Buchanan - 06 - Schattentanz
gelesen.«
»Viel hat sich über die Jahrhunderte nicht verändert. Mit der Erpressungsliste von J. D. verhält es sich genauso. Untreue, Gier, Verrat. Ganz gleich, welches Laster du nennst, du findest es auf der Liste.«
»Ich kann nur hoffen, dass du übertreibst. Ich weiß zwar, dass Charlene ihren Verlobten betrogen hat, aber es ist vielleicht nur einmal vorgekommen. Könnte ich die Liste mal sehen?«
Er wollte aufstehen, aber sie zog ihn zurück. »Ach, nein, lieber nicht. Erzähl es mir einfach. Steht Amelia Ann auf der Liste?«
»Ja. Aber sie hat nicht Illegales gemacht. Sie ist wegen einer Geschlechtskrankheit behandelt worden, und J. D. wusste davon. Sie hat ihm hundert Dollar bezahlt, damit er es nicht ihrer Tochter erzählt.«
»Das war wahrscheinlich viel Geld für sie. Aber sie will ihre Tochter sicher nicht enttäuschen. Es könnte schlimmer sein.«
»Es kommt noch besser. Erinnerst du dich an die Videos, die Street in J. D.s Haus gefunden hat?«
»Ja.«
»Er hat nicht nur seine Opfer gefilmt. Anscheinend hat er auch sich selbst bei seinen sexuellen Eskapaden ganz gerne beobachtet. Und auf einem der Videos stand ›Amelia Ann‹.«
Jordan blieb der Mund offen stehen.
»Im Ernst? Amelia Ann und J. D.?«
Sie ließ die Neuigkeit auf sich wirken und sagte dann: »Das könnte doch bedeuten, dass sie sich die Geschlechtskrankheit bei J.D. geholt hat, oder?«
»Das ist durchaus möglich«, erwiderte Noah.
»Hoffentlich findet Candy das nie heraus. Was ist bloß mit den Leuten in dieser Stadt los? Haben die kein Kabelfernsehen?«
»Süße, Sex ist allemal besser als Kabelfernsehen.«
Jordan schüttelte den Kopf. »Aber nicht mit J. D.«
Sie hatte genug über das geheime, schmutzige Leben der Einheimischen gehört. Sie packte die Papiere zusammen, steckte sie in ihre Tasche und kam wieder ins Bett.
Noah hatte die Augen geschlossen.
»Noah?«
»Hm?«
»Findest du Frauen in Hotpants und mit Stilettoabsätzen attraktiv?«
Er stützte sich auf den Ellbogen und blickte sie an.
»Wie kommst du denn darauf? Wer trägt denn Hotpants und Stilettos?«, fragte er.
»Amelia Ann.«
»Ach ja?«
»Oh, bitte. Sag bloß nicht, dass du das nicht bemerkt hättest.«
»Sie ist nicht mein Typ.«
Lächelnd griff sie über seinen Brustkorb, um das Licht auszuschalten.
»Gute Antwort.«
33
»Ich gebe es ungern zu, aber ich werde Serenity tatsächlich vermissen.«
Noah und Jordan fuhren gerade an Jaffee’s Bistro vorbei. Es begann zu dämmern, und ein leichter goldener Schimmer lag auf allen Gebäuden. Im Restaurant war es dunkel. Jaffee würde erst in ein paar Stunden aufmachen.
»Was genau wird dir fehlen?«, fragte Noah.
»Ich habe hier eine lebensverändernde Erfahrung gemacht.«
Er konnte nicht widerstehen. »Der Sex war also in Ordnung, was?«
Empört schüttelte sie den Kopf. »Das habe ich nicht gemeint. Aber da wir gerade von Sex sprechen …«
»Es war ziemlich gut letzte Nacht, oder? Du hast mich fertig gemacht.«
Es war nicht nur gut, dachte sie. Es war wundervoll und unglaublich gewesen, aber wenn sie ihm das sagte, würde Noah nur noch arroganter werden.
»Hör auf, mich in Verlegenheit zu bringen. Das funktioniert nicht«, warnte sie ihn.
Er widersprach nicht. Aber sie hatte unrecht. Es funktionierte doch. Sie wurde nämlich rot.
»Was war denn deine lebensverändernde Erfahrung?«, fragte er.
»Es war eher eine lebensverändernde Entscheidung. Mir ist klar geworden, dass ich eine Sklavin der Technologie war, und das wird sich ändern. Es gibt andere Dinge im Leben als Computer zu bauen und sie größer, besser und schneller zu machen.«
Sie seufzte. »Ich will mehr vom Leben haben.«
Er lächelte sie an. »Gut zu wissen.«
»Wenn ich nach Hause komme, mache ich als Allererstes eine Liste aller Dinge, die ich tun möchte. Ganz oben steht Kochen.« Jordan nickte bekräftigend. »Ich werde einen Kochkurs belegen. Keine Fertiggerichte mehr.«
Die Fahrt zum Flughafen in Austin war lang, und sie unterhielten sich über alles Mögliche, unter anderem darüber, wie unterschiedlich sie aufgewachsen waren.
Noah war ein Einzelkind, während Jordan einen ganzen Haufen Geschwister hatte. Sie erzählte ihm, wie sehr sie sich immer nach ein wenig Privatsphäre gesehnt hatte. Am schlimmsten war gewesen, dass ihre Brüder sie ständig geneckt hatten.
Noah lachte, als sie ihm erzählte, was für Streiche sie ihr und ihrer Schwester gespielt hatten, als sie klein waren. Er fand es
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