Bucheckern
als sein Handy wiederum klingelte. Die Verkehrsüberwachung teilte mit, dass ein Tanklastwagen gerade eben in das ›Blanco‹-Gelände eingebogen war. Auf dem Überwachungsmonitor im Präsidium war das Kennzeichen des alten Mercedes-LKW mit der charakteristischen kurzen Motorhaube nur unvollständig abzulesen. ›KA‹ für Karlsruhe und ›83‹ als letzte Ziffern waren zu identifizieren.
Lindt bat darum, über die Suchfunktion des Zentralrechners den Halter des Fahrzeugs zu ermitteln und wollte wieder angerufen werden, wenn ein Ergebnis vorlag.
Er rührte die Soße für den Feldsalat, den seine Frau geputzt und gewaschen hatte, rieb eine kleine Schale Parmesan und stellte die Spaghetti in das kochende Salzwasser, als die Antwort kam. „Ungefähr seit sieben Jahren zugelassen auf eine Firma namens ›Blanco‹ GmbH & Co. KG in Karlsruhe, Mercedes Typ LA 1113, Baujahr 1971, hat früher einer Kanalservicefirma in der Pfalz gehört.“
„Das ging ja schnell, wie seid ihr auf die restlichen Buchstaben im Nummernschild gekommen?“ staunte Lindt. „Kein Problem, wir haben einfach nach alten LKWs dieses Typs gesucht und die Angaben vom Kennzeichen mit eingegeben. Nach zwei Minuten hatten wir das Ergebnis. Welche Farbe er allerdings hat, können wir auf unserem Schwarz-Weiß-Monitor nicht sehen.“
Er lobte den Kollegen für die schnelle und präzise Auskunft und freute sich, dass ein weiteres Detail seine Vermutungen bestätigt hatte. „War doch eine gute Idee, das Werkstor zu überwachen“, dachte er. „Jetzt wissen wir jedenfalls, dass wir den LKW durch die Löcher im Dach der Halle richtig erkannt haben und dass dieser Tanklaster nicht nur im Werk eingesetzt wird, sondern auch draußen unterwegs ist. Ob er wirklich Giftabfall fährt?“
Lindt wickelte die Spaghetti gewohnheitsmäßig mit Hilfe eines Löffels auf. Seine Frau bezeichnete ihn hinsichtlich Esskultur in solchen Fällen immer als einen Banausen und meinte, so etwas sei das Überbleibsel des Italien-Tourismus der Fünfzigerjahre. Sie beherrschte die ›original-italienische‹ Wickeltechnik ohne Löffel, nur mit Gabel am Tellerrand und hörte dabei interessiert zu, was er von den Ereignissen des Tages berichtete.
Er bemühte sich, nicht mit vollem Mund zu sprechen, aber als er auf den Verdacht zu sprechen kam, Giftmüll könnte in dem Tankwagen transportiert werden, steigerte er sich so in die Thematik hinein, dass er seine guten Tischsitten zeitweilig vernachlässigte. Er erzählte nochmals ausführlich von den Beobachtungen, die er zusammen mit Paul Wellmann am Vortag von dem Jägerstand aus gemacht hatte und anschließend von der Auswertung der Luftaufnahmen, die Jan Sternbergs Hubschrauberflug ergeben hatte.
„Wenn das wirklich stimmt, was du da vermutest ...“, Carla Lindt war ihre Abscheu über diese Art von geldgieriger Kriminalität deutlich anzusehen, „dann wäre das aber eine riesengroße Schweinerei. Denk nur an unser Grundwasser, wenn dieses Gift irgendwann mal im Wasserwerk festgestellt wird. Das mag ich mir gar nicht vorstellen, was dann passiert.“
„Damit sind Millionen zu verdienen!“ Er rechnete vor, wie viel allein die Entsorgung einer einzigen LKW-Ladung im Normalfall kosten würde. „Jede Tonne bringt viele tausend Euro – und jetzt stell dir mal vor, selbst so ein alter Tankwagen lädt über sechs Tonnen ...“
„So viel Geld ist auf jeden Fall einen Mord wert. Obwohl ...“ Sie zweifelte an den Zusammenhängen: „Meinst du wirklich, ein zwölfjähriger Junge kann das erkennen und nimmt gezielt eine Bodenprobe, um sie analysieren zu lassen?“
„Da haben wir auch noch immer unsere Bedenken. Die anderen Kinder versichern ja glaubhaft, dass sie gar nicht weit auf das Gelände vorgedrungen sind. Wegen der Dornen und dem anderen dichten Bewuchs. Die haben dem Paul bestimmt alles erzählt, was sie wissen, da sind wir uns ziemlich sicher.“
„Bleibt noch die Möglichkeit, dass der Patrick mal alleine durch den Zaun geschlüpft ist.“ Carla Lindt hatte sich durch ihre Tätigkeit im Anwaltsbüro logisches und präzises Denken angewöhnt.
„Richtig, vielleicht sogar mehrmals, und wenn meine Theorie stimmt, hat er dabei mitbekommen, dass dort giftige Abwässer zur Versickerung auf die Fläche gepumpt werden. Er hat dann vielleicht überlegt, was er tun könnte und sich entschlossen, eine Bodenprobe zu holen.“
„Allein und ohne die Freunde“, stimmte ihm seine Frau zu.
„Ja genau. Es wäre für uns bis
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