Brunftzeit
ihre Freundin mir von ihr erzählte. Plötzlich sagte sie: »Schade, dass ihr beiden nie zusammengekommen seid.«
Ich lachte und sagte etwas im Stile von, ich sei ja wohl nie wirklich ihr Typ gewesen.
Die Frau blickte mich verblüfft an. »Wie meinst du das – nicht ihr Typ? Sie hat dich unheimlich gerngehabt. Was glaubst du wohl, warum sie dauernd deine Nähe gesucht hat?«
Das nenne ich eine Überraschung. Ich hatte nicht die geringste Ahnung, dass sie sich auch nur ansatzweise anders als kumpelhaft für mich interessieren könnte. Wirklich nicht. Schließlich war ich weder cool noch schwarz.
Diese Geschichte kann man aus zwei unterschiedlichen Perspektiven betrachten. Entweder ist es a) schade, dass nichts passiert ist, weil wir wirklich prima miteinander auskamen und eine Beziehung durchaus schön hätte werden können, oder es ist b) egal, dass sie sich für mich interessierte, weil ich diese Gefühle ganz offensichtlich nicht hegte. Ganz gleich, auf welche Art Typ sie stand – ich hätte gespürt, wenn ich Gefühle für sie hätte entwickeln können. Ob ich allerdings entsprechend gehandelt hätte, steht auf einem ganz anderen Blatt.
Wenn man sämtliche Möglichkeiten und die Art, wie ich damals tickte, in die Waagschale wirft – im Grunde war ich auch als Student noch sehr jungenhaft –, stimmt es vielleicht, dass ich nicht genügend Interesse für sie zeigte. Die Lektion allerdings lautet folgendermaßen: Wenn sie wirklich mehr als nur rein freundschaftliche Gefühle für mich hegte, wäre esdann nicht besser für alle Beteiligten gewesen, wenn ich davon erfahren hätte? Sie hätte schnell herausfinden können, ob auch ich sie mochte. Wenn ja, prima, und wenn nein, wären zumindest alle Zweifel beseitigt gewesen.
Wissen Sie noch, was ich oben geschrieben habe? Dass Frauen einen Mann an die Hand nehmen und so leiten müssen, dass er sich bereit für den ersten Schritt fühlt? Nun, das letzte Beispiel hat gezeigt, wie man es besser nicht macht. Bin ich zu kritisch mit meiner Kommilitonin umgesprungen? Vielleicht. Tatsache ist, dass sie – falls sie sich wirklich für mich interessierte – unter dem gleichen Handicap litt, das manche Männer davon abhält, auf eine Frau zuzugehen. Sie hatte Angst vor Zurückweisung.
So gesehen ist das eine Sache, die Männer und Frauen gleichermaßen trifft. Auch mir ist es schon passiert, dass ich nicht den Mut hatte, einer Frau zu sagen, dass ich sie mag.
Vielleicht sind wir doch gar nicht so verschieden.
Ein Mann verspielt seine Chance (indem er auf Punkt A verharrt)
Eine gute Bekannte von mir schwärmte über ein Jahr lang für einen jungen Mann. Sie hatte ihn bei der Arbeit kennengelernt, die beiden sahen sich regelmäßig und sie meinte, dass es zwischen ihnen knisterte. Er jedoch sagte und tat nichts.
Eines Abends brachte er seine neue Freundin mit zu einer Party, auf der auch meine Bekannte war. Meine Bekannte, die ein freundlicher Mensch ist, beglückwünschte ihn zu seiner Wahl und erklärte ihm, dass sie seine Freundin sehr nett fände. Er bedankte sich und fügte dann quasi in einem Nebensatz hinzu: »Wir sind nur zusammen, weil du dich nicht für mich interessiert hast.«
Meine Bekannte reagierte sich bei mir ab: »Warum zum Teufel hatte der Kerl nicht genug Mumm in den Knochen, ummit mir darüber zu reden? Zumal er ein ganzes Jahr lang Zeit dazu hatte! Bis heute mochte ich ihn richtig gern, aber nach dieser Nummer finde ich ihn einfach nur schwach und pathetisch, und es ist mir egal.«
Hart, aber fair, mögen Sie jetzt vielleicht denken. Schon möglich. Trotzdem werde ich den armen Kerl verteidigen.
Er mochte meine Bekannte offensichtlich wirklich gern. Er ging mit ihr aus und sie verbrachten eine Menge Zeit miteinander. Er dachte offenbar viel häufiger an sie, als ihr bewusst war. Und vielleicht hat er sie sich jedes Mal, wenn sie zusammen waren, als seine Freundin vorgestellt. Und damit will ich nicht sagen, dass sie vor seinem inneren Auge permanent nackt herumgelaufen ist (höchstens dann und wann). Ich glaube, er dachte mehr an Dinge, die man als Paar miteinander tut, wie einen langen Spaziergang im Park an einem schönen Sonnentag oder zusammen auf dem Sofa zu kuscheln. Möglicherweise mochte er sie so sehr, dass er sich sogar schon ernstere Dinge ausmalte. Sobald ein Mann solche Gefühle entwickelt, gerät er auf gefährliches Terrain, weil plötzlich sehr viel auf dem Spiel steht. Und dann schlägt die Angst zu. Genau die Angst, die dazu
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