Brut des Teufels
einfach nie wieder in die Nähe von Kindern käme.«
» Und was reizt sie an Kindern so?«
Der Arzt schüttelte den Kopf. » Wir haben keine Ahnung«, antwortete er. » Zwei Jahre intensiver Therapie, sowohl im Einzelgespräch als auch in Gruppensitzungen, haben uns nicht weitergebracht. Sie weigert sich, über sich selbst zu reden.«
» Ist das ungewöhnlich?«
» Für jemanden wie Robyn? Ja, auf jeden Fall. Natürlich haben unsere emotional gestörten Insassen Kommunikationsprobleme, und manche stehen unter so schweren Medikamenten, dass die Kommunikation schwierig, wenn nicht unmöglich ist, aber Robyn nimmt keine Medikamente und drückt sich auch recht gewandt aus. Sie weigert sich einfach, sich uns zu öffnen.«
» Und warum ist das Ihrer Meinung nach so?«
Der Arzt stieß die Luft durch die gespitzten Lippen aus. » Hand aufs Herz, ich glaube, sie weiß, dass sie für den Rest ihres Lebens hinter Gittern bleiben wird, entweder in einer Hochsicherheitspsychiatrie wie Rampton oder in einem Hochsicherheitsgefängnis, falls man sie jemals als gesund einstufen sollte. Falls das ihre Sicht ist, hat sie durch die Akzeptanz einer Behandlung, die ihr helfen könnte, nichts zu gewinnen.«
» Sie wird niemals freikommen?«
» Das liegt in der Verantwortung des Innenministers, aber schauen Sie doch, was mit Myra Hindley passiert ist. Und was Robyn getan hat, war wesentlich…«, er suchte nach dem richtigen Wort, » …grässlicher, nehme ich an. Ich bezweifle, dass die britische Öffentlichkeit ihre Freilassung jemals zulassen würde.«
» Aber könnte sie geheilt werden? Vorausgesetzt, sie verhält sich kooperativ?«
Dr. Keller blickte gequält drein. » Wieder Hand aufs Herz, ich glaube nicht. Sie ist eine klassische Soziopathin, und dafür gibt es kein magisches Heilmittel. So wie sie ist, ist sie nicht wegen eines hormonellen Ungleichgewichts oder wegen etwas, was ihr in der Vergangenheit zugestoßen ist. Sie ist ganz einfach anders verdrahtet als Sie oder ich.« Er tippte sich gegen die Stirn. » Sie ist physisch anders; ihre Neuronen, ihre Nervenbahnen verlaufen einfach anders, und nichts wird das jemals ändern. Sie hat kleine Kinder abgeschlachtet und nie die mindeste Reue oder das geringste Schuldgefühl gezeigt, und ich glaube nicht, dass noch so viel Therapie auch nur das Geringste bewirken wird.«
» Wie bei Pädophilen«, meinte Nightingale. » Es liegt in ihrer Natur, und man kann sie niemals ändern.«
Der Arzt nickte zustimmend. » Es ist eine ähnliche Störung«, sagte er. » Es gibt Möglichkeiten für Pädophile, ihre Impulse zu kontrollieren, aber grundsätzlich haben Sie recht. Einmal Pädophiler, immer Pädophiler. Einmal Soziopath…« Er beendete den Satz mit einem Schulterzucken. » Wir können Ihre Schwester von der Gesellschaft fernhalten, damit sie keine Gefahr für andere darstellt, aber was die Behandlung angeht…« Er zuckte wieder mit den Schultern. » Sagen wir einfach, dass ich nicht an Wunder glaube.«
» Wer tut das schon heutzutage?«, fragte Nightingale.
38
Eine Überwachungskamera verfolgte, wie Dr. Keller und Nightingale einen langen Korridor durchschritten. Die Wände waren von Taillenhöhe abwärts blassgrün gestrichen, während die obere Hälfte cremefarben war. Von Maschendraht geschützte Leuchtstofflampen liefen die Decke entlang.
» Vor 2001 wurden wir zusammen mit den Spezialkrankenhäusern Broadmore und Ashworth vom Innenministerium verwaltet«, erklärte Dr. Keller. » Aber seit 2001 gehören wir der Psychiatriesektion des staatlichen Gesundheitssystems an. Streng genommen sind wir also ein Krankenhaus. Aber alle Verwaltungsbezirke des staatlichen Gesundheitssystems dürfen unser Hochsicherheitsangebot nutzen, was uns zur Abladestation für Problempatienten aus dem ganzen Land macht.«
» Aber sie sind alle gestört, oder? Deswegen sind sie ja hier?«
Dr. Keller lachte. » So werden wir in den Medien dargestellt, aber so einfach ist es nicht. Wir haben eine große Zahl von Patienten mit psychischen Störungen, das versteht sich von selbst. Aber wir nehmen auch Patienten auf, die taub sind oder eine Lernbehinderung haben, wenn sie eine Hochsicherheitsunterbringung brauchen. Und natürlich haben wir einen Trakt für schwere Persönlichkeitsstörungen, und dort gehen wir jetzt hin.«
» Dort ist meine Schwester untergebracht?«
» Sie wurde für fünf entsetzliche Morde verurteilt, Mr Nightingale. Wo sonst sollte sie wohl sein?« Er schloss ein weiteres
Weitere Kostenlose Bücher