Bugschuß
wollten.
»Herr de Vries?«, fragte Itzenga freundlich und de Vries betätigte den Ausschalter seiner elektrischen Heckenschere, die trotz umweltschonenden Antriebes einigen Lärm verursacht hatte.
»Bitte?«, fragte er zurück.
»Sind Sie Siebold de Vries?«, wiederholte Itzenga.
»Das bin ich allerdings«, antwortete er.
»Moin, mein Name ist Itzenga, Kriminalpolizei Aurich, und hier mein Kollege Ulferts. Können wir Sie mal sprechen?«
»Mich? Ich habe nichts verbrochen«, entgegnete de Vries.
»Das haben wir ja nicht behauptet …«, erwiderte Itzenga und fuhr fort: »Aber vielleicht gehen wir ins Haus?«
De Vries stand immer noch auf der zweiten Stufe der Alu-Trittleiter, da er gerade dabei gewesen war, den oberen Teil der Hecke zu schneiden. Mehrere sehr schnell geschossene Triebe standen weit über den anderen. Er wirkte verdutzt, schien zu überlegen, fasste sich und sagte: »Ich habe zwar keine Ahnung, was Sie von mir wollen, aber Sie werden es mir sicher erklären.«
»Darum sind wir da«, sagte Ulferts und folgte seiner Chefin, die wiederum ein paar Schritte weitergegangen war, durch das Gartentor. Dabei durchquerte man einen kunstvoll geschmiedeten Rosenbogen, an dem rosa und tiefrot gefärbte Blüten dieser schönen Züchtung bewundert werden konnten. Der Rosenbogen selbst hatte bereits Rost angesetzt, was aber gut passte, obwohl er auf diese Weise vielleicht nicht so lange hielt, als wenn man ihn mit Schutzfarbe bestrichen hätte. De Vries wies mit der Hand den Weg zur Haustür, die offenstand. Es war warm, die Sonne schien.
»Am besten gehen wir in die Küche, mit meinen Arbeitsklamotten setze ich mich ungern ins Wohnzimmer, wenn’s Ihnen recht ist.«
»Kein Problem«, sagte Itzenga und folgte dem Mann in eine kleine, aber gemütliche Küche, in der ein Tisch mit vier Stühlen stand, sodass jeder Platz nehmen konnte.
»Was wollen Sie nun von mir?«, wollte de Vries wissen, nachdem seine Frage, ob er etwas anbieten könne, sowohl von Itzenga als auch von Ulferts verneint worden war.
»Kommen wir gleich auf den Punkt. Ihnen ist ein Gernot Jande bekannt?«
»Jande!«, rief de Vries aus. »Hätte ich mir ja denken können, dass der Probleme macht!«
»Tatsächlich?«, fragte Ulferts. »Weshalb?«
De Vries schwieg eine Weile. Vielleicht war seine Reaktion ein wenig heftig gewesen, wenn der Polizist derart darauf einging.
»Ach, eine alte Geschichte. Aber die geht eigentlich nur Jande und mich was an«, erwiderte de Vries, dessen Miene einen anderen Ausdruck annahm.
»Herr Jande hat Sie in Zusammenhang mit …«, Ulferts wurde rüde unterbrochen.
»Hat der Kerl Sie etwa hierher geschickt?« De Vries’ Augen sprühten urplötzlich vor Wut.
»Uns schickt niemand irgendwo hin, Herr de Vries. Wir sind gekommen, um einen Sachverhalt zu klären.« Tanja Itzenga blieb ganz ruhig.
»Sie sagten vorhin, Sie sind von der Kriminalpolizei?«
»So ist es.«
»Und Sie kümmern sich um solche Sachen?«
»Welche Sachen?«
»Nachtigall, ick hör dir trapsen! Wie ich Jande einschätze, hat er Ihnen sicher verklickert, dass er mir einen Batzen Geld schuldet. Aber damit Sie gleich Bescheid wissen: Er zahlt es mir seit Jahren nicht zurück! Das finde ich, gelinde ausgedrückt, nicht ganz richtig, Sie wohl ebenfalls nicht, oder? Er wird es wahrscheinlich anders geschildert haben. Aber dem dürfen Sie nichts …«
Itzenga stoppte den Redefluss: »Genau deswegen kommen wir. Aber bitte der Reihe nach. Herr Jande hat das tatsächlich ein wenig anders dargestellt, er meinte …«
De Vries ließ die Hauptkommissarin nicht ausreden.
»Was Jande meint, sollten Sie nicht unbedingt für bare Münze nehmen. Jande hat vordergründig sein Erinnerungsvermögen verlassen – das ist sein Problem. Ich glaube allerdings, dass er nur so tut. Er weiß ganz genau, was er mir schuldet, behauptet aber, es wäre anders. Es sind einige Jahre vergangen, den Trumpf will er ausspielen. Aber noch bin ich nicht dement, noch habe ich nicht Alzheimer«, er machte eine Pause, bevor er anfügte: »Und jetzt hetzt er mir die Polizei auf den Hals!« De Vries lehnte sich zurück und sah die beiden Polizisten erzürnt an.
»Er hetzt uns nicht auf Sie, das ist Unsinn. Wir sind ganz freiwillig zu Ihnen gekommen.« Tanja Itzenga lächelte freundlich. »Er meint, dass Sie die damalige Abmachung falsch darstellen und viel mehr von ihm zurückwollen, als Ihnen zusteht.«
»Das ist ja der Unfug. Ich weiß, was wir vereinbart haben. Früher,
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