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Buddha-Boy

Buddha-Boy

Titel: Buddha-Boy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jordan Sonnenblick
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Nerven verlor.
    Per Briefpapier verfolgt, von einem Mädchen mit zwei Namen hintergangen. Mit Hausarrest bestraft und geohrfeigt.
    Ja, nun. Ich hatte immer noch meine Gesundheit. Während ich mich aus dem Bett gleiten ließ und die Füße auf den eisigen Linoleumboden setzte, wurde mir allerdings klar, dass ich wahrscheinlich doch nicht ganz gesund war. Mir tat alles unglaublich weh und die Innenseite meiner Backe brachte mich um. Anscheinend hatte ich hineingebissen, als meine Mutter zuschlug. Ich fürchtete mich fast davor, in den Spiegel zu schauen. Aber von außen war keine Verletzung zu erkennen. Wenigstens konnte ich in die Schule gehen und so tun, als sei alles Zen-normal. Oh, welche Freude!
    Habt ihr jemals versucht, eure Sorgen in gezuckerten Frühstücksflocken zu ertränken? Ich schon. Oft. Ich kann nicht glauben, dass ich das bis jetzt noch nicht erwähnt habe, aber ich bin wahrscheinlich süchtig nach Cap’n Crunch. Als ich in der ersten Klasse war, kam eine Ernährungsexpertin in unsere Schule, um uns was über gesundes Essen beizubringen. Wir sollten dann aufschreiben oder malen, welche Früchte wir am liebsten aßen. Ich hob die Hand und fragte: »Wie buchstabiert man Crunch-Beeren?«
    Jedenfalls hatte ich an diesem Morgen definitiv ein Date mit dem Cap’n. Ich holte die Milch, eine Schüssel, einen billigen Löffel, den meine Mutter beim Discounter gekauft hatte, und die Familienpackung Müsli und stellte alles für meine Schlemmermahlzeit bereit. Aber gerade als der erste Strahl kalter, köstlicher Milch die goldene Spitze meines Crunch-Bergs traf, kam Mom in die Küche. Sie sah aus, als hätte das Müllauto sie überfahren. Die Haare waren strähnig. Sie hatte immer noch ihren Bademantel an, ihr Gesicht hatte die Farbe von kaltem Haferbrei mit rötlichen Flecken auf Nase und Kinn. Unter ihren Augen hingen violette Säcke.
    Als ob sie sich selbst geschlagen hätte.
    Sie werkelte mit ihren Kaffeeutensilien herum, während ich versuchte, meine verschärfte Zuckerzufuhr zu genießen. Aber wenn das Wrack einer Mutter in eisiger Stille um einen herumwuselt, dämpft dies das Zucker-High gewaltig. Als sie sich endlich mir gegenüber hinsetzte, nahm sie einen Schluck Kaffee, schnitt eine Grimasse und seufzte. Dann sprach sie.
    Â»Hör mal, San, ich habe dich noch nie geschlagen. Ich hab die ganze Nacht nicht geschlafen, weil ich immer daran denken musste. Du bist doch mein kleiner Junge. Du bist alles, was ich habe. Du bist das Einzige, was ich mit meinen neununddreißig Jahren vorweisen kann. Du bist der Einzige, dem ich wirklich vertraue. Und als du mich dann angelogen hast …« Ihre Augen waren kurz vorm Überlaufen. »San, als du gestern Abend diese Geschichte erfunden hast … Ich weiß, dass du nicht mit ihm blutsverwandt bist, aber eine Sekunde lang sahst du genauso aus wie dein Vater. Tut mir leid, aber du sahst aus wie dein Vater.«
    Sie schluchzte hemmungslos, und plötzlich heulte ich auch. Wenn ich jemals scharf darauf gewesen wäre, den außergewöhnlichen Geschmack von Cap’n Crunch mit Tränenbeeren zu probieren, wäre dies meine Chance gewesen. Mom ging um den Tisch und legte die Arme um mich, was mir gerade noch gefehlt hatte, um zusammenzubrechen.
    So verharrten wir, bis die Frühstücksflocken ein noch glitschigerer Brei waren und wir uns endlich wieder gefasst hatten. Mom stand auf, um ihren kalten Kaffee aufzuwärmen, und ich wischte mir die Nase am Ärmel ab, als sie sich wegdrehte. Nachdem sie sich wieder gesetzt hatte, sagte ich: »Ich kann immer noch nicht glauben, dass du mich geschlagen hast, Mom.«
    Sie sagte: »Ich weiß. Ich glaube, ich war dir gar nicht richtig böse. Eigentlich wollte ich deinen Vater schlagen.«
    Â»Da hast du aber schwer danebengehauen.«
    Sie zuckte zusammen und nahm einen Schluck ihres mikrowellenerhitzten Kaffees.
    Â»Ãœbrigens habe ich gestern wirklich Leute in der Suppenküche mit Essen versorgt.«
    Sie warf mir den ›Und?‹-Blick zu.
    Â»Und ich habe meiner Partnerin mehr oder weniger versprochen, dass wir das jetzt jeden Mittwoch machen. Ich weiß, dass du mir Hausarrest verpasst hast, aber –«
    Â»Sanny, du kannst dich nicht ewig davor drücken, mit deinem Vater zu reden.«
    Ich sah sie nur an.
    Â»Aber«, fuhr sie fort, »wenn du noch etwas Zeit brauchst, spiele ich

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