Buddha-Boy
hätte.
Obwohl Peter Jones einer der Superstars war. Und Woody zuschaute. Und ich Woody beobachtete. Sie war wunderschön, sogar in den doofen braunen Shorts unserer Schule und einem Harrisonville-Hawks-T-Shirt. Die meisten Mädchen sahen irgendwie klumpig und blass aus, aber Woody wirkte elegant. Sie hielt den Kopf immer etwas höher als die anderen.
Nicht, dass mir das aufgefallen wäre. Ich war der Basketball-Zen-Boy. Ich beschloss, die Sache mit dem Alle-Schritte-wiederholen-bis-dein-Nicht-Denken-einsetzt mit Fouls zu testen. Keine schlechte Idee, denn ich war nie gut im Werfen, obwohl ich ziemlich groà bin. Ich konzentrierte mich also darauf, gleichmäÃig zu atmen und mit den FüÃen hinter der Linie zu bleiben. Um den Ball ruhig zu halten, berührte ich ihn seitlich mit der linken Hand, ging in die Knie, stieà den Ball mit der rechten Hand weg und richtete mich auf â alles mit einer einzigen flieÃenden Bewegung.
Der Ball ging meilenweit daneben und meine rechte Sandale fiel beim Durchziehen ab. Kann sein, dass ich mir beim Ballholen kurz Woodys Beine ansah, was aber meine messerscharfe Konzentration nicht beeinträchtigte.
Gut.
Ich probierte noch ungefähr fünfzehn Würfe. Dabei erinnerte ich mich, dass es den Zen-Bogenschützen gleichgültig war, ob ihre Pfeile ins Schwarze trafen oder nicht, solange die Form stimmte. Es gab eine berühmte Geschichte über einen Zen-Meister, die ich gelesen hatte.
In einem Zen-Kloster, das sich auf einem Felsen am Pazifik in Kalifornien befand, nahm ein Zen-Meisterschütze an einem Wettbewerb mit ungefähr hundert Mönchen teil. Die anderen schossen alle ihre Bogen ab. Der groÃe Meister sollte als Letzter drankommen. Als er an der Reihe war, zog er einen Pfeil aus dem Köcher, hielt ihn an den Bogen und mit einer einzigen flieÃenden Bewegung schoss er ihn über den Klippenrand ins Meer. Als der Pfeil auf dem Wasser auftraf, sagte er: »Volltreffer!« Und alle waren sich einig, dass er der Sieger war.
Wenn ich mir meine Würfe so anguckte, war er ein Sieger nach meinem Geschmack.
Noch ein kurzer Blick auf Woody, die das Spiel weiter beobachtete, dann hörte ich auf, den Lärm in der Sporthalle auszublenden, und lieà ihn stattdessen über mich hinwegschwappen. Ich hörte auÃerdem auf, zu ignorieren, dass mein Basketball schlapp war und kein Profil mehr hatte. Ich überlieà mich sogar dem miefigen, modrigen Geruch der Sporthalle, angereichert mit der Schärfe schweiÃgetränkten Gummis. Und ich hörte auf, meine Würfe zu zählen. Dribbeln, fertig, los! Dribbeln, fertig, los! Dribbeln ⦠fertig ⦠los! Die Klingel riss mich aus meiner Trance und ich sah mich um. Die Jungathleten-gegen-Altathleten-Olympiade war zu Ende gegangen, ohne dass ich es bemerkt hatte. Ein Blick auf die Tafel brachte mich schlagartig zurück in die Realität: Peter und seine Kumpel waren vernichtet worden.
Das war ein Halblächeln wert.
Und Woody war hinter mir, das letzte Mädchen in der Sporthalle, lehnte an der Tribüne und beobachtete die verheerende Zurschaustellung meiner Nicht-Denk-Fähigkeit. Ihre vollkommenen, rubinroten Lippen öffneten sich und sie sagte: »Hey, San. Mach weiter so, dann kriegst du auch bald einen rein!«
Ich sah sie in kläglicher Verzweiflung an. Sie lächelte, schlenderte herüber, grapschte nach dem Ball und schob mich mit dem Ellbogen zur Seite. Dann machte sie nacheinander fünf Körbe. Ich hätte weinen können â aber es war so toll, mit ihr zusammen zu sein, zum zweiten Mal an einem Tag mit ihr allein. »Lass mich noch einmal sehen, wie du wirfst!«, sagte Woody und prellte mir den Ball zu. Perfekt.
Ich warf daneben. Viermal. Meine Ohren wurden rot. Mein Gesicht wurde rot. Ach, Quatsch, alles an mir wurde rot. »Noch mal«, befahl sie. Als ich wieder in die Knie ging, griff sie mit beiden Händen von hinten um mich herum, um meine Armposition zu korrigieren. Ich warf immer noch daneben, aber ihr Körper war an meinen gepresst, als wir den Wurf gemeinsam zu Ende brachten.
Volltreffer , dachte ich.
Dann klingelte es wieder.
Der
Mittwochsplan
Die Woche ging weiter mit einem langweiligen Wochenende irgendwo mittendrin, das ich mit Zen-Lesen verbrachte. Woody besuchte mich an jedem Schultag frühmorgens an meinem Fels â manchmal mit Peter, manchmal ohne. In der Mittagspause sang
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