Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Buddha-Boy

Buddha-Boy

Titel: Buddha-Boy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jordan Sonnenblick
Vom Netzwerk:
war ein erstklassiger Lügner und ich war sein erstklassiger Lügnersohn.
    Ich konnte nicht. Ich konnte nicht so tun, als würde ich ihm glauben oder nicht jedes Molekül seiner boshaften, manipulativen Seele hassen oder als würde alles wieder gut werden. Es war schlimm genug, dass meine Mutter auf seinen Mist hereinfiel. Und auf meinen. Den Lügenkönig zu belügen, war das Schlimmste überhaupt.
    Also suchte ich nach einem Ausweg – irgendwas, das mich an Mittwochnachmittagen fernhielt, am liebsten monatelang. Bis mein Vater begriff, was los war, und nicht mehr anrief. Ich konnte jeden Dienstag in der Schule irgendwas anstellen, damit ich jeden Mittwoch nachsitzen müsste. Das passte allerdings nicht zu meinem Zen-Image. Ich konnte mich irgendeinem Team anschließen, das jeden Mittwoch trainierte. Das aber passte nicht zu San, der sportlichen Null. Ich konnte jeden Dienstag von einer mittelhohen Klippe springen, um jeden Mittwoch im Krankenhaus zu landen. Aber ich hätte wahrscheinlich meine Mutter als Krankenschwester und mein Vater würde eine Sondererlaubnis bekommen, um nach Pennsylvania zu fliegen und mich zu besuchen. Genau das, was ich brauchte: tonnenweise Arztrechnungen, meine Mutter hätte die Gelegenheit, mir haufenweise Spritzen zu verabreichen, und mein Vater würde zwischen zwei bewaffneten Polizisten angekettet neben meinem Bett sitzen.
    Dieser Plan würde also nicht funktionieren.
    Ich brauchte etwas, das nicht wehtat, meinen Stärken entsprach und mir keinen Ärger mit meiner Mutter einbrachte. Moment mal! Etwas, das meinen Stärken entsprach.
    DAS WAR’S! Ich setzte mich schlagartig auf und knallte lautstark mit dem Kopf gegen meine billige Leselampe. Aber körperlicher Schmerz spielte für mich keine Rolle mehr. Ich war ein Zen-Mann mit einem Zen-Plan.
    Einem wasserdichten Plan.

Wasch
deine Schale aus
    Am folgenden Morgen erlangte ich auf meinem Felsbrocken einen Augenblick der nahezu vollkommenen Einsicht. Ich weiß ja, dass ich das Meditieren nur vortäuschte, aber ehrlich – glitzern würfelförmige Edelsteine nicht auch? Ausnahmsweise dachte ich nicht an meine Atmung. Ich dachte nicht daran, dass ich nicht an meine Atmung denken sollte. Ich dachte nicht an meinen Vater und an Telefongespräche. Heiß und kalt, Geld und kein Geld, Woody und ELL zusammen auf einem Baum – es war alles eins. Und alles nicht eins.
    Hätte mir in diesem Augenblick jemand einen Basketball gereicht, hätte ich zehn Korbleger hintereinander gemacht, immer ins Netz. Die Sonne schien auf mich herab, der reine Wind blies an mir vorbei. Die Luft roch nach frischem Schnee und … Orangen?
    Im nächsten Moment lag ich auf dem Rücken. Woody sprang um mich herum, lachte und rieb die Hände aneinander, um die kleine Menge Schnee, die sie mir nicht von hinten in die Augen gerieben hatte, zu entfernen. Ich wischte mir das Gesicht und lächelte zu ihr hoch. Sie trug einen Pullover mit Zopfmuster und Jeans. Keine Handschuhe, Turnschuhe ohne Socken. Und ihre lila Brille. Ihre Wangen waren von der Kälte gerötet, die Haare wehten ihr ins Gesicht. Sie sah wunderschön aus.
    Das heißt, wenn irdische Gelüste dein Ding sind.
    Â»Guten Morgen, Woody. Danke fürs Aufwecken.«
    Â»War mir ein Vergnügen. Und weißt du was? Ich hab’s!«
    Â»Du hast was?«, fragte ich und stützte mich auf meinen Ellbogen.
    Â»Das Projekt, du Dummchen! Ich bring dir bei, wie man Freiwürfe macht. Zen-Basketball! Das hast du doch neulich in der Sporthalle versucht, oder nicht? Die Sache mit dem Anfängergeist, von der du mir erzählt hast. Mr Dowd hat früher das Basketballteam trainiert. Es wird ihm gefallen! Außerdem verstehe ich unheimlich viel von Basketball, weil mein Vater, als ich noch klein war, ständig versucht hat, mich in einen Jungen zu verwandeln. Wäre das nicht was?«
    Â»Hmm, ja, kein schlechter Plan. Aber ich habe auch eine Idee. Kannst du heute nach der Schule mit mir irgendwohin gehen?«
    Â»Wohin? Und weshalb?«
    Â»Zur Suppenküche. Ich hab mir gedacht, da wir da sowieso hinwollten – warum verwenden wir die Suppenküche nicht für unser Projekt? Du weißt schon, wegen des Mitgefühls. Wir könnten heute schon damit anfangen.«
    Â»Aber wäre das nicht irgendwie unfair, San? Wenn wir sowieso vorhatten, das zu machen, zeigen wir nicht wirklich mehr

Weitere Kostenlose Bücher