Buddhas kleiner Finger
Rußland von ehemaligen Kommunisten errichtet wird. Groß geworden mit der sowjetischen Propaganda, haben sie im Kapitalismus immer das Reich des absolut Bösen, der totalen Ausplünderung und Entmenschlichung gesehen. Und als von oben der Befehl kam, den Kapitalismus aufzubauen, bauten die Kommunisten ihn so, wie sie ihn verstanden, nach dem einzigen Modell, das sie kannten – nämlich so, wie er von den Karikaturisten in der sowjetischen Presse allzeit an die Wand gemalt worden war. Und ganz nach dem alten Schnittmuster geht man davon aus, daß heutige Generationen irgendwie und einigermaßen zurechtkommen müssen, damit dereinst die Kinder und Kindeskinder im Kapitalismus leben mögen – so wie weiland im Kommunismus. Der Ismus ist ein anderer, das ist alles. Die Logik der Erbauer ist die alte geblieben – es ist die Logik der »Internationale«, mit einem Minuszeichen versehen:
Reinen Tisch macht mit den Bedrängern! Heer der Sklaven, wache auf! Ein Nichts zu sein – trag es nicht länger! Alles zu werden strömt zuhauf!
So also kommt es, daß der frühzeitliche Mythos vom Feldkommandeur sich am Leben erhalten hat – nur daß letzterer nicht mehr in der Tatschanka durch die Steppe fegt, sondern mit dem 600er Mercedes durchstartet: von der Bank geradewegs ins Nirwana.
Paris, 1998
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