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Buerger, ohne Arbeit

Titel: Buerger, ohne Arbeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Engler
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nach Hauptsparten gegliedert, diese Bilanz 371 :
    Landwirtschaft    
22 Prozent
Industrie
70 Prozent
Dienstleistung
104 Prozent
Staatssektor
158 Prozent
    Die Reduktion des Arbeitsaufkommens in der Landwirtschaft auf gut ein Fünftel des Ausgangswerts deckt sich der Tendenz nach
     mit dem Abschwung der Beschäftigtenquote, die von 14 auf 3,4 Prozent, auf rund ein Viertel, also relativ verlangsamt fiel.
     Anders gesagt: Die in der Landwirtschaft investierte Arbeitszeit schrumpfte noch schneller als der Anteil der dort Beschäftigten,
     gemessen an der Gesamtzahl der Erwerbspersonen. Im selben Zeitraum schwollen die Überschüsse der Agrarproduktion auf ein Vielfaches
     der früheren an. Mit noch größerer Geschwindigkeit als sie zahlenmäßig an Gewicht verlor, sparte die aktive Landbevölkerung
     Arbeitszeit ein und produzierte dennoch in den Himmel ragende Berge an Lebensmitteln.
    Nicht anders bei der Industrie. Der Rückgang des Arbeitsvolumens um ein knappes Drittel übertrifft den der Beschäftigungsquote
     deutlich. Sie fiel von 47 auf 39,3 Prozent, das heißt um weniger als ein Zehntel. Während dieser vier Jahrzehnte wuchs die
     Bevölkerung stets weniger aus eigenen und stets mehr aus zugewanderten Beständen, wuchs gleichfalls die Zahl der Erwerbstätigen
     in der Industrie, nur langsamer als im tertiären Sektor, so daß sie relativ zurückging. Was auch hier noch schneller abnahm,
     bei parallelem Triumphzug auf dem Weltmarkt, war die dazu erforderliche Arbeitsmenge. Bezieht man in die Betrachtung ein,
     daß die Menschen zu Beginn der 1990er Jahre in der Regel später ins Erwerbsleben eintraten, früher aus ihm ausschieden als
     vier Jahrzehnte zuvor, nimmt sich der Produktivitätsfortschritt noch beeindruckender aus.
    |320| 8. Bescheiden dagegen, kläglich die Fortschritte des Dienstleistungssektors. Zwar: Die relative Beschäftigung stieg von 39,1
     auf 57,4 Prozent und damit auf zunächst imponierende Weise um mehr als 40 Prozent. Doch nur ein kleiner Bruchteil dieses Wertes
     schlug im kommerziellen Teilbezirk zu Buche und machte dort mehr Arbeit flüssig. Die postindustrielle Gesellschaft bewies
     ihre »Arbeitswirksamkeit« in Deutschland bislang vornehmlich dadurch, daß sie in den Staatsdienst trat, Steuergelder konsumierte
     statt Werte produzierte; die deutsche Variante der »Konsumgesellschaft«. Die Klage darüber will nicht aufhören, und was an
     ihr berechtigt ist, wird noch zu prüfen sein. Um bereits im Vorfeld dieser Diskussion den Eindruck zu zerstreuen, Deutschland
     habe sich säumig von einer Entwicklung abgekoppelt, die das alte Versprechen der Lohnarbeitsgesellschaft, Vollbeschäftigung,
     auf neuer Grundlage bekräftigt, mögen noch ein paar Zahlen sprechen. 372 Sämtliche wirtschaftlich fortgeschrittenen Nationen verzeichnen im bisherigen Vergleichszeitraum einen zum Teil kräftigen
     Anstieg sowohl der potentiellen als auch der effektiven Arbeitsbevölkerung, der Erwerbspersonen und der Erwerbstätigen. Ungebrochen
     auch ein zweiter Trend: die Zahl der Erwerbspersonen stieg stärker als die der Erwerbstätigen, ergo: Das Kontingent der Arbeitslosen
     dehnte sich schneller aus als der Umfang der bezahlten Lohnarbeit; in nochmals anderer Formulierung: Selbst im Zustand anhaltender
     Expansion reicht der Schatten, den die Arbeitsgesellschaft wirft, weiter als das Licht, das sie verströmt. 373
    Betrug die Arbeitslosenrate in den Metropolen des industriellen Fortschritts 1960 durchschnittlich 3 Prozent, so oszillierte
     sie Anfang der 1990er Jahre um einen Mittelwert von 8 Prozent. Bezogen auf alle OECD-Staaten 374 kletterte die Zahl der Arbeitslosen allein von 1970 bis 1989 von zehn auf fünfundzwanzig Millionen. Dabei lief die langfristige
     Arbeitslosigkeit der fluktuierenden, die kommt und wieder geht, unerbittlich den Rang ab.
    |321| In einer Epoche revolutionären wirtschaftlichen Umbruchs konnte das auch gar nicht anders sein. Daß der Herstellungssektor
     seinen Anteil am nationalen Bruttoprodukt bei sinkender relativer Beschäftigungsquote und rasantem Aufschwung der Dienstleistungsökonomie
     während der zurückliegenden Jahrzehnte in etwa behaupten konnte, wurde schon erwähnt. Das gelang, weil die Effizienz der Arbeit
     einen wahren Quantensprung vollzog, besonders in Deutschland und Japan. In etwas mehr als einem Jahrzehnt, von 1978 bis 1990,
     verdoppelte sich die Wertschöpfung pro Beschäftigten, halbierte sich – umgekehrt – die zur Produktion einer

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