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Buddha-Boy

Buddha-Boy

Titel: Buddha-Boy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jordan Sonnenblick
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außer Sozialkunde. Vielleicht machte sich dieser Typ in Mathe an sie ran, während ich ein paar Klassenzimmer weiter in aller Unschuld Englisch lernte. Oder er ging gar nicht auf unsere Schule. Vielleicht war er ein ekelhafter Perversling aus der Highschool, der kein Mädchen in seinem Alter kriegen konnte. Oh, Gott! Es gab wahrscheinlich tonnenweise Highschool-Typen, die Woody ständig anriefen, und ich hatte nicht mal ihre Telefonnummer. Hatte ich bei einem coolen Mädchen wie Woody überhaupt eine Chance? Nur weil ich im Moment ihr Lieblingsgeschmack der Woche war, hieß das noch lange nicht, dass uns bestimmt war, Seelenverwandte zu sein. Vielleicht mochte sie mich als Freund, weil ich gemeinsame Interessen vorgetäuscht hatte, oder sie hielt mich hin, bis unser Projekt fertig war. Und ich war darauf reingefallen!
    Ich würde aber nicht einfach nur dastehen und zusehen, wie dieser ELL mich zum Deppen machte! Ich würde einem pickligen, haarigen Highschool-Anfänger nicht einfach so das Mädchen meiner Träume überlassen! Ich würde kämpfen! Ich würde Woody in die Arme nehmen und –
    Ach, wem machte ich hier was vor? Ich würde das Handtuch werfen, ganz klar. Schließlich gab es genug andere schöne, kluge und begabte Mädchen, die hervorragende Korbleger machten und liebend gern mit einem zuverlässigen, ehrlichen und bodenständigen Typen wie mir ausgehen würden. Der zufällig auch noch ein angeblicher Zen-Meister war.
    Woody kam mit einem großen Klumpen Klebeband zurück, den sie sich um die Hand gewickelt hatte, und fing an, ihren Pullover damit sauber zu machen. Als sie den Arm hob, um Sandsprenkel von ihrer Schulter zu entfernen, sah sie die Schrift auf meinem Blatt Papier und versuchte, es mir aus der Hand zu reißen. Dabei blieb sie mit dem Klebeband an ihren Haaren hängen.
    Â»Au!«, schrie sie. Gut! War mir doch egal. Ich war ein angeblicher Zen-Meister. Ich hatte keine irdischen Bindungen oder Sehnsüchte. Jedenfalls theoretisch. Die Vier Edlen Wahrheiten hatten Recht. Das Festhalten an einer Sehnsucht war beschissen.
    Woody sah mich an. »San, kannst du mir helfen, das auseinanderzupfriemeln? Ich klebe fest.«
    Ich legte das Stück Papier auf den Tisch und griff auf coole und unverknallte Weise in ihre Haare, um sie, Strähne für Strähne, vom Klebeband zu befreien. Der Orangenduft hüllte mich ein, ihre Haare waren weich und lieblich in meinen Händen. Zum Glück war ich erhaben über solche Dinge, und zwar schon seit gut zwanzig Sekunden.
    Als wieder alles in Ordnung war, entfernte Woody die letzten Sandkörner von ihrem Pullover, während ich NICHT hinschaute. Dann nahm sie mir den belastenden Bogen sanft aus der Hand, sagte: »Das werfe ich jetzt einfach weg«, und ging zum Papierkorb. Während ich NICHT hinschaute.
    Sie blickte noch einmal auf das Stück Papier, bevor sie es in den Korb schmiss, und als sie an unseren Arbeitstisch zurückging, errötete sie ein bisschen. Ich versuchte, zu tun, als wäre nichts geschehen. Was schwierig war, denn dieses Mädchen übte eine Anziehungskraft auf mich aus, die wahrscheinlich einen Mann mit geringerem Meditationstalent umgehauen hätte. Sie packte ihre Sachen zusammen und notierte sich die Hausaufgaben, als sei überhaupt nichts gewesen.
    Der Duft nach Orangen haftete noch stundenlang an meinen Händen.
    Nachts im Bett fiel mir ein, dass mein Vater am folgenden Tag nach der Schule anrufen würde. Ich würde abnehmen und der Telefonist im Knast würde mich fragen, ob ich ein R-Gespräch aus Texas annehmen möchte. Ich würde Ja sagen, obwohl ich wusste, dass uns der Anruf Geld kosten würde. Geld, das meine Mutter nicht hatte, Geld, mit dem eigentlich die Anwaltskosten oder unsere Kreditkartenschulden abbezahlt werden sollten. Ich konnte schon seine weiche Stimme hören. Ich hab dich letzte Woche verpasst, mein Junge. Erzähl mir alles! Also würde ich anfangen, ihm alles zu erzählen, aber eigentlich doch nicht. Ich würde ihm nur sagen, was er hören wollte. Ich hätte mich eingelebt, meine Noten wären gut, ich würde meiner Mutter ›in dieser schwierigen Zeit‹ helfen. Irgendwo in der Mitte würde er mich unterbrechen und mir seine weißgewaschene Story erzählen: Er sei unschuldig, man hätte ihn hereingelegt, ich müsse ihm glauben, und am Ende würde alles gut werden.
    Er

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