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Buddhas kleiner Finger

Buddhas kleiner Finger

Titel: Buddhas kleiner Finger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Pelewin
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bezahlt hätte, kaum daß das Wort Neuplatonismus in die Stille der Nacht geplatzt wäre. Zumindest gab es eine Reihe von Anzeichen, die einen solchen Lauf der Dinge hätten erwarten lassen.
    Da war vor allem der unweit des Feuers geparkte teure japanische Amphibien-Jeep der Marke »Harbour Pearl«. Ferner die riesige, an seinem Bug befindliche Seilwinde – ein Gegenstand ohne jeden praktischen Nutzen und nichtsdestoweniger auf Gangsterschlitten des öfteren zu finden. (Manche mit der Erforschung der »neuen Russen« befaßte Anthropologen sind der Auffassung, daß derlei Winden als Rammsporn Verwendung finden, andere sehen im gehäuften Vorkommen solcher Aufbauten gar einen indirekten Beweis für die langerhoffte Renaissance des russischen Nationalcharakters   ihrer Ansicht nach erfüllen die Winden die mystische Funktion von Galionsfiguren, wie sie einstmals die Fregatten der alten Slawen zierten.) Man sah also, daß die mit dem Jeep eingetroffenen Männer etwas in die Waagschale zu werfen hatten. Da überlegte man es sich gut, ehe man ein überflüssiges Wort äußerte.
    Die Männer waren in ein leises Gespräch vertieft.
    »Wieviel davon muß man einwerfen, Wolodin?« fragte einer.
    »Je nachdem«, erwiderte Wolodin, der ein Bündel auf den Knien hielt und auswickelte. »Ich zum Beispiel eß schon an die hundert aufs Mal. Dir rat ich, bei dreißig einzusteigen.«
    »Das soll langen?«
    »Das langt dick, mein lieber Schurik«, sagte Wolodin und war schon dabei, den Inhalt des Bündels, einen kleinen Berg trockener, mürber Materie, in drei ungleiche Häufchen zu teilen. »Genug, damit du vor lauter Bäumen durch den Wald rennst und nicht weißt, wo dich verstecken. Du genauso, Kolja.«
    »Ich?« fragte der dritte mit tiefer Stimme. »Vor wem soll ich wegrennen, sagst du?«
    »Vor dir selber, Kolja. Nur vor dir selber.«
    »Ich bin in meinem Leben noch nie weggerannt«, sagte Kolja, während er seine Portion entgegennahm – sie paßte in die hohle Hand, die dabei aussah wie die Schaufel eines Spielzeugbaggers. »Gib acht, was du sagst. Ich vor mir selber wegrennen? Wie soll das gehen?«
    »Das ließe sich nur an einem Beispiel erklären«, sagte Wolodin.
    »Dann erklär's mir an einem Beispiel.«
    Wolodin dachte kurz nach.
    »Na, stell dir vor, zu dir ins Office kommt irgend so ein Stinker, fächert auf Gangsterart mit den Fingern vor dir rum und meint, du solltest mit ihm halbe-halbe machen. Was tust du?«
    »Ich hau ihn weg«, sagte Kolja.
    »Ach so? Gleich im Office haust du ihn weg?«
    »Daß er nicht mehr zuckt. Vor mir fächert keiner ungestraft rum.«
    Schurik klopfte Kolja auf die Schulter, drehte sich dann zu Wolodin um und sagte begütigend:
    »Nicht im Office natürlich. Ein kleines Scharmützel wird anberaumt.«
    »Gut«, sagte Wolodin. »Ein kleines Scharmützel also. Und weiter? Kolja soll sagen.«
    »Na wie«, ließ Kolja hören. »Wir fahren da halt hin. Wenn der Dämlack auftaucht, sag ich, na was, Alter, spuck aus. Der fängt zu labern an, ich wart ein Minütchen, dann nick ich einmal kurz und putz ihn weg. Danach die anderen.«
    Er sah auf das Häuflein schwarzes Gebrösel in seiner Hand und fragte:
    »Wie jetzt? Einfach so runterschlucken?«
    »Erst kauen«, sagte Wolodin.
    Kolja beförderte, was er in der Hand hatte, in den Mund.
    »Riecht nach Pilzsuppe«, teilte er mit.
    »Schluck's runter«, sagte Schurik. »Ich hab schon. Schmeckt nicht übel.«
    »Du putzt ihn also weg«, sinnierte Wolodin. »Und wenn die euch selber auflaufen lassen?«
    Kolja brauchte einige Sekunden, um zu überlegen, saß da mit mahlenden Kiefern; dann schluckte er und sagte überzeugt:
    »Tun die nicht.«
    »Na schön«, sagte Wolodin, »wie tätst du ihn denn umlegen: gleich im Auto, aus der Entfernung, oder läßt du ihn erst rauskommen?«
    »Ich laß ihn raus. Im Auto killen, das tun Hosenscheißer. Außerdem gibt's Löcher, Blut und so. Wozu die schöne Hütte versauen. Die coolste Variante wäre, wenn er auf unser Auto zugelaufen käme.«
    »Gut. Nehmen wir die coolste Variante. Stell dir vor, er steigt aus seinem Auto aus, kommt rüber zu deinem, du willst ihn grad wegputzen und siehst …«
    Wolodin machte eine Kunstpause.
    »Du siehst, das ist gar nicht er, das bist du! Und da sollst du jetzt draufhalten. Sag mal, fliegt einem da nicht das Blech weg?«
    »Aber hallo.«
    »Wenn's so weit kommt, verkühlt man sich doch lieber nicht den Arsch und schiebt ab – wär doch erlaubt, oder nicht?«
    »Wär erlaubt,

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