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Brunetti 18 - Schöner Schein

Brunetti 18 - Schöner Schein

Titel: Brunetti 18 - Schöner Schein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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sage.«
    »Da haben Sie wahrscheinlich recht«, sagte Brunetti lächelnd.
    Zum ersten Mal lachte sie, und er stellte fest, dass ihre Züge, abgesehen von ihrer Trauer, durchaus attraktiv waren. Erleichtert, noch einmal von vorn anfangen zu können, sagte sie: »Ich bin Chemikerin, nicht Polizistin. Aber das habe ich Ihnen bereits gesagt. Oder wussten Sie es schon?«
    »Ja.«
    »Deshalb überlasse ich den Polizeikram gern den anderen. Aber auch nach so vielen Jahren lerne ich immer noch dazu, manchmal ohne es selbst zu merken. Wenn ich gar nicht darauf achte.« Bisher hatte sie durch nichts zu erkennen gegeben, dass sie und Guarino mehr als Kollegen gewesen waren. Warum versuchte sie dann jetzt so umständlich zu erklären, wie es kam, dass sie so viel von »Polizeikram« verstand?
    »Es lässt sich kaum vermeiden, das eine oder andere mitzubekommen«, stimmte Brunetti zu.
    »So ist es.« Und dann mit ganz anderer Stimme: »Filippo hat Ihnen von den Transporten erzählt?«
    »Ja.«
    »So haben wir uns kennengelernt«, sagte sie, und ihre Stimme wurde noch weicher. »Damals wurde eine Ladung auf dem Weg nach Süden beschlagnahmt. Das war vor fünf Jahren. Ich habe das Material chemisch analysiert, und als die Herkunft ermittelt war, habe ich das Erdreich und das Wasser an der Stelle untersucht.« Und dann sagte sie noch: »Filippo war für den Fall zuständig, und von ihm kam der Vorschlag, mich zu seiner Einheit zu versetzen.«
    »Manche Freundschaften haben seltsamer angefangen«, bemerkte Brunetti.
    Sie hob den Blick und sah ihn lange an. »Ja, das stimmt wohl«, sagte sie und trank endlich ihren Kaffee.
    »Worum ging es?«, fragte er, und als sie ihn ratlos ansah: »Was war das für eine Ladung?«
    »Pestizide, Krankenhausabfälle, abgelaufene Medikamente.« Und nach einer Pause: »Aber nichts davon stand im Frachtbrief.«
    »Was stand denn da?«
    »Das Übliche: Haushaltsmüll. Als ob es sich um komprimierte Ballen Orangenschalen und Kaffeesatz aus dem Abfalleimer gehandelt hätte.«
    »Und wo sollte das Zeug hin?«
    »Nach Kampanien«, sagte sie. »In die Verbrennungsanlage.« Als wollte sie sichergehen, dass er die ganze Tragweite dieser Aussage begriff, wiederholte sie: »Pestizide. Krankenhausabfälle. Abgelaufene Medikamente.« Sie nahm einen kleinen Schluck Wasser.
    »Vor fünf Jahren?«, fragte er.
    » Richtig .«
    »Und seither?«
    »Hat sich nichts geändert, außer dass es jetzt viel mehr davon gibt.«
    »Und wo geht das hin?«
    »Manches wird verbrannt, manches wird in Deponien eingelagert.« »Und der Rest?«
    »Es gibt ja noch das Meer«, sagte sie, als sei das das Normalste von der Welt. »Aha.«
    Sie nahm ihren Löffel und legte ihn sorgfältig neben die Tasse. »Es ist genau wie in Somalia, wo sie den Müll früher hingebracht haben. Wo keine Regierung durchgreift, können die machen, was sie wollen.«
    Ein Kellner kam an ihren Tisch, und Dottoressa Landi bestellte noch einen Kaffee. Da Brunetti einen zweiten vor dem Mittagessen nicht vertrug, bat er um ein Glas Mineralwasser. Um eine weitere Unterbrechung zu vermeiden, schwieg er bis zur Rückkehr des Kellners, und sie schien damit zufrieden. Zeit verging. Der Kellner kam und stellte ihnen die Getränke hin.
    Als er weg war, fing sie von etwas ganz anderem an: »Er hat Sie also nach dem Mann auf dem Foto gefragt.« Ihre Stimme hatte sich beruhigt, als habe sie durch die Aufzählung der Dinge, die sie bisher herausgefunden hatte, einige böse Geister vertrieben.
    Brunetti nickte.
    »Und?«
    Jetzt war es so weit, dachte Brunetti: Jetzt konnte er sich nur noch auf seine Lebenserfahrung und seinen Instinkt verlassen und musste entscheiden, ob er dieser jungen Frau trauen konnte oder nicht. Er kannte seine Schwäche für Frauen in Not - auch wenn er das Ausmaß dieser Schwäche vielleicht noch gar nicht ganz erfasst hatte -, aber er wusste auch, dass sein Instinkt ihn nur selten täuschte. Sie hatte offensichtlich beschlossen, ihn zum Erben des Vertrauens einzusetzen, das Guarino ihr geschenkt hatte, und er sah keinen Grund, ihr mit Argwohn zu begegnen.
    »Der Mann heißt Antonio Terrasini«, fing er an. Sie reagierte weder auf den Namen, noch wollte sie wissen, wie er das herausgefunden hatte. »Er gehört zu einem Camorra-Klan.« Er fragte: »Wissen Sie etwas über das Foto?«
    Sie rührte umständlich ihren Kaffee um und legte den Löffel auf die Untertasse. »Der Mann, der ermordet wurde...« Sie sah Brunetti hilflos an und hielt sich eine Hand vor

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