buen caminoooo!!! (Ein launiger Reisebericht) (German Edition)
scheint in Brasilien anders zu sein.
Nájera ist zunächst einmal kein malerischer Ort, da man ihn durch ein unschönes Gewerbegebiet erreicht. In der kleinen Altstadt von Nájera angekommen, will jeder gleich in seine Unterkunft; wir verabreden uns für den Abend. Ich habe ein kleines Hostal gebucht. Absolut ohne Luxus, in einer ärmlich aussehenden Ecke des Ortes. Das Personal ist supernett. Einchecken, Stempel in den Credencial, anschließend zeigt mir ein älterer Herr den Weg zu meinem Zimmer im zweiten Stock. Er erklärt mir auf Spanisch jeden Lichtschalter im Flur: wo er ist und wie man ihn drücken müsse. Die Technik ist überall gleich, aber man kann ja nicht wissen, ob der große, weiße Fremde spanische Lichtschalter überhaupt kennt.
Ich verfolge die Belehrungen mit großem Interesse. Ist schon eine coole Erfindung, so ein Lichtschalter!
Duschen, umziehen und ab in die City bzw. Ortsmitte, die am Nachmittag ausgesprochen tot ist. In der Nähe der großen Brücke über den Rio Najerilla sitzen Laurenzo, William, Penny, Paul und weitere Pilger, die ich seit Pamplona kennengelernt habe. Der schöne, langgezogene Platz säumt das Ufer des Flusses. Im Hintergrund plätschert das Wasser. Laurenzo hockt etwas abseits, neben ihm ist noch ein Platz frei; ich setze mich zu ihm.
Heute scheint er nicht besonders gut drauf zu sein. Die Ursache drängt er mir auf : Laurenzo hat Liebeskummer. Aha! Etwas Wein hat er auch schon getrunken, seine Zunge ist so gelöst, wie noch nie.
Nach dem heutigen anstrengenden Tag bin ich aber nicht unbedingt der beste Ansprechpartner für Liebeskummer! Ich war mehr auf amüsante oder wenigstens entspannte Unterhaltung eingestellt.
In diversen Details schildert mir Laurenzo das vergangene Jahr, in dem er, seiner Ansicht nach, um seine Holde geworben hat.
Mir erschließt sich allerdings nicht, wie oder wann er der Holden seine Gefühle mitgeteilt hat.
Getroffen haben sich die beiden nur einmal. Danach gab es nur Mails und SMS, deren Inhalt eher allgemeiner Natur gewesen sein muss, etwa „… gehe heute mit irgendwem essen …“, „… treffe mich mit irgendwem …“. Sein Englisch ist in den letzten Tagen zwar besser geworden, lässt aber noch immer Spielraum für Interpretationen.
Konkret frage ich nach einiger Zeit: „Hast du ihr mal gesagt oder geschrieben, dass du sie liebst?“
Nein! Er erzählt weiter, dass der Zeitpunkt nie der richtige gewesen sei und, und, und ...
Nach einer halben Stunde mag ich nicht mehr. Gerne hätte ich die Unterhaltung wie folgt beendet: „Laurenzo, danke, dass du mir dein Herz geöffnet und mich hast hineinblicken lassen! Auch ich möchte dir aus tiefstem Herzen etwas mitteilen: Laurenzo, du bist ein Vollpfosten! Entweder sagst du der Dame, was du willst, oder findest dich damit ab, dass die Sache nichts wird!“ Natürlich äußert man das so nicht, auch lässt mein Englisch für Laurenzo sicherlich Spielraum für Interpretationen. Somit fasse ich die gleiche Aussage in freundliche Worte. Ich entschuldige mich, dass ich ihn jetzt verlassen muss, verabschiede mich und begebe mich zu den anderen in die Runde.
Laurenzo lächelt und lässt mich ziehen.
Die Gespräche der anderen drehen sich hauptsächlich um Blasen an den Füßen, andere Gebrechen, das Essen hier und da sowie das Leben auf dem Camino überhaupt.
Obwohl ich nur 20 km gelaufen bin, fühle ich mich ziemlich kaputt.
Nach einer halben Stunde kommt Christoph über die Brücke; im Vergleich zu ihm bin ich das blühende Leben. Der Junge sieht nun wirklich fertig aus. Die Treppe zu uns runter geht er, als hätte er gerade eine Hüft-OP hinter sich. Oder um es mit Daniels Worten zu sagen, ich zitiere: „Christoph bewegt sich wie ein Roboter, als wäre er 365 Tage in einem Stück gelaufen. Seine Arme und Beine bewegen sich in einer geraden Linie. Eine flüssige Bewegung ist nicht mehr zu erkennen.“
Christoph ist heute ca. 30 km gewandert. Nachdem sich unsere Wege getrennt hatten, erzählt er, ging es zunächst noch gut. Die Erschöpfung habe ihn plötzlich ca. 2 km vor Nájera überwältigt, und dann seien 2 km wirklich lang. Er bestellt sich einen halben Liter Bier, wegen der Elektrolyte, trinkt dieses zügig aus und geht zu seiner Pension, wo in seinem Zimmer schon Anna schläft. Christoph hatte ihr die Hälfte von seinem Doppelbett angeboten, was Anna dankend angenommen hat. Irgendwie schafft Christoph es immer wieder, dass Frauen mit ihm das Zimmer teilen.
Ist mir nie
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