Bufo & Spallanzani
«
»Nein. Sie können gehen.« In anderem Ton zu mir: »Bitte, nehmen Sie Platz, Herr Canabrava, und erzählen Sie. Vielleicht haben Sie recht.«
Ich erzählte Zumbano die ganze Geschichte. Von meinem ersten Verdacht, meinen Recherchen in der Nationalbibliothek (»Das steht in dem Bericht, den ich Ihnen gegeben habe«), Ceressos Hilfe und schließlich von dem Experiment, mit dem ich mich selbst in den Zustand der Totenstarre versetzt hatte, woraus der Arzt geschlossen hatte, ich sei gestorben.
»Hier ist die Sterbeurkunde.«
»Hm«, sagte er und las sie durch. »Sehr interessant. Hören Sie, Canabrava, sprechen Sie mit niemandem darüber, das könnte die Ermittlungen beeinträchtigen. Lassen Sie mir die Sterbeurkunde hier. Sie haben gute Arbeit geleistet. Genau das braucht die Panamericana, solche Leute, so intelligent und fleißig wie Sie. Ich werde Sie für eine Beförderung vorschlagen.«
»Vielen Dank.«
»Gehen Sie in Ihr Zimmer und denken Sie daran: kein Wort. Wir müssen vorsichtig vorgehen, damit die Schwindler nicht gewarnt werden. Sie könnten einen Komplizen hier im Haus haben.«
Darauf war ich noch nicht gekommen. Der Gedanke war nicht ganz abwegig. Schließlich ging es um viel Geld. Als ich in mein Zimmer zurückkam, fragte Gomes, in welcher Angelegenheit ich zu Dr. Zumbano gegangen sei. Ich redete mich damit heraus, es sei eine private Sache, ganz unwichtig. Auf einmal verdächtigte ich Gomes. Mir fiel ein, daß er in letzter Zeit sehr neugierig gewesen war, mich ausgehorcht und merkwürdige Fragen gestellt hatte.
»Dann eben nicht, wenn du’s nicht erzählen willst«, sagte Gomes, »aber ich weiß, daß du mir irgend etwas verheimlichst, etwas Ernstes.«
Den ganzen Tag über tat ich nichts. Gomes wurde zu Zumbano bestellt und ging anschließend einen Auftrag erledigen. Nach Büroschluß fuhr ich nach Hause. Ich erzählte Minolta, Mariazinha und Siri, was passiert war. Dann rief ich Dr. Ceresso von der Brasilianischen Gesellschaft zum Schutz der Amphibien an, um ihm zu sagen, wie großartig er uns geholfen hatte. Anschließend fragte ich ihn, ob er Lust hätte, am folgenden Samstag zu uns zum Abendessen zu kommen.
»Ich bin Vegetarier«, sagte er.
»Wir auch. Ich möchte, daß Sie meine Freunde Minolta, Mariazinha und Siri kennenlernen.«
Ceresso nahm die Einladung an und sagte sein Kommen zu.
»Heute war hier ein Mann und hat uns befragt. Von wo kam er doch noch, Siri?« sagte Mariazinha.
»Von der BNH.«
»Der BNH? Der staatlichen Bank für „Wohnungsbau?«
»Genau. Er wollte wissen, wie viele Personen in der Wohnung leben, was wir von Beruf sind, ob wir Kinder haben. Für eine Erhebung, die sie für irgendwas machen.«
»Ein verdrehter, wirrer Typ, richtig nervtötend«, sagte Minolta.
Am nächsten Tag kam ich zur üblichen Zeit in die Panamericana. Kurz vor Arbeitsbeginn, wie üblich. Am späten Vormittag, Gomes war noch immer nicht erschienen, wurde ich in die Personalabteilung gerufen.
Ich ging hin und erlebte einen Schock. Man hatte mir gekündigt.
»Das kann nicht sein. Das muß ein Irrtum sein.«
»Anweisung der Direktion«, sagte der Angestellte der Personalabteilung. »Ich sollte Ihre Abrechnung machen. Es ist alles fertig.«
Ich unterschrieb die Papiere nicht. Ich rannte zu Zumbanos Büro. In Dona Dudas Zimmer saß ein Wachmann und las Zeitung. Als ich das Zimmer betrat, gab die Sekretärin ihm ein Zeichen.
»Ich möchte mit Dr. Zumbano sprechen. Da liegt ein Irrtum vor, man hat mir gekündigt«, sagte ich.
»Dr. Zumbano ist nicht da«, sagte Dona Duda.
»Er ist nicht da«, sagte der Wachmann und stellte sich vor die Tür.
Plötzlich ging mir ein Licht auf!
Zumbano gehörte bestimmt zum Komplott! Ich Idiot, daß ich das nicht gleich zu Anfang gemerkt hatte. Statt dessen hatte ich ihm auch noch die Sterbeurkunde gegeben! Ich mußte ruhig bleiben, es nützte nichts, mich auf ihr Spiel einzulassen. Bestimmt war Dr. Ribeiroles, der Leiter der Rechtsabteilung, nicht in den Betrug verwickelt. Ich mußte mir eine neue Sterbeurkunde besorgen.
Der Arzt, der sie ausgestellt hatte, hieß Pedro M. Silva. Seine Praxis lag in der Avenida Nossa Senhora de Copacabana, in der Nähe vom Kino Art Palácio. Wir hatten ihn aus dem Telefonbuch rausgesucht, weil er seine Praxis nicht weit von meiner Wohnung in der Rua Figueiredo Magalhães, fast an der Ecke Rua Domingos Ferreira hatte (bestimmt würde er sich nicht weigern, einen Kranken zu behandeln, der so nah wohnte) und weil
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