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Buch des Todes

Buch des Todes

Titel: Buch des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Brekke
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Essen kam. Der Junge saß auf dem Bett seiner Mutter, in dem nun, da sie es sich nicht mehr mit anderen Männern teilen brauchte, auch er schlafen konnte. Sie sprachen leise miteinander hinten am Kamin, damit der Junge sie nicht hörte; ihre Worte drangen aber trotzdem bis an seine Ohren.
    »Wirst du uns bald verlassen?«, fragte sie.
    »Ich fürchte, ja. Es gibt in dieser Stadt nicht mehr viel für mich zu tun. Das gab es nie.«
    »Warum bist du dann so lange geblieben?«
    »Ich weiß es nicht.Vielleicht, um etwas hinter mir zu lassen. Jetzt bin ich bereit, weiterzuziehen.«
    »Ich möchte, dass du den Jungen mit dir nimmst«, sagte sie.
    »Das ist nicht dein Ernst«, sagte der Barbier, aber der Junge entnahm dem Klang seiner Stimme, dass er nicht wirklich überrascht war.
    »Du kannst ihm geben, was er von mir nie bekommen kann. Der Junge hat einen hellen Kopf, das habe ich schon immer gewusst, aber ich habe ihn nie verstanden. Ich dringe nicht zu ihm durch. Es ist fast, als wohnte da drinnen ein kleiner Teufel, der ihn von mir fernhält.« Die Mutter seufzte. »Vielleicht liegt es ja daran, dass er ein Junge ist.«
    »Ich werde dieses Mal weit reisen. Mein Glück suchen. Und wie immer es enden wird, ob ich es finde oder nicht, du würdest den Jungen nie wiedersehen.«
    »Mögest du das Glück finden«, sagte die Mutter.

9
    Trondheim, September 2010
    P er Ottar Hornemann war ein impulsiver Chef. Das wusste Siri Holm seit ihrer Einstellung. Sie kannte die Liste der Bewerber, und ihr war klar, dass es keine guten Argumente dafür gab, sie zu nehmen, außer dass sie jung war und wusste, wie man bald siebzigjährige Chefbibliothekare um den Finger wickelte.
    Doch nun betrachtete sie erstaunt den kleinen, rundlichen Mann mit den überraschend vollen, lockigen, grauen Haaren. Er saß in seinem Büro und sah sie über den Rand seiner kleinen, auf der Nasenspitze thronenden Brille hinweg an. Sein Blick war scharf, konnte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass er ein äußerst umgänglicher, verständnisvoller Mann war. Trotzdem hätte sie nie gedacht, dass er so impulsiv reagieren würde.
    »Aber es gibt doch etliche andere, die schon viel länger hier sind und die Sie viel besser kennen als mich.«
    »Kann schon sein, aber ich habe Sie ausgewählt. Sie fangen heute an, und Sie haben gerade erst Ihre Ausbildung abgeschlossen. Statistisch gesehen bedeutet das, dass Sie länger hier sein werden als jeder andere von uns. Es ist wichtig, den Code für den Sicherheitsbereich nicht zu oft zu ändern. Deshalb möchte ich, dass Sie ihn von nun an kennen.«
    »Woher wollen Sie denn wissen, dass ich lange hierbleiben werde?«, fragte sie mit einem hintergründigen Lächeln.
    »Wissen kann man das natürlich nie, aber für einen Bibliothekar gibt es keinen besseren Ort als die Gunnerusbibliothek. So einfach ist das.Also, Sie haben jetzt ein Büro und den Code zum Sicherheitsbereich. Dann legen Sie mal los! Ich will Sie nicht länger aufhalten.«
    Siri Holm lächelte verführerisch, ohne zu wissen, wie dieses Lächeln auf Hornemann wirkte. Sie sah sich ein letztes Mal um. Das Büro war merkwürdig steril. Die Bibliothek, insbesondere die Spezialsammlungen, enthielt viele Klein ode, unter anderem einen heraldischen Globus und ein Teles kop aus dem 18. Jahrhundert. Ein etwas souveränerer Chef hätte sich bestimmt die Freiheit genommen, sein Büro mit dem einen oder anderen dieser Schmuckstücke zu schmücken. Er nicht. Er saß mit seiner nach vorn geschobenen Brille in seinem nüchternen Büro und gab sich Mühe, streng auszusehen.
    Vom Büro ihres Chefs ging sie zu Jon Vattens Tür und klopfte an. Es dauerte ein paar Sekunden, bevor er antwortete und sie hereinbat. Er frühstückte gerade und lächelte tatsächlich, als er sie sah.
    Wir machen Fortschritte, dachte sie. Unglaublich, was ein bisschen Trompetespielen so alles bewirkt.
    »Hallo, rate mal, wer den zweiten Codeschlüssel zum Sicherheitsbereich gekriegt hat?«, sagte sie. »Was meinst du, sollen wir heute Nacht da einsteigen, uns die wertvollsten Stücke schnappen, und dann den Rest unserer Tage in Saus und Braus auf den Bermudas verbringen?«
    »Ja, soll ein guter Ort sein, um zu verschwinden, sowohl für Schiffe als auch für geheimes Vermögen«, erwiderte er lachend. Dann fuhr er fort: »So, so, der Neuen wird dasVertrauen ausgesprochen – das ist mal wieder typisch Hornemann.«
    »Ich hätte nichts gegen einen Besuch im Sicherheitstrakt. Ist doch nicht verkehrt, zu

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