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Buddha-Boy

Buddha-Boy

Titel: Buddha-Boy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jordan Sonnenblick
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von uns in den wackelnden, verkrusteten Haufen auf dem dahingleitenden Tablett greifen und die Messer, Gabeln und Löffel herausfischen. Außerdem durften keine Servietten mit in die Maschine und so mussten wir auch nach denen Ausschau halten. Und solltet ihr noch nie versucht haben, eine durchweichte Serviette von einer beweglichen Schüssel mit halb aufgegessenem Schokoladenpudding zu trennen, ohne eine Geschirrlawine auszulösen, dann wisst ihr nicht, was ihr verpasst habt.
    Zudem war das Duschwasser ungefähr sechzig Grad heiß und bespritzte einen am ganzen Leib, wenn es im falschen Winkel von einem Teller abprallte. Und man ließ ständig Wasser im falschen Winkel abprallen, weil man unaufhörlich auf seine Spülpartnerin schaute:
Sah sie dich an?
Verflixt! Ja, irgendwie schon. Hat sie dich gerade beim Hinschauen erwischt?
Wieso wollte sie dich überhaupt beim Hinschauen erwischen? Sollte sie sich nicht auf das Geschirr konzentrieren? Oder auf ihren blöden Freund mit den drei Großbuchstaben? Oder auf –
    AUU! Das Wasser war wirklich unverschämt heiß!
    Am Ende der dreistündigen Schicht waren wir klatschnass und dreckig von oben bis unten. In der Spülkammer herrschten ungefähr fünfunddreißig Grad. Wir hatten keinen einzigen Gast gesehen (so nannten sie die Leute, die zum Essen kamen), aber genug Teller, um zu wissen, dass das Essen ein durchschlagender Erfolg gewesen war. Und als das letzte Tablett aus der Spülmaschine rollte, waren wir müde. Ich jedenfalls. Meine Arme zitterten von der ungewohnten Belastung beim Herumschwenken der Tabletts und des Schlauches, mein Nacken war steif, meine Füßen schmerzten wie verrückt.
    Mildred steckte den Kopf durch unser kleines Fenster und sagte: »Das war’s, Kinder! Jetzt könnt ihr euch entspannen.« Ich nahm die Schürze ab, warf sie auf den dampfenden Haufen benutzter Spültücher und hievte mich auf die stählerne Arbeitsfläche. Als ich einen halb gewaschenen Spaghettifaden vom Hosenbein schnipste, hüpfte Woody neben mich. Ich wartete darauf, dass sie etwas sagte. Aber sie wartete auch.
    Gerade als das Warten sich wie ein seltsames Zen-Duell anzufühlen begann, kam Schwester Mary Clare mit zwei Tellern voll Essen herein. »Hier, Kinder! Als Anfänger habt ihr ja prima durchgehalten. Ich weiß noch, 1978, wie der Polizeichef einmal mit Mildred gewettet und verloren hat und dann das Geschirr hier eine Woche lang spülen musste. An seinem ersten Abend stauten sich fünf Tabletts hintereinander, dann blieb seine Pistole am Fließband hängen und ging durch den Hochdruckreiniger. Wir warfen uns alle auf den Boden. Ich dachte, die Hitze würde die Kugeln durch die Gegend jagen! Oh, das war eine verrückte Zeit!« Sie nickte glücklich. »Ja, eine verrückte Zeit. Jedenfalls haben wir euch was warm gehalten.«
    Ich hatte gar nicht an Essen gedacht, spürte aber jetzt, dass ich halb verhungert war. Es war inzwischen fast sieben und ich hatte seit dem Mittag nichts gegessen, was für mich ein und ein halbes Wunder war. Woody und ich stürzten uns auf das Zeug, als hätten wir gerade elf Jahre als Schiffbrüchige auf einer Insel verbracht, und holten erst wieder Luft, nachdem der letzte Krümel nur noch eine flüchtige Erinnerung war. Dann fing die Warterei wieder an, bis Mildred hereinplatzte.
    Â»Aha!«, frohlockte sie. »Was macht ihr beiden denn noch ganz allein hier? Und das in einer kirchlichen Einrichtung! Erzählt mir nicht, dass ihr nur esst! Eure Teller sind leer und ich bin kein Dummkopf. Ich weiß, was es bedeutet, wenn zwei junge Leute sich so ansehen!«
    Seltsamerweise hatten wir es seit Stunden vermieden, uns anzusehen. Aber als sie das sagte, schauten wir uns natürlich an. Ich spürte die Wärme in meinem Gesicht, sogar in der Hitze der Spülkammer, als ich mich zu Mildred drehte. Ȁh, Mrs Romberger? Was sollen wir als Nächstes tun? Mit dem Essen sind wir ja fertig.«
    Belustigt sah sie mich an. »Das solltest du eigentlich wissen, Zen-Boy: Wasch deine Schale aus!«
    Das tat ich, während Woody für ein, zwei Minuten aus dem Raum ging. Also spülte ich auch ihren Teller ab. Aber ich hatte wohl in irgendeinem Buch eine Fußnote übersehen, weil ich nicht wusste, was das Abspülen von Tellern mit Zen zu tun hatte.
    Woody kam zurück und warf mir den Nicht-Hinschau-Blick zu, den wir

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