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Buerokrankheiten

Buerokrankheiten

Titel: Buerokrankheiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymund Krauleidis
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öffentlichen Massenprozessen zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt, heute werden sie als sogenannte Controller auf dem Arbeitsmarkt gesucht wie kaum eine andere Berufsgruppe.
    Die unter dieser Bürokrankheit leidenden Kollegen beschäftigen sich den Großteil ihrer Arbeitszeit nämlich damit, die Zukunft vorherzusagen. In unzähligen miteinander verknüpften Excel-Tabellen sowie unter Zugrundelegung zahlreicher vager Annahmen ermitteln sie die Umsatz-, Absatz-, Budget- und Marktanteilswerte der kommenden fünfzig Jahre auf Tagesbasis – und zwar bis auf die siebte Nachkommastelle genau. Im ausgedruckten Zustand würden die Tabellenblätter übrigens sämtliche Fahrspuren der A 7 von Flensburg bis Ulm komplett unter Papier begraben.
    Anschließend bilden sie aus den ermittelten Zukunftswerten diverse Indizes und Kennzahlen, nach denen das Unternehmen am Ende verbindlich gesteuert wird. Kommt es im Nachhinein zu größeren Abweichungen zwischen den geplanten Soll- und den tatsächlichen Ist-Werten (also immer), sind die Erkrankten der festen Überzeugung, dass die Realität falsch sein muss.
    Nach Feierabend beschäftigen sie sich häufig mit frühgeschichtlichen Werken wie »Das Leben des Nostradamus« oder »Ketzerverbrennung im 15 . Jahrhundert«.

    Verwandte Krankheiten:
    Excel-Schweiß, Korinthenkackerei
    Behandlungsmöglichkeit:
    SystemsteuerungProgramme und FunktionenMicrosoft Excel deinstallieren. Etwaige Nachfragen bitte allesamt mit »Ja« bestätigen.
    [Krankheitsverzeichnis]
    Platzhirscherei
    (lat. malum roehrrum)
    Beschreibung:
    Offensive Verteidigung empfundener Gewohnheitsrechte gegenüber Kollegen mit kürzerer Betriebszugehörigkeit
    Symptome:
    Besinnliche Töne sind den Erkrankten ebenso fremd wie mangelndes Selbstbewusstsein. Mit großem Getöse poltern sie durch die Gänge, reißen laufende Gespräche an sich und versuchen die Kollegen davon zu überzeugen, dass ihre Meinung die einzig richtige ist – schließlich waren sie schon im Unternehmen beschäftigt, als der Großteil der Belegschaft noch in die Windeln gemacht hat.
    Genauso lange ist es übrigens auch her, dass sie zum letzten Mal etwas Erwähnenswertes für die Firma geleistet haben. Dennoch zehren sie bis heute von den Erfolgen längst vergangener Tage, in denen der Bundeskanzler Helmut, Chemnitz Karl-Marx-Stadt oder Twix noch Raider hieß.
    Seither sind die Betroffenen primär damit beschäftigt, ihre Reviere gegenüber neuen Kollegen abzustecken, alles besser zu wissen und fortwährend vermeintlich kluge Ratschläge zu geben.
    Neben ihrer niedrigen Personalnummer sind die Erkrankten häufig auch daran zu erkennen, dass sie sich mittags in der Kantine mit Platzhirschen aus anderen Unternehmensbereichen treffen, um sich bei Wildragout (provenzalische Art) laut röhrend über die »guten alten Zeiten« zu unterhalten.

    Verwandte Krankheiten:
    Betriebsblindheit, Büronostalgie, Helfersyndrom
    Behandlungsmöglichkeit:
    Brunftkampf
    [Krankheitsverzeichnis]
    Posterie
    (lat. morbus pictura, dt. Wittler-Krankheit)
    Beschreibung:
    Obsessiver Dekorierzwang; äußert sich insbesondere durch Zupflastern der Bürowände mit Postern, Kalendern oder Familienbildern.
    Symptome:
    Je nach persönlichen Vorlieben erinnern die Büros der Erkrankten wahlweise an eine Miniaturausgabe des New Yorker Museum of Modern Art, eine XXL -Ahnengalerie, Hugh Hefners Schlafzimmer oder einen zweidimensionalen Streichelzoo. Ab und an werden dabei sogar ganze Fensterfronten mit Postern und Fotos zugeklebt, was – je nach Aussicht – allerdings auch gewisse optische Vorteile mit sich bringen kann.
    Besonders problematisch wird die Posterie in Zweier- oder Großraumbüros mit gegenüberliegenden Schreibtischen. Meist tritt neben dem eigentlichen Krankheitsbild nämlich auch eine schwer ausgeprägte Mitdenkschwäche auf, die dafür sorgt, dass der Betroffene die seinem Rücken zugewandte Seite des Büros mit dem von ihm präferierten Bildmaterial versieht. Nicht selten kommt es infolgedessen zu Minderwertigkeitskomplexen oder leichteren Allergieschocks – beispielsweise, wenn Mitarbeiterinnen den ganzen Tag auf die Playboy-Centerfolds ihrer männlichen Zellengenossen starren müssen oder diese im Gegenzug auf unzählige »zuckersüße« Katzen-, Hunde- und Babyposter.
    Verwandte Krankheiten:
    Klebtomanie, Kinderwahn, Nachberichtitis
    Behandlungsmöglichkeit:
    Fototapete (Motiv: Bürowand)
    [Krankheitsverzeichnis]
    PowerPain
    (lat. angina foliensa, dt.

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