Brunftzeit
ehrlich und so gut formuliert, dass ich sie hier zusammen mit der entsprechenden Frage komplett abdrucken möchte. Sie ist meinem Freund Dan C. zuzuschreiben, der Frauen über eine außerordentlich lange Zeit seines Lebens sehr, sehr schlecht behandelte. Meine Frage lautete: Hast du je eine Frau schlecht behandelt und es später bereut ?
Woraufhin er antwortete:
»Ich glaube, im Leben eines jeden Mannes gibt es den Punkt – üblicherweise so etwa Mitte zwanzig –, an dem ihm aus den unterschiedlichsten Gründen die ganze Dating-Sache schwer auf den Keks geht. Mit vierundzwanzig war ich abgeblitzt (unzählige Male), hatte mich verliebt (mehr als einmal), hatte gute und schlechte Beziehungen durchlebt, lange und kurze, mich mit Zimperliesen und Drogenabhängigen verabredet, und irgendwann ging mir auf, dass sich mein Verhalten plötzlich veränderte. Ich wurde mit jeder Frau anmaßender oder – seien wir ehrlich – rücksichtsloser.
Ich machte es mir zur Gewohnheit, zwei Freundinnen gleichzeitig zu haben. Leider muss ich gestehen, dass ich mich dabei weder irgendwie toll noch besonders männlich fühlte. Eher ein bisschen erbärmlich und manchmal leicht amüsiert, wie ein Kind, das sich beim Zeitschriftenhändler heimlich einen eigentlich für Erwachsene bestimmten Comic anschaut. Es ist mir auch passiert, dass beide Freundinnen gleichzeitig anriefen, die eine auf dem Handy, die andere auf dem Festnetz. Ich habe mit beiden parallel telefoniert und dann nachdem Fußball im Pub vor Freunden damit geprahlt. Allerdings erklärte mir daraufhin ein etwas verbitterter Mann aus Sheffield, der selbst geschieden war, dass er mein Verhalten keineswegs cool finde, sondern dass ich mich wie ein ausgemachtes Arschloch benehme.
Doch die ernüchternde Kritik zog keine Veränderung nach sich. Ich behandelte die Frauen immer schlechter. In Clubs machte ich Frauen an, knutschte mit ihnen rum, und wenn gegen Ende des Abends ein gewisses Versprechen in der Luft lag, flüsterte ich ihnen ins Ohr, was ich von ihnen hielt. Und meine Worte waren alles andere als schmeichelhaft. Belassen wir es dabei.
Den absoluten Tiefpunkt erreichte ich eines Abends, als ich mit ein paar Kumpeln ausging und eine süße Frau an der Bar ansprach. Sie war einundzwanzig, und in ihrem Gesicht lag der Ausdruck, den man so oft bei Erstsemestern findet: große, weit aufgerissene, kornblumenblaue Augen, die mit vorgeblichem Zynismus die Umwelt betrachten. Wir tranken, tanzten, tranken weiter. Sie orderte Tequila Shots, was immer ein ganz guter Indikator für das Ende des Abends ist – meistens ein Absturz.
Mein Absturz kam am nächsten Morgen gegen sechs. Ich wollte die Frau unbedingt loswerden, hievte meine kläglich verkaterten Überbleibsel aus dem Bett und rief ein Taxi. Es war Sonntagmorgen und bitterkalt in Brighton. Ich rüttelte meine Bettgenossin wach und erklärte ihr, ihr Taxi warte vor der Tür. Ich freute mich auf einen netten Vormittag im Bett, ein ausgiebiges Frühstück und später ein fröhliches Treffen mit meinen Freunden. Wie es der armen Frau zu dieser unchristlichen Zeit ging, war mir ziemlich egal.
Während sie sich anzog, hörte ich sie schnaufen. Sie warf mir einen langen, mitleidigen Blick zu. In ihrem Gesicht fand ich nicht das geringste Anzeichen von Ärger, den ich eigentlich erwartet hatte und für den ich sogar Verständnis gehabt hätte. Da war nur dieser Blick, als ob ich ihr unendlich leidtäte.Die Frau, an deren Namen ich mich an diesem Morgen nicht einmal mehr erinnerte, kritzelte hastig etwas auf ein Blatt Papier, das sie neben meinen PC legte. Ich las es erst, nachdem sie gegangen war. Ohne sich zu verabschieden.
»Ich hoffe, du hörst vor der nächsten Frau auf, dich selbst zu hassen«, stand da. Ich wollte den Zettel schon meinen Mitbewohnern zeigen, als plötzlich der Groschen fiel. Sie hatte recht. Ich hatte sie wie Dreck behandelt.
Ich dachte lange über ihren Satz nach und tue es eigentlich noch heute. Sie hat mich damit bis ins Mark getroffen, weil es stimmte. Mein Selbstwertgefühl tendierte gen null. Es ist heute noch immer nicht toll, aber damals war es noch unterhalb des Kellerniveaus. Ich aber verbarg dieses Manko hinter dem potenten Gehabe des Komasäufers und dadurch, dass ich Frauen wie Wegwerfartikel behandelte. Plötzlich wurde mir klar, dass ich die Frauen, mit denen ich ausging, nur aus einem Grund hasste: Ich hasste mich selbst.
Inzwischen bemühe ich mich, insgesamt netter zu sein. Ich bin noch
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