Brunftzeit
Sorgen bereitete. Eher war es die Vorstellung, mich allein mit einer neuen Frau in eine Situation zu begeben, in der wir miteinander reden mussten, die mich mit Unbehagen erfüllte. Vor allem nach dem Vorfall mit Dem Fatalen Fehler.
Ich war ziemlich verwirrt und zog mich in mein Schneckenhaus zurück. Rückblickend verstehe ich ziemlich gut, was damals in meinem Kopf vorging. Ich befand mich in der Phase der Neuorientierung, die jeder Trennung folgt, jene Zeit, in der man sich selbst und sein Leben neu ordnet, und mir war bei Weitem noch nicht klar, ob überhaupt und wenn ja wie gut es mir gelingen würde. Infolge des Fatalen Fehlers war der Prozess zudem deutlich komplizierter und es fiel mir noch schwerer, meinen Weg hindurch zu finden.
In dieser Phase verursachte mir die Vorstellung, von einer Frau, die mich als möglichen festen Freund in Betracht zog, auf den Prüfstand gestellt zu werden, größere Angst als jedes Bewerbungsgespräch, dessen ich mich erinnere. Ich überlegte, wie mein Leben (meine Arbeit, meine Freunde und sogar mein Schlafzimmer) in ihren Augen wirkte, und fand nichts als Schwachstellen (ich habe nicht besonders viel Geld, bin Biertrinker mit einem kindlichen Humor und obendrein unordentlich). Mein Selbstbewusstsein erreichte einen Tiefpunkt.
Jedes erste Date fühlte sich an wie eine Prüfung oder ein Vorstellungsgespräch. In meinem Kopf schwirrten tausend Fragen umher. Wenn sie mich nun langweilig fand? Wenn sie meine Witze nicht für lustig und verspielt, sondern für kindisch und unreif hielt? Oder wenn sie meine Entschlossenheit, mich ganz meinem Traumjob zu verschreiben, anstatt bei einer Firma anzuheuern und richtig Geld zu verdienen, für einen Mangel an sittlicher Reife hielt und nicht als positive Charaktereigenschaft einstufte?
Und dann die Frage aller Fragen – wenn sie mich nun nicht liebenswert fand?
Das wäre eine Katastrophe .
Das erste Date war also ein richtig großes Ding. Ich würde mich nicht mehr verstecken und mich meinen Ängsten stellen müssen. Ich würde meine Unsicherheit tief in meinem Inneren vor forschenden weiblichen Augen verbergen müssen. Alses schließlich so weit war, musste ich mich allen Ernstes selbst davon überzeugen, dass sie sich nicht nur aus Jux mit mir traf.
Okay, jetzt übertreibe ich ein wenig. Ganz so nervös war ich dann doch nicht. Nur ein bisschen. Und die ganze Nervosität entstand nur, weil mir dieses Date etwas bedeutete. Hätte ich während der Monate davor durchschnittlich drei Dates pro Woche gehabt, wäre alles halb so schlimm gewesen. Aber dieses Date war ein Meilenstein – mein erstes Date seit vielen Jahren.
Wie ist es gelaufen?
Eigentlich ganz gut. Ich möchte Sie an dieser Stelle nicht mit Einzelheiten langweilen (es war absolut unspektakulär – eines Abends traf ich eine Frau, ließ mir ihre Nummer geben und führte sie eine Woche später auf ein paar Drinks aus. Das war’s auch schon). Wichtig ist in diesem Zusammenhang nur, dass es mir gelang, die Sache nicht gegen die Wand zu fahren, weil ich zwei ganz einfache Dinge tat: Ich stellte Fragen und hörte bei den Antworten zu. Ganz gewöhnliche soziale Fähigkeiten, ich weiß, die aber manchmal wahre Wunder bewirken können. Ähnlich wie ein paar Gläser Wein.
Aber das war noch nicht der interessante Teil. Der kam erst später.
Früher oder später musste ich mein Glück ja herausfordern. Und eines Tages, einige Monate später, lud ich eine Frau ein, mit mir auszugehen.
Dazu muss ich weiter ausholen.
Über Geschmack lässt sich streiten (vor allem über meinen)
Je länger meine Durststrecke wurde (ich möchte mich nicht weiter über diese Monate auslassen, aber sie waren wirklich staubtrocken), desto mehr interessierten meine Freunde sich für mein Liebesleben. Immer öfter wurde mir die Frage gestellt, wonach genau ich eigentlich suche. Ich fand nie eine vernünftige Antwort.
Manche Männer haben ja ein Beuteschema, nach dem sie immer wieder jagen. Sei es Haarfarbe, Größe, Persönlichkeit oder gar Job – den Dates vieler Männer liegt ein eindeutiges Muster zugrunde. Das Gleiche gilt übrigens durchaus auch für Frauen, die wiederholt auf eine ganz bestimmte Art von Mann fliegen.
Bei mir allerdings ist das absolut nicht so. Ich bevorzuge keinen bestimmten Typ Frau und habe das auch noch nie getan. In der Theorie ist das keine schlechte Ausgangsposition, denn damit ist die Bandbreite potenzieller Partnerinnen natürlich enorm – prinzipiell kommen erst mal
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