Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Buddha-Boy

Buddha-Boy

Titel: Buddha-Boy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jordan Sonnenblick
Vom Netzwerk:
würde, wenn er endlich dazu kam, mir das Gesicht zu zermatschen. Meine Gedanken wirbelten genauso ziellos wie die beiden Zweige herum.
    Dann hörte ich plötzlich ein Schlurfgeräusch. Ich sah auf und ein mickriger kleiner Kerl stand neben dem Fels. Er hatte einen Rucksack auf dem Buckel, der wahrscheinlich mehr wog als er selbst. »’tschuldigung«, sagte er mit Piepsstimme.
    Â»Ja?«
    Â»Das ist mein Stein. Das heißt, er gehört mir nicht oder so, aber ich komm immer hierher, wenn …«
    Â»Wenn was?«
    Er sah mich völlig verzweifelt an. »Wenn ich nicht nach Hause kann.«
    Junge, Junge, der Kleine schien echte Probleme zu haben. Ich rückte zur Seite. Es war ein großer Stein. »Hier. Nimm Platz.«
    Er setzte sich.
    Wir sahen eine Weile den Zweigen zu. Dann machte er den Mund wieder auf. »Hi«, sagte er, »ich heiße Justin. Ich bin in der sechsten Klasse. Du bist doch der Buddha-Typ, San Lee, stimmt’s?«
    Ich sah ihn nur an.
    Â»Ich erkenn das an deinen Schuhen. Du bist der mit dem Dreier, nicht? Oh, Mann, alle im Bus haben davon geredet. Sie haben gesagt, du hättest es Peter Jones wirklich gegeben. Das muss der Wahnsinn gewesen sein.« Er schwieg einen Moment. Dann fragte er: »Hattest du keine Angst, ihn zu schlagen?«
    Ich sah ihn immer noch an.
    Â»Manchmal geh ich nach der Schule zum Basketballspielen ins Jugendzentrum. Und letztes Jahr, als Peter in der Siebten war, wurde das Basketballteam fertiggemacht. Peter hat sieben seiner letzten acht Würfe danebengeschossen. Am nächsten Tag lachte ihn ein Achtklässler aus und …« Justin schüttelte sich. »Oh, Mann, ich red nicht gern darüber. Ich möchte noch nicht mal daran denken .« Er schwieg lange, bevor er weitersprach. »Ich muss aber sagen, die Hausmeister vom Jugendzentrum haben hinterher alles ordentlich aufgewischt.«
    Hervorragend. Der Kleine konnte einem echt Mut machen. Mir wurde schwindlig. Höchste Zeit für einen Themenwechsel. »Hey, Justin, du hast gesagt, dass du nicht heimgehen kannst. Warum?«
    Er starrte so lange auf das Wasser, dass ich dachte, die Zweige würden sich vollsaugen und sinken, bevor er antwortete. »Du musst aber versprechen, dass du es nicht weitersagst, okay?«
    Oje. Hatte dieser Kleine vielleicht Eltern, die ihn misshandelten? Oder hatten sie ein Drogenproblem? Ich konnte nicht versprechen, nichts weiterzusagen, wenn Justin in Gefahr wäre. Andererseits war er vielleicht zum ersten Mal bereit, darüber zu reden.
    Lieber Gott!
    Ich sagte nichts, aber Justin legte schon los mit seiner Beichte: »Ich habe eine große Schwester. Sie ist auf der Highschool. Und sie hat einen Freund. Er kommt nach der Schule manchmal vorbei. Und dann schmeißen sie mich raus. Für ’ne Stunde. Ich hab den kleinen Timer an meiner Uhr eingestellt. Siehst du?« Er hielt mir seine Armbanduhr hin. »Und wenn ich jemals früher nach Hause komme, hat meine Schwester gesagt, reißt sie mir die Leber mit einer Gabel aus dem Leib und serviert sie mir zum Essen.«
    Nette Familie.
    Â»Deshalb bist du also hier«, sagte ich.
    Â»Deshalb bin ich hier.«
    Wir beobachteten die Zweige noch eine Weile, und ich gab mir Mühe, nicht über Justins Probleme zu kichern.
    Dann sagte er: »Mich stört auch noch was anderes. Was Schlimmeres als das Erste.«
    Ich versuchte weiter ernst zu bleiben. »Erzähl!«
    Â»Also, in meiner Klasse ist ein Mädchen. Sie heißt Amber. Ich glaube, sie mag mich, bin aber nicht sicher. Manchmal tut sie nämlich so, als ob sie mich hasst. Und ab und zu so, als ob sie jemand anderes mag. Aber manchmal flirtet sie auch mit mir. Neulich hat sie, glaub ich, beim Schlangestehen in der Mittagspause absichtlich meine Schulter berührt und leise ›Ich hab ein Geheimnis, ich hab ein Geheimnis‹ gesungen. Aber in der nächsten Mathestunde hat sie mir ein tic tac an den Kopf geworfen.«
    Justin schaute mich an. Ich schaute die Zweige an.
    Â»Und?«, fragte er.
    Â»Und was?«
    Â»Mag sie mich oder nicht?«
    Â»Woher soll ich das wissen?«
    Â»Du bist der Zen-Typ! Alle sagen, du hast Weisheit und so ’n Zeug. Das kann doch nicht so schwer für dich sein!«
    Â»Du würdest dich wundern. Mädchen sind kompliziert.«
    Â»Sogar bei dir?«
    Â»Sogar bei mir.«
    Â»Wow.« Voller Ehrfurcht sah er mich an. »Und was soll ich

Weitere Kostenlose Bücher