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Buerger, ohne Arbeit

Titel: Buerger, ohne Arbeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Engler
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lauter kleinen
clustern
, durch den das Nichts hindurchscheint, in der Fläche politisch aufgegeben, dem großen Investor ein arges Wagnis, dem Spekulanten
     ein Zubrot, das der eilig verschlingt –, so blamiert der Osten Deutschlands die Vollbeschäftigungsphantasten jedweder Geistesrichtung.
     Das ökonomisch gescheiterte Experiment verführt nun seinerseits die Phantasie zum Spekulieren, zum Übermut aus Überdruß am
     Einheitsdenken.
    § 42 Ein Gedankenexperiment
    1. Gesetzt, der Mensch hätte sich restlos von unmittelbarer Arbeit emanzipiert, Produktion und Wertschöpfung gingen ohne ihn
     vonstatten; was dann? Dann hätte sich der Traum des Einzelunternehmers – geringstmögliche Lohnkosten, größtmöglicher Absatz 393 – als Alptraum der Unternehmerklasse verwirklicht. Die in Lohn ausgelegte Kapitalsumme betrüge Null, die durch Erwerbsarbeit
     erworbenen Ansprüche auf Anteile an der erzeugten Warenmasse beliefen sich ebenfalls auf Null. Die naheliegende Ausflucht,
     Produktion |335| und Absatz seien räumlich und zeitlich entflochten, produziert würde hier und jetzt, verkauft an anderem Ort und später, verfängt
     nicht, denn was für einen Standort gilt, das gilt, in dem Gedankenspiel, für alle. Um eilfertigen Einwänden für einen Wimpernschlag
     den Boden zu entziehen, sei, noch weiter übertreibend, angenommen, es existiere ein soziales Paralleluniversum, das seine
     überschüssigen Kapazitäten in unser System einspeist, die Erdenbürger mit allem Notwendigen und Annehmlichen versorgt. Dann
     lösten sich sämtliche Dissonanzen auf. Der materielle Lebensgrund läge außerhalb des gesellschaftlichen Lebensprozesses, ökonomische
     Kategorien ragten nicht länger in die soziale Erfahrung hinein; alle hätten von allem genug, auch ohne eigene Mühe, und niemand
     konstruierte anderen einen Vorwurf aus der unverdienten materiellen Wohlfahrt.
    Allfällig fortbestehenden Fragen, die Paradiestauglichkeit des Menschen betreffend, dürfen wir uns getrost entziehen.
Big Spender
lebt allein in Träumen vom Schlaraffenland. Die Realitäten wieder aufzurufen, genügt es vollauf, das Faszinosum der
unmanned factory
gedanklich auszureizen. Vorausgesetzt also, der produktive Apparat käme ohne Handlanger aus, selbst ohne nennenswertes Überwachungspersonal.
     Dann müßte er noch immer mit Rohstoffen beliefert, mit Energie versorgt, gewartet, in Teilen oder ganzen Modulen periodisch
     erneuert werden. Das Endprodukt müßte die Verbraucher erreichen, die ihrerseits nicht nur essen und sich kleiden, sondern
     auch wohnen und sich fortbewegen wollen; all das schließt Arbeit ein. Mag vielen der Tag gleichwohl lang und daher die Praxis
     zur Gewohnheit werden, sich wechselseitig Dienste zu erweisen, Genüsse zu verschaffen, die sie vordem kauften; der Inanspruchnahme
     von kommerziellen Dienstleistungen und Spezialisten durchgehend zu entraten scheint ausgeschlossen. Bleibt folglich ein weiter
     einzuschränkender, aber niemals aufzuhebender Aufwand an elementaren Überlebenstätigkeiten, kollektiven Kraftanstrengungen,
     an Arbeit. Gegen den heutigen nähme er sich geringfügig |336| aus, und eine künftige Menschheit, die darin fortführe, die individuelle Arbeitszeit als ehernes Maß des persönlichen Zugriffs
     auf den gemeinschaftlich erzeugten Reichtum festzusetzen, beginge die ärgste Donquichotterie seit Anbeginn der Welt. Statt
     den produktiven Apparat von den Fesseln des Tauschwerts zu befreien, schnürte sie ihn ängstlich darin ein.
    2. »Es ist nicht mehr der Arbeiter, der modifizierten Naturgegenstand als Mittelglied zwischen das Objekt und sich einschiebt;
     sondern den Naturprozeß, den er in einen industriellen umwandelt, schiebt er zwischen sich und die unorganische Natur, deren
     er sich bemeistert … In dieser Umwandlung ist es weder die unmittelbare Arbeit, die der Mensch selbst verrichtet, noch die
     Zeit, die er arbeitet, sondern die Aneignung seiner eignen allgemeinen Produktivkraft, sein Verständnis der Natur und die
     Beherrschung derselben durch sein Dasein als Gesellschaftskörper – in einem Wort die Entwicklung des gesellschaftlichen Individuums,
     die als der große Grundpfeiler der Produktion und des Reichtums erscheint … Sobald die Arbeit in unmittelbarer Form aufgehört
     hat, die große Quelle des Reichtums zu sein, hört und muß aufhören die Arbeitszeit das Maß zu sein und daher der Tauschwert
     [ das Maß] des Gebrauchswerts. Die SURPLUSARBEIT DER MASSE hat aufgehört

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