Buchanan - 06 - Schattentanz
wunderbar, in so einer großen Familie aufzuwachsen – es war immer etwas los.
Gelegentlich schwiegen sie auch, aber es war ein behagliches Schweigen, weil sie sich in der Gesellschaft des anderen wohlfühlten.
»Was hast du eigentlich gemeint, als du gesagt hast, du wüsstest, worauf ich aus wäre?«, fragte sie ihn irgendwann. Die Bemerkung hatte sie in den letzten Tagen beschäftigt.
Noah warf ihr einen Blick zu. »Bist du sicher, dass du das wirklich wissen willst?«
»Ja, klar.« So schlimm würde es schon nicht sein.
»Ich kenne dich schon lange, und ich weiß, wie du tickst, vor allem, wenn es um Männer geht. Du hast gerne alles unter Kontrolle.«
»Das stimmt nicht.«
Er ignorierte ihren Einwand.
»Und vor allem die Männer, mit denen du zusammen bist, willst du im Griff haben. Ich kenne ein paar von ihnen, Süße, und ich weiß, wovon ich rede. Du suchst dir am liebsten die Schwachen aus. Aber wenn sie dann wie Wachs in deinen Händen sind, willst du sie nicht mehr. Ich wette, du hast mit keinem von ihnen geschlafen. Vielleicht suchst du dir diesen Männertyp ganz bewusst aus, damit du dich nicht auf sie einlassen musst. Habe ich recht?«
»Nein«, widersprach sie. »Das stimmt nicht. Ich mag sensible Männer.«
»Aber mit mir bist du ins Bett gegangen. Und sensibel bin ich nun weiß Gott nicht.«
»So wie sich das bei dir anhört, bin ich ja ganz schrecklich«, begehrte sie auf.
»Du bist schrecklich, du bist sehr süß. Süß und tyrannisch«, fügte er grinsend hinzu.
»Nein, ich will gar niemanden kontrollieren«, erwiderte sie vehement.
»Das macht mir auch keine Sorgen. Mich kannst du nicht kontrollieren.«
Jordan verschränkte die Arme. »Warum sollte ich auch? Erklär mir bloß nicht, ich könne es einfach nicht lassen.«
»Du regst dich ja auf.«
»Und was den Sex angeht …«, begann sie.
»Was ist mit dem Sex?«
»Ich würde vorschlagen, dass das, was zwischen uns passiert ist, auf Serenity beschränkt bleibt. Natürlich werden wir uns ab und zu in Nathan’s Bay begegnen. Du gehst ja regelmäßig mit meinen Brüdern angeln, und ich komme die Familie besuchen. Ich möchte nicht, dass es dir peinlich ist, mir zu begegnen.«
Sie brach ab, als ihr klar wurde, was sie da redete.
»Okay, dir ist es wahrscheinlich sowieso nicht peinlich, aber du brauchst dir auch keine Gedanken zu machen, dass es mir vielleicht peinlich sein könnte.« Was redete sie da für einen Unsinn? »Verstehst du, was ich sagen will?«
»Ja«, erwiderte er. »Warum machst du dir darüber Gedanken?«
»Das ist eben so«, sagte sie. »Abgemacht?«
»Wenn es dich glücklich macht.«
»Abgemacht?«
»Ja.«
Es schien vielleicht übertrieben, die Abmachung mit einem Händedruck zu besiegeln, aber sie war froh, dass sie das Thema angeschnitten hatte. Es kam ihr nicht allzu schwierig vor, so zu tun, als sei nichts Außergewöhnliches vorgefallen. Darin war sie Profi.
Sie konnte sogar so tun, als hätte sie sich nicht in ihn verliebt – oder?
34
Als Jordan endlich zu Hause ankam, war es schon weit nach Mitternacht. Noah trug ihre Koffer in ihre Wohnung, schaute in jedem Zimmer nach, um sich zu vergewissern, dass alles in Ordnung war, gab ihr einen Abschiedskuss und fuhr weg, ohne sich noch einmal umzusehen.
Er lebt schon wieder sein Leben, dachte sie. Und sie musste das auch tun.
Müde fiel sie ins Bett und schlief sofort ein. Als sie am nächsten Morgen aufwachte, tastete sie instinktiv neben sich nach Noah, aber er war nicht da. Verschlafen stand sie auf, schlüpfte in ihren alten Morgenmantel und tapste auf bloßen Füßen in die Küche. Sie drückte auf die Abruftaste an ihrem Anrufbeantworter, und während sie sich eine Tasse Tee machte, lauschte sie den hinterlassenen Nachrichten. Es waren neunundvierzig.
Drei Nachrichten waren von Jaffee. Er wollte wissen, wie ernst er die Löschen-Taste nehmen musste, weil er versehentlich darangekommen war, als er seine Rezepte speichern wollte, und nun waren sie weg. Ob sie wohl so nett sein und ihm einen hilfreichen Hinweis schicken könnte, wenn überhaupt etwas getan werden konnte?
»Das mit den E-Mails funktioniert gut«, erklärte er, »und ich bekomme Ihre Antwort bestimmt. Ich habe Ihnen schon zwei Nachrichten auf dem Anrufbeantworter hinterlassen, und das ist die dritte, deshalb nehme ich an, dass Sie noch nicht zu Hause sind. Bitte rufen Sie auch Ihre E-Mails ab.«
Wie ernst war die Löschen-Taste zu nehmen? Jordan lächelte. Sie würde Jaffee
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