Bruno Chef de police
ja politisch einigermaßen brisant. Aber weil der vor allem seine Karriere im Blick haben dürfte, können wir davon ausgehen, dass er nur mit absolut wasserdichten Beweisen Anklage erhebt. Wenn Ihr Richard wirklich unschuldig ist, hat er, glaube ich, nichts zu befürchten.«
»Der Bürgermeister sieht das ganz ähnlich«, erwiderte Gelletreau. »Ich war gerade bei ihm.«
»Und er hat recht. Sie sollten sich jetzt auf Ihre Familie konzentrieren und natürlich auf Richard. Sie haben einen guten Anwalt, was im Augenblick das Wichtigste ist. Ansonsten kann ich Ihnen nur raten, Ihrem Sohn zu verstehen zu geben, dass Sie ihn lieben und an ihn glauben. Ihren Zuspruch wird er jetzt nötig haben.«
Gelletreau nickte. »Wir werden ihm alle Unterstützung geben, die er braucht. Trotzdem frage ich mich, ob ich meinen Sohn wirklich so gut kenne, wie ich glaubte. Mir geht diese schreckliche Geschichte mit dem
Front National
nicht aus dem Kopf. Wir hatten ja keine Ahnung, dass er da mitmacht. Er hat sich nie für Politik interessiert.«
»Vielleicht ist er durch das Mädchen da hineingeraten«, sagte Bruno. »Die Polizei wird auch diese Frage nicht außer Acht lassen. Verlassen Sie sich darauf, dass sie der Sache auf den Grund geht. Ich weiß nicht, wie es Ihnen ergangen ist, aber wenn ich mich in Richards Alter unsterblich in eine glühende Kommunistin verliebt hätte, wäre ich zu jeder Demonstration gegangen und hätte rote Fahnen geschwenkt.« Bruno leerte sein Glas. »Noch ein Bier?«
»Nein danke. Ich hab ja noch gar nicht ausgetrunken. Und ein zweites Glas würde mir hier draußen in der Sonne wahrscheinlich schlecht bekommen.« Dr. Gelletreau rang sich ein Lächeln ab. »Das sagt Ihr Arzt.«
»Noch etwas«, sagte Bruno. Er drehte nachdenklich das Glas in der Hand und suchte nach passenden Worten. »Vielleicht wäre es angebracht, wenn Sie sich schon jetzt einmal Gedanken über die Zeit nach Richards Haftentlassung machen. Wenn er auf derselben Schule bliebe, gäb's wahrscheinlich viel Klatsch und Unannehmlichkeiten. Also wenn Sie mich fragen - ich würde ich Ihnen empfehlen, ihn in einem richtigen Internat anzumelden oder vielleicht sogar für eine Weile ins Ausland zu schicken, wo er sich neu orientieren und den ganzen Schlamassel hinter sich lassen könnte. Oder wie wär's, wenn er sich für ein paar Jahre beim Militär verpflichten würde? Es würde ihm nicht schaden und wäre genau der saubere Schnitt, den Ihr Sohn braucht.«
»Ja, die Zeit hat auch mir nicht geschadet. Ich war drei Jahre lang als Sanitäter in Westafrika, die mir später im Medizinstudium mit zwei Semestern gutgeschrieben wurden. Allerdings glaube ich kaum, dass der Junge für ein solches Leben taugt, zumal es ihm einige Disziplin abverlangen würde. Und das ist vielleicht das Problem«, sagte Gelletreau und seufzte. »Wie dem auch sei, Richard respektiert das Militär durchaus. Er sagte, er könne nicht verstehen, dass man ihm unterstelle, einen Mann getötet zu haben, der mit dem
croix de guerre
ausgezeichnet worden sei. Aber Ihr Vorschlag, ihn woanders unterzubringen, wenn der ganze Spuk vorbei ist, hat wirklich was für sich. Vielen Dank, ich werde darüber nachdenken.«
Als der Doktor weggefahren war, fragte sich Bruno, wie um alles in der Welt der Junge von dem
croix de guerre
wissen konnte.
13
Weniger als eine halbe Stunde später - die Sonne ging unter, und er hatte sich, weil es ein wenig abkühlte, ein T-Shirt angezogen - hörte Bruno schon wieder ein Kraftfahrzeug kommen. Er war gerade dabei, seinen Garten zu wässern, drehte sich um und sah ein ihm fremdes Auto, am Steuer einen jungen Mann mit kurzen Haaren, der mit konzentriertem Blick vor sich auf die Zufahrt starrte. Dann fuhr er hinter einer Hecke entlang, und Bruno konnte ihn nicht richtig sehen. Er schüttete die Gießkanne aus. Als das Auto vor ihm anhielt, erkannte er plötzlich, wer am Steuer saß. Es war
Inspectrice
Isabelle. Er hatte sich von ihren kurzen Haaren täuschen lassen. Sie stieg aus, winkte und holte eine Einkaufstüte vom Rücksitz.
»Hallo, Bruno. Ich bin gekommen, um Sie zum Abendessen einzuladen. Oder haben Sie schon etwas anderes vor?«
»Es scheint, dass
Sie
schon etwas mit mir vorhaben«, sagte er und schubste einen überschwenglichen Gigi aus dem Weg, um die junge Frau auf beide Wangen zu küssen. Sie war diskret zurechtgemacht und wirkte ausgesprochen attraktiv mit ihren Jeans, dem roten Polohemd und der braunen Lederjacke, die sie lässig
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