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Bugschuß

Bugschuß

Titel: Bugschuß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hardy Pundt
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mit Ruderbooten unterwegs. Ein ums andere Mal wurden mehr oder weniger gute Witze gemacht und es wurde viel gelacht.
    Für einen Moment verspürte Ralf Meinertz die Lust, sich dazuzusetzen, ein Bier mitzutrinken, zu erzählen, Spaß zu haben. Er hatte zwar das Buch in den Händen und sah hinein, tatsächlich hörte er jedoch den Sportlern zu, die ihr Leben genossen. Als die Sportler die Gastwirtschaft betreten hatten, hatte er kurz gestutzt, weshalb, konnte er nicht sagen. Jetzt, nach einem besonders guten Witz, drehte er sich um, hätte den Ruderern beinahe zugelächelt: ›Der war gut, Jungs. Früher habe ich auch mal gerudert, Schulsport …‹ Als er sich diesen kurzen Blick auf die fröhliche Runde gönnte, erstarrte er. War sein erster Eindruck doch richtig gewesen? Er blickte nach unten, in sein Buch, vermeintlich. Er schloss die Augen. Ein kalter Schauer ergriff ihn. Nein, er musste sich geirrt haben. Das war nicht möglich.
    Vorsichtig, die Leute am Nebentisch beachteten ihn nicht weiter, drehte er sich erneut zu den Ruderern. Doch schnell wendete er sich wieder ab. Kalter Schweiß trat auf seine Stirn. Er war es. So viel Ähnlichkeit, das hätte nur ein Klon sein können, aber menschliche gab es ja wohl noch nicht.
    Wieder vergrub er sich scheinbar in sein Buch. Kein Zweifel. Er hatte mehrere Bilder von ihm gesehen, in der Akte, die er, nach langem Überlegen, akribisch durchgearbeitet hatte. Als er genug wusste, wollte er alles vergessen. Doch immer wieder schwirrte der Name durch seinen Kopf und er suchte ihn später bei Facebook, LinkedIn und wie die Netzwerke alle hießen. Er war wenig im Internet präsent, er hatte ihn aber dennoch gefunden, in einem Fotoalbum, in dem eine Bustour festgehalten war und das jemand ohne Passwortschutz ins Internet gestellt hatte. Hier hatte sich jemand viel Mühe gemacht und nicht nur die Bilder eingestellt, sondern auch kurz beschrieben, wer sich darauf befand. Er war auf zwei, drei Bildern zu sehen gewesen. Die Ähnlichkeit mit den alten, schwarz-weißen Aufnahmen war eindeutig. Wo genau er lebte, hatte Meinertz nicht herausgefunden. Immer wieder hatte er auf diese Bilder gestarrt. Hatte irgendwann beschlossen, sie nie wieder anzusehen. Jetzt saß er neben ihm .
    Ihm gefror das Blut in den Adern. Dieses Arschloch? Hier? Heute? Sonntag? Nach dieser Ewigkeit? Über 20 Jahre … Über 20 Jahre! Ihm traten Tränen in die Augen, doch das nahm niemand wahr. Die letzten zwei Jahrzehnte rauschten an ihm vorbei. Es war, als nage die Vergangenheit nicht mehr, sie biss zu, plötzlich, und es schmerzte. Zuerst war er völlig verwirrt. Dann verspürte er Angst, gefolgt von Wut. Schließlich fiel eine Entscheidung. Schluss damit, die Zeit war gekommen. Er trank den letzten Schluck Tee, nahm den letzten Bissen Apfelkuchen und zahlte. Er verließ das Restaurant.
    Er ging zu seinem Polo, spürte eine zunehmende, ungeheure Aufregung, zitterte. Und wenn er ansonsten immer sehr unentschlossen war, wie der Tag zu beenden sei, so hatte er jetzt einen irrwitzigen Plan. Er musste schnell genug sein. Als sei er nicht mehr Herr seiner selbst, als lenkte ihn jemand oder etwas, startete er den Wagen und fuhr an. Das war es, das in seinem Inneren nagte, das ihm die Seele zerriss, unaufhörlich, seit so langer Zeit. Es ihm heimzahlen! Wenn nicht jetzt, wann dann?
    Es war ja nicht zu überhören gewesen, wie die Rudertour weitergehen sollte.

14
     
     
    »Die zwei Wochen wollte ich durchaus noch hier bleiben. Juist ist ein wunderbares Stückchen Erde, Herr Eilsen, diese Ruhe, diese Weite, diese Luft …«
    »Schön, dass Sie sich gut erholen, Frau Itzenga. Ich freue mich aufrichtig. Aber sehen Sie, wir gehen hier auf dem Zahnfleisch …«
    »Das Zahnfleisch war bei mir schon gar nicht mehr da, deshalb bin ich jetzt hier.«
    »Sicher, selbstverständlich, liebe Frau Itzenga. Aber, sehen Sie, wir haben da einen neuen Fall …«
    »Die Schüsse am Großen Meer? Kollege Ulferts hat mich bereits angerufen und davon erzählt.«
    Ulferts hatte Tanja Itzenga ein ›ich muss darüber nachdenken‹ abgerungen und Eilsen davon berichtet. Der Präsident war daraufhin zu dem Entschluss gekommen, die Hauptkommissarin persönlich zu kontaktieren.
    »Ich sehe, Sie sind auf dem Laufenden.« Eilsen lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Da hat jemand Schiffe versenken gespielt.« Eilsen bemerkte, dass Tanja Itzenga seinen Gag nicht sonderlich witzig zu finden schien, und setzte hinzu: »Also, ein Schuss ging in den

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