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Bucheckern

Bucheckern

Titel: Bucheckern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Leix
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wenn nicht handfeste finanzielle Gründe dahinterstehen? Der Industriebetrieb sieht keine Ausdehnungsmöglichkeit am momentanen Standort – da wandert eben die eine oder andere Geldsumme ins Rathaus, verschwindet dort in privaten Taschen und Unmögliches wird möglich gemacht!“
    „Völlig klar, dass man Ihnen da schleunigst einen Maulkorb verpasst und mit entsprechenden Konsequenzen gedroht hat.“ Oskar Lindt teilte die Ansichten des Chefredakteurs voll und ganz.
    „Wenn Sie so wollen, war diese Weisung für mich eine Bestechung im negativen Sinne. Wir hatten damals gerade ein eigenes Haus oben in Grünwettersbach gebaut, da konnte ich aus Verantwortung für meine Familie den Arbeitsplatz hier keinesfalls aufs Spiel setzen. Zudem war ich schon für die freiwerdende Stelle des Chefredakteurs vorgesehen.“
    „Ja, die Presse ist eben doch nicht ganz so frei und unabhängig, wie man das gerne glauben mag.“ Lindt hatte die Machtverhältnisse schnell begriffen.
    „Sicherlich haben die entsprechenden Herren aus Industrie und Stadtverwaltung unserer Verlagsleitung gegenüber massiven Druck ausgeübt. Immerhin veröffentlichen wir viele amtliche Mitteilungen, Stellenausschreibungen, Werbeseiten – alles bitter nötige Einnahmen, von denen eine Zeitung leben muss.
    Schließlich habe ich mich mit der Weisung von oben abgefunden und nur noch völlig neutral über die weiteren Bürgerproteste und die heftigen Diskussionen im Stadtrat berichtet. Sie können sich denken, dass es mich innerlich trotzdem sehr gefreut hat, als die ganze Planung letztendlich dann doch abgelehnt wurde.“ Elmar Blech sank mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen in seinen Sessel zurück.
    Lindt lehnte dankend ab, als der Chefredakteur nach den Honduras griff und auch ihm die Zigarrenkiste ein zweites Mal hinstreckte. Den angebotenen Kaffee nahm er dagegen gerne an und füllte wie gewohnt mit viel Milch auf.
    „Irgendwie ergibt das Ganze aber trotzdem keinen Sinn ...“ überlegte er laut und begann zu resümieren, während er sich eine Pfeife stopfte. „Das, was in Ihren Kommentaren stand, war doch ohnehin öffentlich, wenn auch vor zwanzig Jahren. Wie kann das heute noch von so großem Interesse sein, dass diese Blätter unbedingt verschwinden müssen. Verschwinden aus ihrem Archiv, Herr Blech, verschwinden aus unseren Unterlagen – und schließlich sollte auch noch der verschwinden, der sie uns gebracht hatte.“
    „Es kann natürlich auch sein“, beteiligte sich Elmar Blech an den Überlegungen des Kommissars, „dass unser Mitarbeiter Ebert gar nicht wusste, welche brisanten Informationen er Ihnen da liefert.“
    „Um das festzustellen, müssen wir wohl warten, bis er aus dem Koma erwacht ist.“
    Lindt zog ein paar Mal an seiner Pfeife, die er zwischenzeitlich gestopft hatte. „Es wäre aber auch folgendes denkbar: Die Inhalte der Kommentare von damals können heute für irgendjemanden gefährlich werden. Wir wissen das zwar noch nicht – oder noch nicht vollständig – aber damit es erst gar nicht soweit kommt, verschwinden vorsorglich Unterlagen und Personen, die Bescheid wissen. Allerdings, dann ...“ Lindt sah den Chefredakteur fest an, „dann sind Sie natürlich auch potentiell gefährdet.“
    Blech erschrak, doch Lindts Logik leuchtete ihm sofort ein. „Können Sie mich schützen?“ fragte er besorgt und der massige Mann wirkte in seinem schwarzen Ledersessel auf einmal deutlich kleiner als vorher.
    Lindt beruhigte ihn und versprach, alles zu tun, was nötig war: „Sie sind für uns jetzt ein ganz wichtiger Zeuge. Momentan sogar der Einzige, der den Inhalt der verschwundenen Papiere kennt.“
    „Wenn wir den in dieser Richtung weiterdenken“, fuhr er fort und sein gleichmäßiges Ziehen an der Pfeife strahlte Ruhe aus, „dann müssen wir unbedingt den Personenkreis, der in Frage kommt, eingrenzen. Es gibt ja nur zwei Möglichkeiten: entweder ›Blanco‹ oder Stadtverwaltung. Sie, Herr Blech, kennen durch ihre journalistische Arbeit sicherlich eine Vielzahl von Menschen. Fällt Ihnen spontan jemand ein?“
    Der Chefredakteur nahm einen tiefen Schluck aus seiner Kaffeetasse und grübelte etwas vor sich hin. „Zwanzig Jahre sind ja eine ziemlich lange Zeit. Für uns ist immer das interessant, was gerade aktuell ist. Die Vergangenheit legen wir mit unseren gedruckten Seiten im Archiv ab. Wichtig ist dann nicht, Einzelheiten zu wissen, sondern, zu wissen, wo das Gesuchte zu finden ist. Aber jetzt ...“
    Lindt

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