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Buerger, ohne Arbeit

Titel: Buerger, ohne Arbeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Engler
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mehr« 108 ), dann hoffte sie vergebens. Aus dieser Verlegenheit fand sie nicht heraus, und nach eingetretener Ernüchterung über die
     Heilkräfte der Dienstleistungsgesellschaft schloß sich auch der letzte Notausgang. Daß der Dienstleistungssektor die Verluste
     kompensieren oder überkompensieren könnte, die der agrarische und industrielle Rationalisierungsprozeß der »guten« Arbeit
     eingetragen hatte: reine Illusion 109 ; die Rückkehr zu den Wachstumsraten nach dem Zweiten Weltkrieg, zur Formel Wachstum = Beschäftigung: ausgeschlossen 110 ; ein weiterer Ausbau des Wohlfahrtsstaates, des öffentlichen Dienstes: realitätsblinder Traum 111 .
Fin de partie
aller Ausflüchte und Täuschungsmanöver (§ 40.6).
    |122|
§ 15 Grundeinkommen: Variationen eines Themas
    1. Taufen sind die angemessene Antwort auf Beerdigungen. Die soziologische Diagnose vom zerbröselnden Fundament der Arbeitsgesellschaft
     stieß umgehend Debatten an, die Lösungen der Krise im Detail erwogen. Sie hielten sich mit Polemik gegen die Priester des
     Arbeitsglaubens nicht weiter auf, anerkannten das »Bürgergeld« als neuen Grund der Existenz 112 und wandten sich sogleich konkreten Fragen zu, Form, Verteilungsart und Höhe der Grundsicherung betreffend. Bald stellte
     sich heraus, daß vermeintliche Formfragen mit grundlegenden Alternativen zur Arbeitsgesellschaft zusammenhingen. So scheint
     es aus der Perspektive potentieller Empfänger zunächst ganz gleichgültig, ob das Bürgergeld als negative Einkommenssteuer
     oder als Sozialdividende konzipiert und ausgereicht wird. Jene verfährt einkommensabhängig, nach folgender Regel: Bei einem
     Arbeitseinkommen von Null wird der vereinbarte Mindestsatz gewährt (sage 400 Euro.) Die Höhe der staatlichen Zahlungen nimmt
     mit zunehmendem Arbeitseinkommen kontinuierlich ab. Jenseits einer bestimmten, gegebenenfalls neu zu fixierenden Schwelle,
     auf der es weder Zuwendungen noch Abzüge gibt, fallen positive Steuern an, aus denen die Kompensationen für geringer oder
     gar nichts Verdienende bestritten werden (Abb. 1). Anders bei der Sozialdividende. Hier erhält jede erwachsene Person monatlich
     einen gewissen Betrag (sage wieder 400 Euro) vom Finanzamt überwiesen. Wer auf keine weiteren Einkünfte verweisen kann, behält
     das Fixum. In allen anderen Fällen entscheidet die Höhe des Einkommens (sowie der positive Steuersatz) darüber, ob man weniger,
     genau soviel oder mehr Steuern entrichtet, als man zunächst an Grundeinkommen bezog. Das Fixum geht ins Einkommen ein, treibt
     es in die Steuerprogression und erzeugt sich dadurch gleichsam selbst (Abb. 2).
    |123|
    Abb. 1:
Negative Einkommensteuer
    Arbeitseinkommen, negative Steuer, positive Steuer und verfügbares Einkommen im Falle eines Mindesteinkommens von DM 800,
     eines negativen Steuersatzes von 50 % und eines positiven Steuersatzes von 50 %.
    Quelle: Klaus-Uwe Gerhardt, Arnd Weber: Garantiertes Mindesteinkommen. Für einen libertären Umgang mit der Krise. In Befreiung
     von falscher Arbeit, S. 34, 35
    |124|
    Abb. 2: Sozialdividende
    Arbeitseinkommen, Sozialdividende, positive Steuer und verfügbares Einkommen im Falle einer Sozialdividende von DM 800 und
     eines positiven Steuersatzes von 50 %.
    |125| Beide Varianten sehen materielle Grundsicherung für alle in derselben Höhe vor. Beide wahren das ökonomische »Abstandsgebot«:
     wer im Erwerbsleben steht, sich Lohn oder Gehalt erarbeitet, realisiert höhere Bezüge als nur die existenzsichernden; dem
     Anreiz, Arbeit aufzunehmen, wird Rechnung getragen. Beide stehen vor dem Problem, Nichterwerbseinkommen aller Art bis hin
     zu Renten und Pensionen auf gerechte Weise in die Rechnung einzubeziehen. Beide Systeme sind der Sozialhilfe offenkundig überlegen.
     Einmal eingeführt, sind sie einfach und durchsichtig, erheischen sie nur geringen Verwaltungsaufwand. Sie schließen Pressionen
     ebenso aus wie umständliche Kontrollen und erniedrigende Offenbarungseide und senken die Unlust auf beiden Seiten des Umverteilungsgeschehens.
     Welches Modell verdient den Vorzug?
    2. Darüber müssen die Unterschiede entscheiden. Die Einführung der Sozialdividende geht mit einem erheblich größeren Umverteilungsvolumen
     einher als die negative Einkommenssteuer. Mehr noch als das spricht das scheinbar Umständliche, Widersinnige der ganzen Operation
     gegen sie. Warum Geld erst staatlich ausreichen, um es dann, gestaffelt, wieder ab- und einzuziehen; warum Menschen mit einem
    

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