Bruno Chef de police
wir uns gesehen haben.«
»Sind Sie sicher?«, knurrte Duroc. »Das lässt sich überprüfen.«
»Ja, das werden wir auch tun«, sagte Bruno. »Aber jetzt sollten wir ihn erst einmal nach Hause bringen. Er steht unter Schock.«
»Nein, er muss sich noch gedulden. Ich habe die Brigade in Périgueux angerufen, und die schickt Kollegen von der
police nationale,
die ihm noch ein paar Fragen stellen wollen.«
Albert, der Feuerwehrhauptmann, kam nach draußen und wischte sich die Stirn. Er richtete seinen Blick auf Bruno und schüttelte den Kopf.
»Er ist schon mindestens zwei Stunden tot, vielleicht länger«, erklärte er. »Komm mal mit, Bruno. Ich muss dir was sagen.«
Sie entfernten sich ein Stück und gingen auf einen kleinen liebevoll gepflegten Gemüsegarten samt Komposthaufen zu. Es war ein wunderschöner Ort für einen alten Mann im Ruhestand, hoch über dem Tal und mit weitem Blick auf die Wälder jenseits des Hügels.
»Hast du das auf seiner Brust gesehen?«, fragte Albert. »Hässliche Sache. Dem armen Teufel sind die Hände auf dem Rücken gefesselt worden. Darum liegt er so verrenkt. Mit dem aufgeschlitzten Bauch wird er noch eine Weile gelebt haben. Und was soll dieses Hakenkreuz? Sieht schlimm aus, Bruno. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand von hier dahintersteckt. Wir kennen doch alle Momu und Karim und gehören zusammen wie eine Familie.«
»Irgendein Scheißkerl war da anderer Meinung«, entgegnete Bruno. »Es scheint, dass wir's mit einem politischen Mord zu tun haben. Gütiger Himmel, und das hier in Saint-Denis.«
»Du wirst Momu informieren müssen«, sagte Albert. »Darum beneide ich dich weiß Gott nicht.«
Vom Häuschen her war ein Ruf zu hören. Duroc winkte. Bruno schüttelte Albert die Hand und eilte zurück.
»Führen Sie eine Liste der stadtbekannten Radikalen?«, wollte Duroc wissen. »Faschisten, Kommunisten, Anhänger des
Front National,
Aktivisten und dergleichen?«
Bruno zuckte mit den Achseln. »Nein, das war nie nötig. Der Bürgermeister weiß, wer wem seine Stimme gibt, und am Wahlverhalten ändert sich bei uns so gut wie nichts. Bei Wahlen hat es noch nie Überraschungen gegeben.«
»Aber es wird doch auch bei Ihnen Sympathisanten des
Front National
geben, Skinheads, Faschisten -«
»Das letzte Mal hat Le Pen ungefähr fünfzig oder sechzig Stimmen gekriegt, wenn ich mich richtig erinnere. Aber von denen ist keiner politisch aktiv.«
»Und wie kommt's dann zu den Plakaten des
Front National
und den Graffiti, die man in den Straßen sieht?«, fragte Duroc, dessen Gesicht erneut rot angelaufen war. »Die Hälfte der Verkehrsschilder sind mit den Buchstaben FN übermalt. Das muss doch jemand gemacht haben.«
Bruno nickte nachdenklich. »Sie haben recht. Während des letzten Wahlkampfes waren sie plötzlich da. Aber niemand hat das ernst genommen. Vor Wahlen kommt es regelmäßig zu solchen Schmierereien, aber wer dahintersteckt, weiß keiner so recht.«
»Wollen Sie mir wieder weismachen, dass es sich um Dumme-Jungen-Streiche handelt?«, blaffte Duroc.
»Nein. Ich habe wirklich keine Ahnung«, antwortete Bruno. »Allerdings weiß ich mit Sicherheit, dass es bei uns keine Ortsgruppe des
Front National
gibt, und sie hat auch noch nie einen Sitz im Stadtrat gewinnen können. Ich kann mich nicht erinnern, dass es vor den letzten Wahlen irgendwelche Werbung von denen gegeben hätte. Hier wählen die meisten entweder links, rechts oder grün. Die
Chasseurs
sind eine Ausnahme.«
»Die was?«
»Die Partei der Jäger und Fischer. Sie sind für die Jagd, die Fischerei, Natur und Tradition. Ihre Wähler sind grünalternativ, lehnen die Grünen aber ab, weil sie die für großstädtische Schickimicki-Grüne halten, die vom Landleben keine Ahnung haben. Wenn die
chasseurs
kandidieren, kommen sie bei uns meist auf fünfzehn Prozent oder so. Gibt es die in der Normandie etwa nicht?«
Duroc schüttelte den Kopf. »Nicht, dass ich wüsste. Für Parteipolitik interessiere ich mich nicht.«
»Opa hat bei der letzten Wahl für
Chasse
gestimmt«, schaltete sich Karim ein. »Er war selbst Jäger und Traditionalist. Wusstest du, dass er ein
Harki
war und im Algerienkrieg mit dem
croix de guerre
ausgezeichnet worden ist? Deshalb hat er sein Land verlassen und hierher umsiedeln müssen.«
Duroc schien nicht zu verstehen.
»Die
Harkis«,
erklärte Bruno, »waren Algerier, die auf Seiten der Franzosen gekämpft haben. Als unsere Truppen abgerückt sind, hat man sie verfolgt und
Weitere Kostenlose Bücher