Buerokrankheiten

schnell und zieht sich für vier Tage zu einer Sonderklausurtagung nach Budapest zurück.
    16 : 12 Uhr: Die Financial Times berichtet in einer mit Zitaten vom firmeninternen Schwarzen Brett gespickten Ad-hoc-Meldung über angebliche Schwierigkeiten im Unternehmen. Die Meldung endet mit den Worten: »Der Betriebsrat war bislang für keine Stellungnahme zu erreichen.« Die Märkte reagieren sofort.
    16 : 27 Uhr: Angeblich bereiten mehrere Konkurrenten aufgrund des immer weiter fallenden Aktienkurses bereits eine feindliche Übernahme vor. Während sich der Vorstand zu einer außerordentlichen Krisensitzung trifft, übt sich die Unternehmenskommunikation in medialer Schadensbegrenzung. Die Lage ist ernst, die Stimmung angespannt.
    16 : 39 Uhr: Der Erkrankte schnappt sich seinen Mitarbeiterausweis und entschwindet in den Feierabend. Auf dem Weg nach draußen funktioniert die Personenvereinzelungsanlage tadellos. Vielleicht war das mit der bösen Vorahnung am Morgen ja doch nur alles Einbildung …
    Verwandte Krankheiten:
    Problemie
    Behandlungsmöglichkeit:
    Positiv denken!
    [Krankheitsverzeichnis]
    Peter-Plage
    (gr. incompetentia mega)
    Beschreibung:
    Vom kanadisch- US -amerikanischen Lehrer und Universitätsprofessor Laurence J. Peter formuliertes Phänomen, gemäß dem jeder Beschäftigte in einer ausreichend komplexen Hierarchie dazu neigt, »bis zu seiner Stufe der Unfähigkeit aufzusteigen«.
    Symptome:
    Bei der Peter-Plage handelt es sich nicht um ein individuelles Büroleiden im klassischen Sinn, vielmehr liegt hier gleich eine ausgewachsene Organisationskrankheit vor.
    Nach einer gewissen Zeit wird demnach jede Position von einem Mitarbeiter besetzt, der unfähig ist, seine Aufgaben zu erledigen, weil er mit ihnen maßlos überfordert ist. Die eigentliche Arbeit bleibt unterdessen an denjenigen Kollegen hängen, die ihre Stufe der Inkompetenz noch nicht erreicht haben – wobei die Betonung auf »noch« liegt.
    Die berechtigte Frage, ob auch das Unternehmen, in dem Sie beschäftigt sind, von der Peter-Plage betroffen ist, lässt sich mit einem eindeutigen »Ja« beantworten. Schließlich war ihr Entdecker ein anerkannter Hochschulprofessor! Einige Kritiker vermuten jedoch, dass er mit dieser Tätigkeit ein wenig überfordert gewesen sein könnte.
    Verwandte Krankheiten:
    Dunning-Kruger-Defekt, Beförderungslethargie, Reorganisie
    Behandlungsmöglichkeit:
    Hierarchielose Organisationsformen, Aufstiegssperre
    [Krankheitsverzeichnis]
    Pfusch
    (lat. dilettantose, engl. workaround)
    Beschreibung:
    Ersetzen bereits bekannter Mängel durch neue Fehler
    Verbreitung:
    Tritt vorwiegend in technisch orientierten Bereichen wie der IT oder dem Gebäudemanagement auf.
    Symptome:
    Sie selbst sehen sich als wahre Meister der Improvisation, in den Augen ihrer Kollegen sind sie jedoch nur dilettantische Stümper. Statt Probleme wie fehlerhafte Softwareinstallationen oder einen Rotstich am Monitor ein für alle Mal konventionell zu beseitigen, legen die Erkrankten bei der vermeintlichen Mängelbehebung einen Einfallsreichtum an den Tag, der es locker mit dem von Steve Wozniak in den Anfangstagen von Apple aufnehmen könnte – mit dem kleinen Unterschied, dass die Dinge bei Wozniak danach meistens so funktionierten, wie sie sollten.
    Die Erkrankten schaffen es hingegen immer wieder, dass sich die Software am Ende gar nicht mehr öffnen lässt oder der rotstichige Monitor plötzlich grünstichig ist. Für sie ist das ursprüngliche Problem damit jedoch eindeutig gelöst. Zudem haben sie mit ihrer »Fachkenntnis« auch noch ordentlich Geld für die Firma gespart. Ein neuer Monitor ist schließlich teuer!
    Diagnose:
    Häufig erkennt man die Erkrankten an Sätzen wie »Da bau ich mal eben einen Patch« oder »Wir basteln einen Workaround«. Zudem tragen sie – neben dem obligatorischen Phasenprüfer in der Hemdtasche – gerne einen Lötkolben sowie Kabelbinder in allen erdenklichen Längen mit sich herum.
    Verwandte Krankheiten:
    Exkulpie, Netzhaut, Technische Legasthenie
    Behandlungsmöglichkeit:
    Jemanden fragen, der sich mit so was auskennt
    [Krankheitsverzeichnis]
    Planungswahn
    (gr. paranoia medeae, alt.-dt. Glaskugelkrankheit)
    Beschreibung:
    Moderne Form der Wahrsagerei
    Verbreitung:
    Tritt oft im internen Rechnungswesen zu Tage.
    Symptome:
    Einst wurden sie als Ketzer unter Berufung auf 3 . Buch Mose 20 , 27 (»Wenn ein Mann oder Weib ein Wahrsager oder Zeichendeuter sein wird, die sollen des Todes sterben«) in