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Buddenbrooks

Buddenbrooks

Titel: Buddenbrooks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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dich, liebes Kind, du reizest mich!« sagte der {501} Senator mit scharfer Stimme und wandte sich hin und her. »Sprechen wir doch von etwas Anderem!«
    »Ja, du bist gereizt, Thomas, ich sehe es wohl. Du warst es von Anfang an, und grade darum habe ich weiter geredet, um dir zu beweisen, daß du dich zu Unrecht beleidigt fühlst. Wenn ich mich aber frage, warum du gereizt bist, so kann ich mir nur sagen, daß du im Grunde doch nicht so ganz abgeneigt bist, dich mit der Sache zu beschäftigen. Denn ein so dummes Weib ich bin, das weiß ich aus mir selbst und von anderen Leuten, daß man im Leben über einen Vorschlag nur dann erregt und böse wird, wenn man sich in seinem Widerstande nicht ganz sicher fühlt und innerlich sehr versucht ist, darauf einzugehen.«
    »Sehr fein«, sagte der Senator, zerbiß das Mundstück seiner Cigarette und schwieg.
    »Fein? Ha, nein, das ist die einfachste Erfahrung, die das Leben mich gelehrt hat. Aber laß es gut sein, Tom. Ich will nicht in dich dringen. Kann ich dich zu einer solchen Sache überreden? Nein, dazu fehlen mir die Kenntnisse. Ich bin bloß ein dummes Ding … Schade … Nun, gleichviel. Es hat mich sehr interessiert. Ich war einerseits erschrocken und betrübt für Maibooms, andererseits aber froh für dich. Ich habe mir gedacht: Tom geht seit einiger Zeit ein bißchen freudelos umher. Früher klagte er, und jetzt klagt er schon nicht einmal mehr. Er hat hie und da Geld verloren, die Zeiten sind schlecht, und das grade jetzt, da
meine
Lage sich eben wieder durch Gottes Güte verbessert hat und ich mich glücklich fühle. Und dann habe ich mir gedacht: Dies ist etwas für ihn, ein Coup, ein guter Fang. Damit kann er manche Scharte auswetzen und den Leuten zeigen, daß bis heute die Firma Johann Buddenbrook noch nicht gänzlich vom Glücke verlassen ist. Und wenn du darauf eingegangen wärest, so wäre ich sehr stolz gewesen, die Sache vermittelt zu haben, denn du weißt, daß es immer mein Traum {502} und meine Sehnsucht gewesen ist, unserem Namen dienstlich zu sein … Genug … nun ist also die Frage wohl erledigt. – Was mich aber ärgert, das ist der Gedanke, daß Maiboom ja dennoch und in jedem Falle auf dem Halm verkaufen muß, Tom, und wenn er hier in der Stadt sich umsieht, so wird er schon Käufer finden … er wird schon einen finden … und das wird Hermann Hagenström sein, ha, das Filou …«
    »Oh, ja, man darf zweifeln, ob er die Sache von der Hand weisen würde«, sagte der Senator mit Bitterkeit; und Frau Permaneder antwortete dreimal hintereinander:
    »Siehst du wohl, siehst du wohl, siehst du wohl?!«
    Plötzlich begann Thomas Buddenbrook den Kopf zu schütteln und ärgerlich zu lachen.
    »Es ist albern … Wir sprechen hier, mit einem großen Aufwand von Ernst, – wenigstens deinerseits – über etwas ganz Unbestimmtes, vollständig in der Luft Stehendes! Meines Wissens habe ich doch noch nicht einmal gefragt, um was es sich eigentlich handelt, was Herr von Maiboom eigentlich zu verkaufen hat … Ich kenne ja Pöppenrade garnicht …«
    »Oh, du hättest natürlich hinfahren müssen!« sagte sie eifrig. »Es ist ein Katzensprung bis Rostock, und von dort aus ist es gar nichts mehr! Was er zu verkaufen hat? Pöppenrade ist ein großes Gut. Ich weiß positiv, daß es mehr als tausend Sack Weizen bringt … Aber mir ist nichts Genaueres bekannt. Wie es mit Roggen, Hafer und Gerste bestellt? Sind es 500 Sack von jedem? Mehr oder weniger? Ich weiß es nicht. Es steht Alles herrlich, das kann ich sagen. Aber ich kann dir nicht mit Zahlen dienen, Tom, ich bin eine Gans. Du müßtest natürlich hinfahren …«
    Eine Pause entstand.
    »Nun, es ist nicht der Mühe wert, zwei Worte darüber zu verlieren«, sagte der Senator kurz und fest, ergriff sein Pincenez, schob es in die Westentasche, knöpfte seinen Rock zu, erhob sich und fing an, mit raschen, starken und freien Bewegungen, {503} die jedes Zeichen von Nachdenklichkeit geflissentlich ausschlossen, im Zimmer hin und her zu gehen.
    Dann blieb er am Tische stehen, und während er sich ein wenig darüber hin seiner Schwester entgegenbeugte, und mit der Spitze des gekrümmten Zeigefingers leicht auf die Platte schlug, sagte er:
    »Ich werde dir mal eine Geschichte erzählen, meine liebe Tony, die dir zeigen soll, wie ich mich zu dieser Sache verhalte. Ich kenne dein faible für den Adel im Allgemeinen und die mecklenburgische Noblesse im Besonderen, und darum bitte ich dich um Geduld, wenn

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