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Buerger, ohne Arbeit

Titel: Buerger, ohne Arbeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Engler
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|273| Ressourcen gebieten Sparsamkeit und Ehrlichkeit, allseitigen Respekt für den Ort, an dem allein sie sich erneuern, mit anderen
     Worten: Was für die Wirtschaft gut ist, ist auch gut für die Nation, für jeden einzelnen! Schluß mit der Subventionierung
     des Lebens; was Förderung verdient, ist der Gewerbefleiß! Nur geht das leider meistens schief. Unter globalisierten Marktverhältnissen
     erreicht die steuerliche Begünstigung von Schlüsselunternehmen und -industrien immer häufiger das Gegenteil des Intendierten;
     statt sie langfristig an die eigene Nation zu binden, erleichtert sie deren Ausgliederung aus dem politischen Verband. 291 – Die »Wanderung« einer deutschen Firma als Beispiel zur Verdeutlichung. 292 Das Unternehmen, ein großer Schuhfabrikant, investierte in den frühen neunziger Jahren in Portugal, in einer wirtschaftlich
     schwach entwickelten Region. Die Europäische Union belohnte diese Risikobereitschaft mit drei Millionen Euro. Das Gastland,
     glücklich über die zu erwartenden Arbeitsplätze, verzichtete förmlich auf die Erhebung von Steuern. Damit nicht genug, richtete
     es den Produktionsstandort auf Kosten von Region und Gemeinde schlüsselfertig her; selbst die Abfallentsorgung geschah zu
     Lasten des Wirtes. Im Gegenzug verpflichtete sich das Unternehmen zu einer zwanzigjährigen Bindung an den Standort, ohne sich
     dabei jedoch auf Regreßansprüche im Fall des Zuwiderhandelns einzulassen. Nach nur zehn Jahren endete die Fabrikation, wanderten
     die Anlagen weiter, nach Rumänien. Nebst der Lohndifferenz gaben bindende Zusagen des neuen Standorts, die dem gänzlichen
     Verzicht auf allfällige Forderungen nahekamen, bei der Entscheidung den Ausschlag.
    Der Einzelfall gestattet eine Teileinsicht in die Ursachen der Staatsverschuldung, der Vergeudung öffentlicher Mittel, des
     Ausbleibens verläßlicher Steuereinnahmen. Er demonstriert des weiteren das Unzureichende, oftmals direkt Selbstzerstörerische
     rein nationaler Antworten auf die Globalisierung. Wer sich der Standortlogik unterwirft, tauscht soziale Garantien gegen unverbindliche
     Versprechungen ein. |274| Alsbald könnte sich dieses Drama auf der europäischen
    Bühne wiederholen. Öffentliche Mittel flössen im Rahmen eines kontinentalen Entwicklungsprogramms aus den reicheren Nationen
     in die ärmeren, und zwar nicht, wie deklariert, zu Investitionszwecken, sondern um BESTEHENDE Arbeitsverhältnisse aus den
     Geberländern herauszukaufen. Der französische, österreichische oder deutsche Steuerzahler würde dann unmittelbar zur Finanzierung
     heimischer Arbeitslosigkeit herangezogen! Der »Bienenstaat« unserer Tage folgt dem umgekehrten Motto Mandevilles:
public vices, private benefits.
293 Die ökonomischen Ressourcen von Wohlstand und Teilhabe gehen auf Reisen, so oder so, und es hat nicht den Anschein, als VERMEHRE
     sich das Glück der Menschheit auf diesem Weg.
    4. Wirklich nicht? Kapital wandert ins Ausland ab, von dort in ein noch ferneres Ausland, aber es geht doch nicht verloren!
     Was ein Land verliert, kommt einem anderen zugute, versorgt dort lebende Menschen mit Arbeit, schafft Inseln (post-)industriellen
     Fortschritts, die sich dereinst vielleicht zum Kontinent verbinden. Kapitalstock, Beschäftigungsgüte und -dichte in den wirtschaftlich
     fortgeschrittenen Nationen erleiden Einbußen, aber genau das verbuchen ärmere Staaten als Gewinn, als hochwillkommene Aufholchance.
     Die optimistische Sicht auf den Gesamtprozeß zeigt eine ebenso notwendige wie wünschenswerte Ausgleichsbewegung, spricht zugunsten
     des Erhaltungssatzes ökonomischer »Energie«.
    Prognosen für die Vereinigten Staaten erwarten bis zum Jahr 2015 die Auslagerung von mehr als drei Millionen Arbeitsplätzen,
     vornehmlich im Dienstleistungssektor, darunter in wachsendem Maße hochqualifizierte Stellen. Europa muß in den kommenden Jahren
     allein bei den großen Finanzdienstleistern mit dem Abbau und dem gleichzeitigen Transfer von 700   000 Beschäftigungsverhältnissen rechnen. – Indien ist der Ankunftsort vieler dieser Stellen. Der Überschuß gut ausgebildeter
     Menschen, die deutlich geringeren Lohnkosten, |275| der Sprachvorteil (fließende Beherrschung des Englischen), die niedrigsten Telefongebühren der Welt (ein wahres Paradies für
     Call-Center), bescherten dem Land schon in den zurückliegenden Jahren einen erstaunlichen Entwicklungsschub. Einheimische
     Unternehmen klinkten sich in den Aufschwung ein und

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