Buchanan - 06 - Schattentanz
Wenn er eine Zeitung nicht bekommen konnte, las er sie im Internet.«
Noah dachte an die Zeitungsstapel im Haus des Professors.
»Sieh dir die restlichen Seiten an«, schlug er vor. »Vielleicht hat er ja noch etwas an den Rand geschrieben.«
Jordan fand in ihrem Teil des Stapels nichts, aber Noah stieß auf weitere Zeichen.
»Wonach sieht das deiner Meinung nach aus?« Er zeigte auf etwas, das oben auf die Seite gemalt war.
»Vielleicht ein Hund oder eine Katze – bei der langen Mähne vielleicht ein Löwe. Ich wette, es ist ein Löwe.«
Die letzte Zeichnung, auf die er stieß, war leichter zu erkennen. Schon wieder eine Krone. Die schlechte Zeichnung einer schiefen Krone.
»Weißt du, was ich glaube?«, sagte Noah. »Professor MacKenna war verrückt.«
»Ich muss zugeben, dass er sehr seltsam war, und er war auch besessen von seiner Arbeit.«
»Ich glaube, er hat alles nur erfunden.«
Jordan schüttelte den Kopf. »Nein. Vielleicht bin ich ja verrückt, aber ich glaube wirklich an den verborgenen Schatz.«
Noah blätterte weiter durch die Seiten. »Manche Seiten sind nicht datiert.«
»Vielleicht ist es ein Ratespiel. Vielleicht wird der Name eines Königs erwähnt oder eine neue Waffe, wie eine Armbrust zum Beispiel. Das wäre ein ungefährer Hinweis auf die Zeit, aber der Rest ist nur Vermutung.«
»Lies das mal.« Er reichte ihr ein paar Seiten und lehnte sich zurück.
Als ob es das Natürlichste von der Welt wäre, legte er den Arm um sie und zog sie an sich.
Sie begann mit ihrer weichen, klaren Stimme zu lesen.
Unser geliebter König ist tot, und in dieser Zeit unserer tiefen Trauer müssen die Clans Schlacht auf Schlacht um die Macht kämpfen. Ein Anwärter auf den Thron streitet für seine Vorherrschaft, und es herrscht politischer Aufruhr.
Gier hat sich in den Herzen unserer Anführer eingenistet. Wir wissen nicht, wie dies alles enden wird, und haben Angst um unsere Kinder. Die Erde ist blutgetränkt, jede Höhle eine Grabstätte nicht nur für Alte, sondern auch für Junge. Wir sind Zeugen von Mord und Untreue geworden und von Verrat.
Die MacDonalds bekriegen die MacDougals, die Westküste ist ihr Schlachtfeld. Im Süden kämpfen die Campbells gegen die Fergusons. Die MacKeyes und die Sinclairs vergießen ihr Blut im Osten. Es gibt kein Entkommen.
Aber es ist der Verrat im Norden, den wir am meisten fürchten. Die MacKennas haben nun Verbündete vom anderen Ende der Welt, die ihnen beistehen, ihren Feind, die Buchanans, zu vernichten.
Der Laird der MacKennas will nicht einfach das Land der Buchanans stehlen und die Krieger unter seine Herrschaft zwingen. Das würde ihm nie gelingen. Nein, das war vielleicht in der Vergangenheit seine Absicht, aber nun nicht mehr. Er will sie alle vernichten, jeden Mann, jede Frau, jedes Kind. Seine Wut ist gewaltig.
Obwohl wir nicht offen darüber sprechen, noch nicht einmal im Flüsterton, glauben wir, dass der Laird der MacKennas einen bösen Pakt mit dem König von England geschlossen hat. Der König hat einen Gesandten zu ihm geschickt, einen jungen Prinzen aus einem fernen Reich, das der König regiert. Ein Zeuge beobachtete dieses geheime Treffen, er ist einer der Unseren. Wir glauben seinem Wort, denn er ist ein Mann Gottes.
Der englische König möchte einen Brückenkopf im Norden besitzen, und er hat sein Augenmerk auf das Land der Buchanans in den Highlands gerichtet. Besitzt er erst einmal dieses Land, wird er ganz Schottland erobern, einen Clan nach dem anderen bezwingen. Und wenn sie alle unter seiner Herrschaft stehen, wird er eine riesige Streitkraft sammeln und nach Norden in das Land der Hünen ziehen.
Der Prinz hat dem Laird berichtet, der König habe von den Feindseligkeiten zwischen den Buchanans und den MacKennas gehört. Obwohl er denkt, es sei schon Belohnung genug, wenn die Buchanans mit seiner Hilfe vernichtet werden, so will er doch diesen Pakt versüßen, indem er dem Laird einen Titel und einen Silberschatz gibt. Der Schatz alleine würde den Laird über alle anderen Clans erheben, denn er besitzt mystische Kräfte. Mit diesem Schatz würde der Laird unbesiegbar. Er besäße die Macht, nach der er sich gesehnt hat, und könnte sich an den Buchanans rächen.
Gier stieg im Laird auf, und er konnte diesem Teufelspakt nicht widerstehen. Er rief seine Verbündeten zu Hilfe, aber er erzählte ihnen nichts von seinem Treffen mit dem Abgesandten des englischen Königs und von dem Pakt, den er geschlossen hatte. Er erfand
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