Bufo & Spallanzani
Telefonnummer?«
»Zwei vier sechs sechs zwei eins vier sieben.«
»Ich will dir mal was sagen: Ihr habt eure Sache miserabel gemacht.«
»Zum Glück, sonst wär’s mit mir schon aus. Und was jetzt? Gibt’s keine Möglichkeit, daß ich da rauskomm’?«
»Eigentlich müßte ich dir antworten, daß du aussagen und die Wahrheit sagen, die ganze Geschichte erzählen mußt. Ich müßte dir versprechen, daß wir dich beschützen, aber ich weiß, daß sie dich über kurz oder lang doch schnappen. Ich will nicht deinen Tod auf dem Gewissen haben.«
»Werden Sie aber. Sie wissen, daß ich sterben werde, und tun nichts dagegen.«
Die Boote waren weggefahren, und die Lagoa lag verlassen da. Die Wasserfläche schimmerte in der Sonne.
»Kannst du dich irgendwo verstecken? Irgendwo außerhalb von Rio?«
»Ja. Weit weg von hier. Geben Sie mir eine Chance? Ehrenwort?«
»Ein Betrüger, und redet von Ehrenwort. Das Leben ist schon komisch.«
»Ich vertraue Ihnen. Ich mache auch nicht die Dummheit, daß ich Ihnen die Knete anbiete. Geschäfte macht ein Betrüger nur mit seinesgleichen, auch Dummköpfe sind Betrüger, aber wenn einer anständig ist, das merkt unsereins.«
»Du kannst gehen«, sagte Guedes. »Aber mach keine Dummheiten.«
»Sie glauben, ich würde mir ‘nen Ausrutscher leisten, wo die Jungs und die Banditen hinter mir her sind? Gott segne Sie.«
»Laß Gott aus dem Spiel.«
»Doch, Gott segne Sie.«
Ein kleines Segelboot lief aus dem Piraquê-Club aus und segelte in Richtung Corte de Cantagalo. Die Sonne war stärker geworden, Guedes wurde es allmählich zu warm.
Agenors Flucht bereitete dem Polizisten keine großen Schwierigkeiten. Kommissar Ferreira ließ Guedes zu sich kommen und sagte, der Staatssekretär sei wütend, und er würde wahrscheinlich suspendiert.
Indes, die Tage vergingen, ohne daß in den Amtlichen Mitteilungen eine Suspendierung veröffentlicht wurde. Es wurde auch keine Untersuchung der Flucht eingeleitet.
Guedes setzte seine Spürhundaktivitäten fort.
Es war nicht schwierig, den vollständigen Namen des Dr. Jorge herauszufinden, des Rechtsanwalts, der die Schwindelgeschichte mit Agenor da Silva als Hauptakteur aufgezogen hatte. Er hieß Jorge Delfim. Er war Sozius einer großen Kanzlei, die sich mit zivilrechtlichen Fragen befaßte – hauptsächlich mit Handels- und Steuerrecht. Keines der Kanzlei-Mitglieder war Strafrechtler. Das erklärt, warum sie so einen Mist gebaut haben, dachte Guedes.
Aber er rief nicht Dr. Jorge an. Er ging ans Telefon und rief bei Eugênio Delamare zu Hause an. Das war am Nachmittag des Tages, an dem er Agenor da Silva hatte laufen lassen.
»Ist Dr. Eugênio Delamare da?«
Guedes verließ sich auf sein Glück. Abgesehen vom Prinzip der Einfachheit glaubte er auch noch an das Risiko-Gewinn-Prinzip von Hohenstaufens – der Wert der Belohnung ist immer proportional zum Wert des Risikos oder schlicht und einfach: wer nicht wagt, gewinnt nicht.
»Wer ist da, bitte?«
»Dr. Jorge Delfim.«
Eugênio Delamare kam sofort.
»Dr. Delfim?« (Sie waren nicht befreundet, Jorge und Eugênio. Vielleicht merkte er nicht, daß es eine fremde Stimme war.)
»Der Mann ist entkommen«, sagte Guedes.
»Das weiß ich schon. Der Staatssekretär hat mich angerufen. Wir hätten das voraussehen müssen. Unsere Polizei ist ein Scheißhaufen. Ich habe bei Ihnen in der Kanzlei angerufen, aber man sagte mir, Sie seien in São Paulo.«
Guedes hatte den Eindruck, daß Delamare betrunken war. Die reichen Faulenzer fangen schon beim Mittagessen mit dem Trinken an.
»Ich bin gerade zurückgekommen«, sagte Guedes.
»Und was jetzt?«
»Mal sehen, ob wir es hinkriegen, daß der Mann in Abwesenheit als Mörder Ihrer Frau verurteilt wird. Denn das ist es doch, was Sie wollen? Daß die Schuld festgestellt wird.«
»Und daß der Fall abgeschlossen wird«, erwiderte Delamare. »Ich will nicht, daß er morgen auftaucht und sagt, er wär’s nicht gewesen, verstehen Sie?«
»Keine Sorge.«
»Ihre Freunde da, kümmern die sich um alles?«
»Ja, keine Sorge.«
»Wenn Sie noch Geld brauchen, sagen Sie Bescheid. Guten Tag.«
Bei seinen Ermittlungen stieß Guedes auf eine weitere wichtige Entdeckung. Er ging in letzter Zeit jede Nacht die beiden Wege ab, die Delfinas Mörder zur Flucht aus der Rua Diamantina benutzt haben konnte. Zuerst durch die Rua Faro hinunter bis zur Rua Jardim Botânico; dann einen komplizierteren Weg – Rua Itaipava, Rua Benjamim Batista und von da
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