Bucheckern
flachen Hand auf den Tisch, dass es nur so krachte: „So eine Sauerei, der machen wir jetzt ein Ende!“
Kunz fuhr erschreckt zusammen, denn so aufbrausend hatte er seinen als sehr besonnen bekannten Kollegen noch nie erlebt.
Der war aber schon wieder zu seiner üblichen nüchternen Sachlichkeit zurückgekehrt und meinte: „Ich habe so viele Unterlagen fotografiert, dass es reichen müsste, um den Staatsanwalt zu überzeugen. Lass uns jetzt wirklich Schluss machen und in Ruhe überlegen, wer noch alles in der Sache drinhängen könnte. Der Burgbacher ist einer davon, aber der ist flüchtig. Ob es hier im Amt noch jemanden gibt, der beteiligt ist, können wir im Moment nicht überblicken.
Wahrscheinlich ist es aber nicht, denn je mehr Leute mitmachen, desto mehr halten die Hand auf und desto größer ist die Gefahr, dass alles auffliegt. Ja und dann die, die am meisten davon profitieren, die Herren mit der weißen Weste, ›Blanco‹ meine ich natürlich. Von denen wissen wir bisher noch so gut wie nichts.“
Trotz der betont rationalen Überlegungen von Oskar Lindt bemerkte sein Kollege Bruno Kunz ein gefährliches Aufblitzen in Lindt’s Augen. „Ich will sie alle und zwar schnell!“
„Hätten wir die Unterlagen denn nicht gleich mitnehmen sollen?“, gab Kunz zu Bedenken, nachdem sie sich im Umweltamt bedankt und verabschiedet hatten, doch Lindt winkte ab.
Er wollte lieber vorsichtig sein: „Noch sollten wir keinen großen Wirbel machen. Akten beschlagnahmen – dazu brauchen wir sowieso jemanden von der Staatsanwaltschaft. Und was mir ganz besonders wichtig ist: Die wirklichen Beweise für die Vermutungen finden wir ohnehin nur im ›Blanco‹-Werk. Wenn wir die vorzeitig aufschrecken und ihnen Gelegenheit geben, ihre Unterlagen zu vernichten, dann ist alles für die Katz.“
„Wie gehen wir dann weiter vor?“, wollte Bruno Kunz wissen, als sie mit Lindt’s bequemem Dienstwagen wieder zurück ins Präsidium fuhren.
„Wenn du es einrichten kannst“, antwortete Lindt, „wäre es mir ganz recht, wenn wir bei Bedarf wieder auf dich zurückgreifen könnten. Der Wirtschaftskontrolldienst kann eher mal unauffällig bei einem Betrieb wegen irgendeiner Kleinigkeit anklopfen, ohne viel Aufsehen zu erregen. Wenn dagegen die Mordkommission aufkreuzt, schrillen gleich alle Alarmglocken.“
Kunz überlegte etwas, als sie die Treppen zu Lindt’s Büro hochstiegen und blieb dann auf einem Absatz stehen: „Ich könnte zum Beispiel mal die Werkskantine überprüfen. Das wäre ziemlich unauffällig und muss ohnehin irgendwann wieder gemacht werden.“
„Gut, Bruno, sehr gut, wenn mir nichts anderes einfällt, versuchen wir das mal.“ Lindt klopfte ihm auf die Schulter: „Je nachdem, was dort auf dem Speiseplan steht, begleite ich dich dann gerne.“
Der Tankwagen
Nachdem er an seinem Schreibtisch Platz genommen hatte, griff Lindt gewohnheitsmäßig erst nach Pfeife und Tabak. Während er stopfte, bemerkte er, dass auf dem Display des Telefonapparats mehrere Anrufe seiner beiden Mitarbeiter verzeichnet waren.
Er nahm den Hörer in die Hand, drückte die Kurzwahl für Paul Wellmanns Handy und hörte es draußen vor der Bürotüre klingeln. Sternberg und Wellmann traten ein. „Jetzt wo wir wieder da sind, brauchst du uns auch nicht mehr anzurufen, Oskar. Du wolltest doch wissen, wo der Tankwagen hinfährt, hinter dem wir hergezuckelt sind. Aber du warst die ganze Zeit nicht zu erreichen.“
Erstaunt nahm Lindt sein Handy aus der Hosentasche: „Tatsächlich, ausgeschaltet! Wie kommt denn das?“
Er drückte den Einschaltknopf, aber das Display leuchtete nur kurz auf und verlöschte dann wieder.
„Chef, haben Sie es schon mal mit Aufladen probiert?“
Jan Sternberg konnte sich eine spitze Bemerkung nicht verkneifen.
„Du warst wahrscheinlich den ganzen Nachmittag im Biergarten.“ Auch Paul Wellmann musste etwas sticheln.
„Klar doch“, Lindt lehnte sich zurück und reckte sich, wie wenn er total verspannt wäre. „... das lange Sitzen auf der harten Holzbank. Aber bei dem schönen Wetter ... Es reicht doch, wenn ihr beiden arbeitet, oder?“
„Ja, ja, Chef müsste man sein ...“, frotzelte Sternberg. „Interessiert es Sie denn überhaupt, was wir herausgefunden haben?“
„Natürlich doch, erzählt mir, was ihr wisst, dann sage ich euch, was es bei mir Neues gibt.“
Wellmann breitete eine Straßenkarte auf dem breiten Besprechungstisch aus.
„Der Tanklaster fuhr direkt auf die
Weitere Kostenlose Bücher