben hatten.
    »Und was haben Sie darüber gehört?«, fragte er ohne jeden Nachdruck.
    »Dass einige davon jetzt aussehen, als hätten sie Türen.«
    »Verstehe«, sagte Brunetti. »Wenn Sie sonst noch etwas hören, wäre ich -«
    Vizotti unterbrach ihn: »Mehr gibt es nicht.« Das Gespräch war beendet.
    Brunetti legte leise den Hörer auf. »Tja, ja, ja«, murmelte er. Er fühlte sich hin- und hergerissen. Sie waren für den Fall nicht zuständig, aber Patta hatte ihn darauf angesetzt. Ermittlungen wegen illegaler Mülltransporte waren Sache der Carabinieri, und Brunetti besaß keine richterliche Erlaubnis, Nachforschungen anzustellen oder gar auf eigene Faust eine Razzia durchzuführen. Nun, wenn er und Vianello allein dort hingingen, konnte man das wohl kaum eine Razzia nennen, oder? Sie würden sich lediglich noch einmal den Tatort ansehen.
    Er wollte sich gerade auf den Weg zu Vianello machen, als das Telefon klingelte. Er sah es an, ließ es noch dreimal läuten, dann nahm er den Hörer ab.
    »Commissario?«, fragte eine Männerstimme. »Ja.«
    »Hier spricht Vasco.«
    Brunetti musste erst einmal die Ereignisse der letzten Tage sortieren, und um Zeit zu

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