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 Bufo & Spallanzani

Bufo & Spallanzani

Titel: Bufo & Spallanzani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rubem Fonseca
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mit Ihnen sprechen. Haben Sie einen Moment Zeit?«
    »Worum geht’s?«
    »Haben Sie den Agenor irgendwie in die Zange genommen, damit er gesteht, daß er die Frau umgebracht hat?«
    »Ich habe ihn nicht angerührt. Ich bin gegen so was.«
    Ribas erzählte, wie es zu der Festnahme gekommen war. Er war mit einem Kollegen in einem Gefangenentransportwagen auf Streife unterwegs in Benfica, da hielt eine Frau den Wagen an und sagte, eine Bäckerei in der Rua Prefeito Olímpio de Mello werde gerade von einem Mann überfallen. Es war sieben Uhr abends. »Dank der Trotteligkeit unseres Fahrers dauerte es eine Weile, bis wir dort ankamen, aber wir hatten Glück, der Mann war noch da und hielt dem Portugiesen an der Kasse einen Revolver vor die Nase. Als er uns sah, warf er den Revolver weg und nahm die Arme hoch. Nachdem wir ihn eingeladen hatten, sagte er, wir brauchten ihn nicht zu schlagen, er würde alles erzählen. Aber wir hatten gerade keine Lust zu reden und steckten ihn in die Kiste. Als wir hier ankamen, sagte er, er wolle unter vier Augen mit mir reden. Ich sagte, ich wolle aber nicht mit ihm unter vier Augen reden, er solle vor den anderen reden. Als er sagte, daß er die Dame umgebracht habe, habe ich ihn hergebracht, damit er ganz auspackt. Nicht mal schief angesehen hab’ ich ihn. Er hat geredet, und ich hab’ zugehört.«
    Laut Agenors Geständnis stand Delfina mit ihrem Mercedes vor einer Ampel in einer Straße im nächtlichen Leblon, da beschloß er, sie zu überfallen. Es war nicht der erste Überfall dieser Art, den er beging. Den Revolver auf Delfina gerichtet, stieg er schnell auf der rechten Wagenseite ein.
    Ein paar Leute hatten vermutlich den Überfall gesehen, aber keiner hatte etwas unternommen, zumal die Ampel umschaltete und Agenor Delfina befahl, Gas zu geben. Sie fuhren ziellos durch die Stadt, er wollte die Frau irgendwo vergewaltigen, aber die verschiedenen Stellen, die er sich aussuchte, waren dann doch nicht geeignet: an der einen war ein Wachposten, an der anderen merkte er, daß Leute in einem Wagen ihn beobachteten und bekam Angst, sie könnten die Polizei holen; bis er dann beschloß, in den Tijuca-Wald zu fahren. Aber weder er noch die Frau kannten den Weg dahin, und so landeten sie in einer Sackgasse (der Rua Diamantina, wo der Leichnam gefunden wurde). Als sie in diese Straße gerieten, wurde Agenor nervös und befahl der Frau, zu wenden und sofort von dort wegzufahren. Aber sie war verängstigt, und der Wagen bockte. Er schlug die Frau, aber nur leicht, und sie fing an zu schreien. Aus Angst, es könnte jemand kommen, schoß Agenor auf die Frau. Dann öffnete er ihre Handtasche, ergriff die goldene Zigarettenspitze und verließ den Wagen, so schnell er konnte.
    »Warum hat er nicht die goldene Armbanduhr mitgenommen, die sie trug?«
    »Warum? Keine Ahnung. Danach habe ich nicht gefragt. Ich wußte nicht, daß sie eine goldene Uhr am Arm hatte. Hören Sie, Guedes, dieser Mann ist nicht in die Mangel genommen worden. Er war ganz wild danach, alles zu gestehen. Solche Leute gibt es, das wissen Sie besser als ich, der noch neu im Haus ist; der Kerl hat ein schlechtes Gewissen und muß es erleichtern. Ich hab’ ihn nicht unter Druck gesetzt, wozu sollte ich Sie anlügen? Sie sind doch nicht vom Disziplinargericht.«
    Ribas lügt wirklich nicht, dachte Guedes. Sie gingen zu den Zellen hinunter.
    In einer Zelle, in die, nebeneinanderliegend, fünfzehn Häftlinge gepaßt hätten, befanden sich dreißig. Die Schwächsten mußten im Stehen schlafen. Von Zeit zu Zeit wurden ein paar der Schwächsten umgebracht, damit der Druck etwas nachließ und die Behörden durch die Reaktion der Öffentlichkeit gezwungen wurden, die Haftbedingungen der Eingesperrten zu verbessern. Wenn man von dem Aspekt der berechtigten Forderungen absieht, war dies ein ähnliches Verhalten, wie man es bei Ratten beobachten kann.
    Agenor lag auf einem halben Meter Zelle, und ein Mann fächelte ihm mit einer Zeitung Luft zu. Es war nicht Sommer, aber in dieser überfüllten Zelle war es sehr heiß.
    Der Gefängniswärter schlug mit seinem Schlüsselbund gegen das Gitter und rief: »Agenor da Silva, Agenor da Silva!«
    Als Agenor, der von einem anderen Häftling wie ein Kalif (Guedes’ Gedanke) mit Zeitungsblättern befächert wurde, seinen Namen hörte, stand er hastig auf, sagte: »Das bin ich, das bin ich« und bahnte sich einen Weg, oder vielmehr, die Häftlinge drückten sich zusammen, um ihm Durchlaß zu

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