Buchanan - 06 - Schattentanz
trank einen Schluck Bier. »Was sagt man denn so?«
»Dass in jeder Lüge ein Körnchen Wahrheit steckt. Hast du eine Ahnung, woraus der Schatz bestand?«
Sie trank noch einen Schluck und reichte ihm die Flasche wieder. »In manchen Geschichten wird eine juwelenbesetzte Krone erwähnt, in anderen ist auch die Rede von einem juwelenbesetzten Schwert.«
Erneut nahm sie ihm die Flasche aus der Hand. Sie trank sie aus und gab sie ihm zurück. Schweigend stand Noah auf und holte zwei weitere Flaschen Bier.
»Rutsch rüber, Süße«, sagte er und setzte sich neben sie. Gehorsam machte sie ihm Platz. Als er ihr eine Flasche Bier reichen wollte, schüttelte sie den Kopf.
»Nein, danke. Mir ist es heute Abend nicht so nach Bier.«
»Ach nein?«
Sie packte die Papiere wieder in den Karton.
»Die Recherchen des Professors sind zwar parteiisch, aber er glaubte wirklich an den Schatz. Er war mit Sicherheit überzeugt davon, dass die Buchanans ihn den MacKennas gestohlen haben.«
»Glaubst du denn auch an den Schatz?«
»Ja«, gestand sie verlegen, fügte jedoch hastig hinzu: »Ich habe mich von den Geschichten fesseln lassen. Vielleicht habe ich zu viel Fantasie.« Sie lehnte sich zurück und streckte ihre Beine aus. »Aber manche Geschichten – es macht wirklich Spaß, sie zu lesen, weil sie so abgedreht sind.«
»Ja? Erzähl mir doch eine als Gutenachtgeschichte.«
Er stellte die beiden Bierflaschen auf den Nachttisch, schlug die Beine übereinander und schloss die Augen.
»Ich bin bereit, Süße. Es war einmal … Lies mir etwas Gruseliges vor.«
Sie kramte in den Papieren, bis sie eine besonders blutrünstige Geschichte fand, die Noah ausnehmend gut gefiel. Danach erzählte sie ihm von einer weiteren Schlacht.
»Die Legende erzählt, dass zwei Engel zur Erde kamen, um einen gefallenen Krieger in den Himmel zu geleiten. Dies geschah während einer Schlacht, und alle Krieger sahen die Engel kommen. Die Zeit blieb plötzlich stehen. Manche der Krieger hatten gerade die Schwerter erhoben, andere wollten ihre Lanzen werfen oder die Streitäxte schwingen, aber alle erstarrten mitten in der Bewegung. Wie gebannt beobachteten sie, dass der Krieger in den Himmel gehoben wurde.«
»Was passierte dann?«
Jordan zuckte mit den Schultern. »Ich nehme an, die Schlacht ging weiter.«
»Das gefällt mir. Lies mir noch eine vor«, bat er sie.
»Möchtest du etwas Romantisches oder etwas Gruseliges hören?«
Ohne die Augen zu öffnen, erwiderte er: »Lass mich mal nachdenken. Ich liege im Bett und direkt neben mir befindet sich eine spärlich bekleidete Frau, die dringend ein bisschen Bewegung braucht …«
Sie stupste ihn an. »Ich bin nicht spärlich bekleidet. Ich trage Shorts und ein T-Shirt. An meiner Kleidung ist nichts Spärliches.«
Rasch blickte sie an sich herunter. Durch den Stoff war nichts zu sehen. Gott sei Dank.
»Darauf kannst auch nur du kommen.«
»Nein, das würde jedem Mann so gehen.«
»Das glaube ich nicht.«
Noah lachte. »Doch, das ist so.«
Sie versuchte die Decke hochzuziehen, unglücklicherweise lagen jedoch ihre Beine darauf. »Denk doch einfach nicht daran.«
Er öffnete ein Auge. »Ich soll nicht daran denken?«
»Willst du nun noch eine Geschichte hören oder nicht?«
»Hm.«
»Hm was?«
»Du hast mir nicht widersprochen, dass du ein bisschen Bewegung brauchst.«
Das stimmte. »Ich habe es nicht für notwendig erachtet, auf so eine unkorrekte Annahme zu antworten. Was für eine Geschichte möchtest du denn gerne hören?«
Er hatte sie schon wieder auf die Palme gebracht. Er wusste zwar nicht, warum ihre Empörung ihn so anmachte, aber es war so.
»Habe ich dich auf dem falschen Fuß erwischt, Süße?«
Jordan verdrehte die Augen. Oh Mann!
»Du hast mich überhaupt nicht erwischt«, erklärte sie. »Ich packe diese Unterlagen weg.«
»Tut mir leid. Du bist so leicht …«
Sie unterbrach ihn. »Das sagen mir alle Jungs«, scherzte sie.
»Ach ja? Und – stimmt es?«
Ihre Augen blitzten. »Was glaubst du denn?«
Zuerst antwortete Noah nicht. Er blickte in ihre unglaublich blauen Augen und wusste auf einmal nicht mehr, was er eben noch gedacht hatte. Zweideutige Wortgeplänkel lagen ihm eigentlich, aber plötzlich fiel ihm keine passende Antwort mehr ein.
Auf einmal sah er im Geiste Jordan vor sich – ohne T-Shirt, ohne Shorts, wie sie Liebe machten –, und dieses Bild machte ihn sprachlos.
Er ergriff die Bierflaschen vom Nachttisch und stand auf, um in sein Zimmer zu
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