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Buddha-Boy

Buddha-Boy

Titel: Buddha-Boy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jordan Sonnenblick
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entwickelt hatten. »Äh, San, das war … ähm … gut. Ich bin froh, dass wir es gemacht haben.«
    Ich warf meinen Nicht-Hinschau-Blick zurück. »Ja, ich auch. Und … ähm … ich hab deinen Teller auch gleich mit abgespült. Das ist eine Zen-Praxis, weißt du?«
    Sie sah verwirrt aus. »Was hat das Abspülen eines Tellers mit Zen zu tun?«
    Â»Das sag ich dir morgen, wenn wir mehr Zeit haben. Jetzt muss ich ganz schnell nach Hause.«
    Â»Ich habe meine Mutter eben mit dem Handy angerufen. Sollen wir dich mitnehmen?«
    Das konnte ich nicht annehmen. Dann hätte Woody vielleicht meine Mutter gesehen oder so was. Aber die Einladung abzulehnen, wäre unhöflich gewesen. Außerdem war es kalt und dunkel draußen, und ich hatte nasse Klamotten und Sandalen an.
    Ich dachte zu lange über all das nach, denn Woody zog sich verärgert die Jacke an. »Ja«, sagte ich also schnell, »das wäre nett.«
    Als sie die Spülkammer verließ und den Flur entlangging, schwebte ihre Stimme hinter ihr her: »Okay, San, wenn du sicher bist, dass es keine zu große irdische Bindung oder so was ist.«
    Woody ging direkt auf ein wahnsinnig teuer aussehendes Auto zu, das mit laufendem Motor am Straßenrand stand. Sie kletterte zuerst auf den Rücksitz, und als ich mich neben sie gleiten ließ, fühlte ich mich richtig komisch. Ich schwitzte, tropfte die Ledersitze voll und roch wahrscheinlich wie ein Tier auf einem Bauernhof – falls sich solche Tiere in Trögen voll Parmesan wälzen durften.
    Aber die Chauffeurin hatte hervorragende Manieren. Entweder das, oder sie mochte den Geruch nach Viehzeug und scharfem Käse.
    Â»Hi, Mom!«, zwitscherte Woody. Ah, was für eine falsch-fröhliche Familie!
    Â»Hi, Emily«, sagte ihre Mutter und fuhr los. »Und du musst San sein. Wir haben diese Woche so viel von dir gehört. San hat dies gesagt. San hat das gesagt. San sitzt auf einem Felsen. San, San, San. Ehrlich gesagt, ich glaube, Emilys Vater und Peter hängt es langsam zum Hals raus. Nichts für ungut, ich finde es großartig, dass Emily so einer … Vielfalt ausgesetzt ist. In dieser Kleinstadt haben wir kaum Gelegenheit, Leuten wie dir zu begegnen.«
    Woody sah aus, als ob sie am liebsten die Tür geöffnet und sich hinausgeschmissen hätte, vorzugsweise in den Weg eines sich nähernden Sattelschleppers. Ich hingegen war nicht wegen Mrs Longs merkwürdiger kleiner Lobrede auf die Vielfalt beleidigt, versuchte aber zu begreifen, was es mit dem genannten Peter auf sich hatte.
    Â»Peter?«, fragte ich ziemlich intelligent.
    Â»Du weißt schon, Peter, aus der Schule. Emilys Bruder.«
    Â»Bruder?« Wow, die Frau musste annehmen, dass alle Chinesen wie Höhlenmenschen redeten.
    Â»Stiefbruder. Als ich Emilys Vater heiratete, brachten wir beide ein Kind mit in die Ehe. Und jetzt sind wir eine große glückliche Familie.«
    Ich hätte schwören können, dass ich trotz des Straßenlärms und des Rauschens der Heizung Woody verächtlich schnaufen hörte. Ich ignorierte es und gab Mrs Long Anweisungen, wie sie zu unserem Wohnblock fahren sollte. Als wir ankamen, dankte ich ihr, sprang aus dem Wagen und lief schnell auf die Haustür zu – falls meine Mutter in der Nähe war.
    Darüber hätte ich mir allerdings keine Sorgen zu machen brauchen.
    Mom saß oben im Dunkeln und wartete darauf, mich zu töten.

Anrufe
und Versäumnisse
    Ich ging die Treppe hoch, betrat unsere Wohnung und hatte Schmerzen in Muskeln, von denen ich bisher nicht gewusst hatte, dass ich sie besaß. Mein Rucksack schien hundert Kilo zu wiegen und die Sohlen meiner Sandalen fühlten sich unter meinen Füßen wie nasses Sandpapier an. Es war ein komischer Tag gewesen – und einer voller Fragen: Wer hatte die Zen-Notiz in mein Schließfach geschoben? Warum hatte Woody zwei Namen? Wer war ELL? Wenn Peter Woodys Stiefbruder war, wieso hatte er was gegen mich?
    Würde ich nun für immer und ewig nach Parmesan riechen?
    Ich öffnete seufzend die Tür und kam mir vor wie eine Kreuzung aus Pfadfinder und Galeerensklave. Und da, auf dem schäbigen gemieteten Liegesessel, saß meine Mutter mit einem Glas Wein in der Hand. Alle Lampen bis auf die trübe Funzel über ihrem Sessel waren ausgeknipst. Sie hockte in dem kleinen gelben Lichtkegel wie ein

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