Bugschuß
worden?«
»Nein – der Wirt hat uns auseinander gebracht. Ich bin daraufhin gegangen.«
»Und Ihr, sagen wir, Geschäftspartner? Hat der sich nicht wieder gemeldet?«
»Seitdem nicht. Er hat nur …«
»Ja?«
»Er hat mir gedroht.« Jandes Abneigung, die seit dem Vorfall in der Kneipe gegen de Vries enorm angestiegen war, gewann Oberhand.
»Womit hat er gedroht?«
»Wenn ich das noch wüsste … Jedenfalls hat er mir eine Drohung hinterhergerufen.«
»Na, Herr Jande, da hätten Sie uns aber fast etwas ganz Wichtiges verschwiegen, nun mal Butter bei de Fische: Meinen Sie, Ihr Geschäftspartner würde das zum Anlass nehmen, um auf Sie zu schießen?«
»Sind Sie verrückt? Nein!«, rief Jande, doch Ton und Gesichtsausdruck wirkten nicht so, als sei er davon überzeugt. Wenn de Vries sich etwas in den Kopf setzte … wer weiß? Außerdem hatte er selbst nach wie vor nicht gezahlt, nach so vielen Jahren. Mein Gott, wie lang war das her, dass er sich die Kohle geliehen hatte.
»Sicher?«
Fast hätte Jande vergessen, dass Ulferts und Itzenga immer noch bei ihm auf dem Sofa saßen, vor sich eine Tasse Tee. Er machte eine abfällige Handbewegung. »Ach, was weiß ich. Ich hatte ihn lange nicht gesehen; wir haben wohl mal telefoniert, also, er hat mich angerufen. Ich weiß gar nicht, wann die Sache zu einer echten Meinungsverschiedenheit wurde. Plötzlich war unser gegenseitiges Einverständnis weg – von da an gab es Ärger zwischen uns. Wir haben uns in der Kneipe getroffen, um das Ganze noch mal zu besprechen, persönlich. Da ist es zu dieser Handgreiflichkeit seitens de Vries gekommen.«
»Und seitdem ist Funkstille?«
»So ist es.«
»Das ist doch komisch, oder? Warum tut er nicht alles, um sein Geld zu bekommen?«
»Weiß nicht. Mir kam es zugute. Ich habe im Moment nichts auf der hohen Kante und Margret putzt wie ein Wilde. Wie ich schon sagte – es gibt Verbindlichkeiten bei den Banken. Da will ich gar nicht um den heißen Brei reden, wir haben nach wie vor einen Berg Schulden. Aber er wird kleiner, langsam aber sicher, Dröpje för Dröpje. Aber die Banken muss ich natürlich zuerst bedienen, bevor die privaten Geschäfte geregelt werden.«
»Jeder will mal sein Geld zurück«, sagte Ulferts beiläufig.
»Aber nur das, was er tatsächlich gegeben hat!«, bemerkte Jande bissig.
»Ja, ja, sicher«, beschwichtigte Itzenga in versöhnlichem Ton. »Macht Ihnen das keine Angst? Sollten Sie nicht zahlen?«
»Den vereinbarten Betrag, nicht das, was de Vries fordert.«
»Gibt es eigentlich einen Vertrag?«
»Was für eine Frage! Dann wäre die Sache klar!«
»Aussage gegen Aussage. Wie soll man das lösen?«
»Meine Güte, das weiß ich ja auch nicht.«
»Vielleicht will er Ihnen Angst machen? Und gibt mal einen Schuss ab …«
»Dann müsste er es mir doch irgendwie mitteilen?«
»Eben nicht … Wenn Sie denken, Sie könnten gemeint sein, reicht das. Und vielleicht meldet er sich noch.«
»Weit hergeholt, oder?«
»Sie kennen sicher den Spruch aus jedem Fernseh-Krimi: Wir müssen allen Spuren nachgehen.«
»Ich kann das nicht glauben.«
»Gut, Herr Jande, das mag Ihnen so gehen. Aber wissen Sie, nach fast 20 Jahren bei der Polizei könnte ich Ihnen Geschichten erzählen, die hätte ich vorher auch nie und nimmer geglaubt.«
»Mag sein. Aber das traue ich ihm nicht zu.«
»Immerhin hat er zugeschlagen! Das ist Fakt! Da hat er sich vielleicht mehr überlegt. Es muss ja nicht gleich eine Tötungsabsicht dahinterstecken. Man hat schon Pferde kotzen sehen! Sie sollten vorsichtig sein, Herr Jande. Ich hätte gerne den Namen, die Adresse, Telefonnummer und so weiter Ihres Geschäftspartners.«
»Schöner Geschäftspartner …«, Jande starrte aus dem großen Fenster über die Dächer von Pogum.
»Also?«
»Ich weiß nicht. Ich will, wie gesagt, niemanden anschwärzen, selbst wenn er so ein Typ ist.«
»Wir werden vorsichtig vorgehen«, versprach Tanja Itzenga mit sonorer Stimme.
Jande überlegte, sah mal hierhin, mal dorthin. Schließlich entschied er, dass es vielleicht nützlich für ihn sein könnte, und sagte: »Er heißt de Vries, Siebold de Vries.«
19
Als Hauptkommissarin Tanja Itzenga und ihr Kollege Ulfert Ulferts vor dem roten Backsteinhaus hielten, stand Siebold de Vries im Garten und schnitt die Hecke. Wahrscheinlich der letzte Schnitt in diesem Jahr. Er war sich nicht bewusst, dass die blonde Frau und der Mann von der Polizei waren, erst recht nicht, dass sie zu ihm
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