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Bucheckern

Bucheckern

Titel: Bucheckern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Leix
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zu zeichnen. Mittlerweile ist er aber, glaube ich, in eine andere Abteilung gewechselt, mehr weiß ich nicht über ihn.“
    Oskar Lindt hatte sich während des Gespräches einiges aufgeschrieben und klappte nun sein spiralgebundenes Notizbuch zu: „Es scheint im Moment ja nichts Konkretes auf eine der genannten Personen hinzudeuten, Herr Blech, aber der Einblick, den Sie mir verschafft haben, ist sicherlich sehr wichtig, um die Zusammenhänge zu verstehen. So geht es bei unserer Arbeit meistens: Lauter kleine Puzzleteilchen geben am Ende doch ein großes Bild.“
    Es klopfte an die Glastüre von Blechs Büro und die Empfangsdame geleitete Paul Wellmann herein. Er war in der Datenzentrale des Zeitungshauses gewesen, um die Zugangsprotokolle für das Archiv einzusehen. Fünfunddreißig Personen hatten in dem Zeitraum, der für das Heraustrennen der Seiten in Frage kam, die schwere Stahltüre mit Hilfe ihrer Codekarte geöffnet.
    Wellmann zeigte die ausgedruckte Liste, auf der die Namen verzeichnet waren. Mitarbeiter der verschiedenen Redaktionen, auch einige aus der Anzeigenabteilung waren aufgeführt, genauso wie mehrere freie Journalisten, die für den ›Tagesspiegel‹ schrieben. Gegen Abend war die Karte des Reinigungspersonals benutzt worden und der Haustechniker war zwei Mal im Archiv gewesen. Mehrere Gastkarten standen auf der Liste. Studenten, die für ihre Diplomarbeiten recherchierten und ein Mitarbeiter des kulturhistorischen Instituts der Heidelberger Universität, der an einem Forschungsprojekt über die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg arbeitete.
    Zweifelnd schaute Lindt die lange Auflistung an und wandte sich an Elmar Blech: „Wenn ich recht verstanden habe, sind hier nur die Türöffnungen pro Karte verzeichnet. Wie viele Personen und vor allem welche Personen konkret im Archiv waren, lässt sich damit gar nicht genau sagen. Wir waren vorhin ja auch zu zweit in dem Raum und haben zur Türöffnung nur eine Codekarte benutzt.“
    Blech nickte: „Da haben Sie natürlich Recht, wenn mehrere Personen gleichzeitig hineingehen, braucht die Tür nur ein Mal geöffnet werden. Verlagsfremde werden zwar immer von einem unserer Mitarbeiter begleitet – zumindest wenn sie das erste Mal kommen. Das passiert aber mehr zur Einweisung in unsere Archivsystematik, als zur Kontrolle. Eine Sicherheit, dass nur die Personen drin waren, die auf der Liste stehen, haben wir natürlich nicht.“
    „Genauso könnte ich mir vorstellen, dass eine Karte mal verliehen wird“, warf Paul Wellmann ein und Oskar Lindt stimmte ihm zu: „Das sehe ich auch so, Paul. Schade, diese Spur wird uns vermutlich nicht, oder nur durch einen Zufall weiterbringen. Lass uns die Liste trotzdem mitnehmen, ich schaue mir die Namen später in aller Ruhe noch mal an.“

Der Ingenieur
    Oskar Lindt radelte in Gedanken versunken zum Präsidium zurück. Er war so vertieft in seine Überlegungen, dass er fast mit einer kinderwagenschiebenden Mutter kollidiert wäre.
    „Der Ebert liegt im Koma, den können wir noch nicht vernehmen“, ging ihm durch den Kopf, „und wir können nicht sicher feststellen, welche Personen tatsächlich im Zeitungsarchiv waren. Die Beamten der Stadtverwaltung, die Blech als möglicherweise bestechlich genannt hat, scheiden auch aus, weil sie entweder tot oder im Ruhestand oder nicht mehr da sind. Bleibt eigentlich nur ›Blanco‹. Welches Interesse könnten die denn haben, dass etwas, was zwei Jahrzehnte zurückliegt, nicht wieder hochkommt?“
    Die Gerüche eines Imbisswagens am Straßenrand stiegen ihm beim Vorbeifahren in die Nase, unterbrachen fast brutal seinen Gedankengang und verursachten schlagartig ein deutliches Hungergefühl. Es war bereits halb vier Uhr, die Kantine im Präsidium hatte sicherlich schon geschlossen und außer dem Milchkaffee vom Chefredakteur des ›Tagesspiegel‹ hatte er seit dem Frühstück noch nichts in den Magen bekommen.
    Er bremste, stieg vom Rad und bestellte bei der freundlich dreinblickenden, recht fülligen Verkäuferin eine Bockwurst mit Brötchen. An einem wackeligen weißen Stehtisch lehnte er sich an, tunkte die dicke rote Wurst in den Senfklecks und biss genussvoll ab.
    Während er kaute und ab und zu ein Stück vom Brötchen brach, nahm er seine unterbrochenen Überlegungen wieder auf.
    ›Blanco‹ ging ihm wieder durch den Kopf, aber vielleicht lagen die Zusammenhänge ja auch ganz anders. Das Kauen schien sein Gehirn zu stimulieren. Wer auch immer diese Zeitungsseiten

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