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Buddha-Boy

Buddha-Boy

Titel: Buddha-Boy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jordan Sonnenblick
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Vervollkommnung des Charakters.
    Yamada Roshi
    Also das war echt rätselhaft. Es war das gleiche Zitat, das ich in meinem Englischaufsatz benutzt hatte. Woher wusste das jemand und warum wollte er sich deshalb über mich lustig machen?
    Ich hatte keine Zeit, lange darüber nachzugrübeln. Ich hatte noch ungefähr eine Minute, bevor die nächste Stunde begann, und musste blitzschnell das erste Kapitel vom Tao des Pu überfliegen. Oder die Perlen und Babes abchecken, da Woody ja ELL hatte und ich keine irdischen Bindungen. Es gab ein Mädchen, das Stephanie hieß und ganz süß war. Sie war zierlich und hatte rote Haare, aber nichts im Vergleich zu … zu anderen Mädchen, die ich kannte. Und dann gab es noch diese Keisha mit ihrem edlen Hip-Hop-Look. Sie war richtig klug. Aber ich wette, sie hätte keinen Schneeball werfen können wie … Sie-deren-Name-nicht-genannt-werden-darf. Und drüben am Bücherregal stand Jenna, das offizielle ›It-Girl‹ der achten Klasse. Aber ich stand nicht auf diesen Mädchentyp. Ich stand auf den ›Riecht-nach-Orangen‹-Typ.
    Wie ich schon immer gesagt habe: Die Zeit vor der ersten Stunde nervt. Dann klingelt es.
    Ich brachte den größten Teil des Tages gut hinter mich. Sogar die Mittagspause war okay. Woody spielte die ganze Zeit Gitarre, also musste ich sie nicht sehen. Und in Sozialkunde mussten wir mit unseren Partnern nicht zusammenarbeiten. Stattdessen hielt uns Mr Dowd einen Vortrag darüber, wie religiöse Traditionen weitergegeben werden. Er erwähnte unter anderem, dass es – als der Zen-Buddhismus nach China kam – hintereinander sechs Meister gegeben hatte. Der erste, Bodhidharma, suchte seinen Nachfolger aus, der wiederum seinen Nachfolger aussuchte und so weiter. Mr Dowd sagte, es sei so ähnlich wie mit den Päpsten gewesen, aber nach dem sechsten Typen brach das System zusammen und Zen zerteilte sich in mehrere verschiedene Schulen.
    Na toll. Wie sich herausstellt, fällt einem das wirklich Wichtige erst dann auf, wenn es später auf einen zurückfällt.
    Als die letzte Stunde vorbei war, schickte Woody Peter fort und wartete dann an der Klassenzimmertür auf mich. »So«, sagte sie und starrte auf den Kaugummi an einem Spind, »gehen wir jetzt ins Obdachlosenheim und helfen?«
    Â»Ja, von mir aus«, sagte ich zu meinen Sandalen. »Wenn du Lust hast.«
    Â»Ich habe Lust«, verkündete Woody den Kacheln an der Decke.
    Â»Hervorragend«, rief ich dem Anti-Drogen-Poster an Mr Dowds Tür zu. »Dann lass uns gehen!«
    Wir gingen.
    Das Heim war ungefähr eine halbe Meile von der Schule entfernt. Wir mussten mehrere breite Straßen mit Ampeln überqueren und waren deshalb eine gute Viertelstunde lang zusammen unterwegs. Wir redeten über die Hausaufgaben (wir waren beide dagegen) und über die Lehrer (wir hielten sie beide für seltsame, außerirdische Wesen, denen nicht zu trauen war, obwohl sie Mr Dowd für ›wenigstens interessant‹ hielt). Wir klammerten uns an sichere Themen – nichts über unser wirkliches Leben, nichts über unsere echten Gefühle.
    Nichts über irdische Bindungen.
    Und dann war es Zeit für Mitgefühl. Wir kamen an ein altes, heruntergekommenes Gebäude, vor dem etwa fünfundzwanzig Leute standen und warteten. In der Kälte und im Matsch. Einige sahen aus, wie ich es von Menschen erwartet hatte, die sich wegen einer Mahlzeit in einer Suppenküche anstellten: schmutzig, abgemagert, alt, mit Einkaufswagen voller Decken und Schrott. Aber andere wirkten wie ganz normale Leute, die irgendwo arbeiteten. Und auch zwei Mütter standen da, mit kleinen Kindern. Ich hätte nie geglaubt, dass auch kleine Kinder im Schnee für eine Mahlzeit anstehen müssen, nicht im einundzwanzigsten Jahrhundert in Amerika. Was dachten sie wohl, wenn sie die anderen Fußgänger sahen, die einen großen Bogen machten, um ja nicht mit der Schlange in Berührung zu kommen? Als ob Armsein ansteckend wäre.
    Woody zog mich von dem Spektakel weg, um die Ecke des Gebäudes herum zu einem Seiteneingang. Kaum waren wir im Haus, als eine ältere Frau an Woody heranhuschte. »Emily, Liebes, wie schön, dich zu sehen! Und du hast einen Freund dabei! Bringst du uns deine Spende für diesen Monat?«
    Emily? Wer zum Kuckuck war –
    Â»Nein, Schwester Mary Clare. Ich bin mit meinem

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