Bufo & Spallanzani
Zettel war skizziert, wie man zu Suzys Bungalow kam.
Suzy! Was zum Teufel mochte sie wollen? Ihre sexuellen Vorlieben schienen mir eindeutig, allerdings … Ich war auch schon mit homosexuellen Frauen ins Bett gegangen und sah keinen wesentlichen Unterschied zwischen einer Homo und einer Hetero. So ein Pech, daß ich von den Zeckenbissen total angeschwollen war. Auf jeden Fall aber würden so ein paar armselige Zecken mich nicht daran hindern können, die Wonnen eines Frauenkörpers zu genießen.
Ich ging nach Anweisung der Zeichnung und brauchte nicht lange, bis ich Suzys Bungalow fand. Ich klopfte nur einmal, sie machte sofort auf.
»Also, da bin ich.«
Auf dem Tisch im kleinen Wohnraum stand die Eule, von der sie gesprochen hatte, eine etwa dreißig Zentimeter hohe Skulptur.
»Was ist mit Ihnen passiert? Entschuldigen Sie«, sagte sie lachend, »auch wenn Sie vielleicht leiden, aber Sie sehen so komisch aus mit diesen roten Flecken am Hals und im Gesicht. Sehen Sie am Körper auch so aus?«
»So ungefähr«, antwortete ich und merkte, daß mich eine gewisse Übellaunigkeit befiel. »Aber ich bin nicht hergekommen, um über Zecken zu sprechen.«
»Da haben Sie recht.«
Suzy erzählte, sie habe schon immer leidenschaftlich gern Zeitungen und Zeitschriften gelesen, vor allem solche, die sich mit Klatsch beschäftigten. Sie liebte Skandale, wie jedermann übrigens, und gestand, ein Faible für Verbrechen, Betrügereien, Amtsverletzungen, Schiebungen, Gemeinheiten zu haben. Als Besitzerin einer Boutique und Okkultistin hatte sie überreichlich Gelegenheit, ihre Klatschsucht zu befriedigen. »Sie beugen sich über die Handfläche eines Menschen, und auf einen kleinen Anstoß hin erzählt er Ihnen nach ein paar Sekunden schon die schlimmsten Geheimnisse seines Lebens.«
Nach dieser Einleitung machte sie eine kleine Pause und sah mich an. Zwischen den Fingern hielt sie eine Zigarette. Bis dahin hatte ich sie noch kein einziges Mal rauchen sehen.
Sie fuhr fort: »Wissen Sie, daß wir einen Mörder unter uns haben?«
»Tatsächlich?« sagte ich.
»Überrascht Sie das nicht?«
»Einen Schriftsteller kann nichts überraschen.«
»Ach, hören Sie auf.«
»Schon gut. Ich bin sehr überrascht.«
»Diese blasierte Art ist nicht sehr überzeugend«, sagte Suzy. »Darf ich Ihnen die Geschichte erzählen, die ich für unser Spiel schreiben wollte?«
»Wenn Sie das tun, scheiden Sie aus dem Spiel aus.«
»Das macht nichts. Sie wird Ihnen gefallen. Es ist eine Liebesgeschichte.«
»Liebesgeschichten mag ich sehr«, sagte ich und ging näher an Suzy heran. »Sie haben da etwas sehr Hübsches.«
Ganz leicht ließ ich meine Hand über Suzys mit einer Seidenbluse bedeckten Busen gleiten. Sie trug keinen Büstenhalter, ich spürte die feste Knospe ihrer Brust. Das Wasser lief mir im Mund zusammen.
»Danke«, sagte Suzy absichtlich gleichgültig und wich mit dem Körper aus, so daß mir das Ungehobelte meines Verhaltens bewußt wurde. »Der junge Mann in unserer Geschichte ist vierundzwanzig Jahre alt und das Mädchen einundzwanzig. Sie sind reich, schön, groß und lieben sich. Aber sie lieben sich auf eine possessive Art, mit der dunklen Leidenschaft der Schwachsinnigen.«
»Jede leidenschaftliche Liebe ist schwachsinnig«, sagte ich und dachte an Delfina Delamare. »Aber ein Mann und eine Frau, die sich wie die Wahnsinnigen lieben, das ist nichts Neues.«
»Ich weiß. Der Unterschied ist hier, daß diese beiden einen Liebespakt geschlossen haben: Wer den Partner betrügt, soll von diesem getötet werden.«
»Die Leidenschaft als furchterregende Komparserie, trüber Deckmantel, unbegrenzt haftende Mittäterin. Das ist die griechische Tragödie, das lateinische Trauerspiel«, sagte ich. »Überdruß ist der Zoll, den man für den Überfluß zahlt. Die Schönheit welkt, die Lust erschöpft sich, die Intelligenz ermüdet. Der Todespakt wird zu einem Lebensquell. Solche Vertragspartner gefallen mir.« Das Herz tat mir weh, als ich das sagte.
»Wenn Sie mich alle Augenblicke unterbrechen, kann ich meine Geschichte nicht erzählen«, sagte Suzy.
»Mündlich vorgetragene Geschichten bauen auf der Intrige auf. Bis jetzt haben Sie nur Soziopsychologie betrieben.«
»Ich? Und was ist mit Ihrer Hausbuch-Philosophie?«
»Wir wollen uns nicht streiten«, sagte ich. »Wie heißen die beiden Personen? Namen sind sehr wichtig. On ne peut plus changer un personnage de nom que de peau.« Ich wußte, daß ich zu viel
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