Bugschuß
auf einer Seite des Kanals. Eine davon muss die von Ahlert sein.«
Wenige Meter hinter der Kneipe standen die Meerbuden wie an einem Band aufgereiht am Ufer des Kanals. Itzenga und Ulferts machten sich auf den Weg und wollten sich gleich beim ersten Häuschen rückversichern, wo Ahlerts Meerbude stand. Hier hielt sich eine ältere Frau im Garten auf.
»Weet ick neet«, kam als Antwort, nachdem die Kommissare gefragt hatten. Das wunderte sie, war doch ihre Vermutung, hier kenne jeder jeden. Schließlich trafen sie jemanden, der Bescheid wusste.
»Immer liek ut an’t Kanal längs«, begann er auf Platt, setzte hochdeutsch fort: »Diese Bude mit …«, überlegte einen Moment, »na die, wo so eine Schützenscheibe am Giebel angebracht ist«, um dann zu schließen: »De weer mol Schkützenkönig, dat is Johren her.«
»Danke«, entgegnete Tanja Itzenga schnell, »das ist die, die wir suchen!«
»Tschüss«, antwortete der Mann erstaunt. Diese fortwährende Eile in der heutigen Welt. Hier war eigentlich immer Zeit, ein paar Worte zu wechseln. Die hatten gar nicht gesagt, was sie hier wollten. Und er hätte ihnen noch eine Menge über den Kanal, die Meere und die einzelnen Wochenendhäuser erzählen können.
Ulferts und Itzenga erkannten die kleine Meerbude sofort, als sie die kreisrunde Scheibe am Giebel sahen, die von Wind und Wetter verblasst war. Wann Onno Ahlert Schützenkönig gewesen war, konnte man nicht mehr entziffern.
Plötzlich hielt Ulferts seine Kollegin zurück, indem er seinen linken Arm nach außen streckte.
»Warte mal«, sagte er leise, als könne sie jemand hören.
»Was ist?«
»Da ist jemand zu Hause!«
»Hat Ahlert nicht gesagt …«
»Eben, er hat anderes erzählt im Schützenverein. Aber ich meine, ihn gesehen zu haben.«
»Bist du sicher?«
»Ich glaube, er hat uns nicht bemerkt. Er rechnet wohl kaum mit Besuch.« Ulferts drängte Itzenga ein paar Schritte zurück, wobei er, kurz wohlig erschauernd, einen Atemzug lang ihren Geruch wahrnahm.
»Hierher.« Der Kommissar entschwand in einen kleinen Seitenweg, der genau zwischen dem Grundstück, das zu Ahlerts Meerbude gehörte, und dem benachbarten verlief. Vorteilhaft war, dass Ahlerts Besitz hier von einer breiten Hecke immergrüner Gehölze vom Weg abgegrenzt wurde, die verbarg, wenn jemand dahinter stand. Vorsichtig schob Ulferts ein paar Zweige zur Seite, sodass er und Itzenga, sie ganz nah an seiner linken Wange, hindurchsehen und das Treiben in der Meerbude beobachten konnten.
»So muss der Typ hinter Wientjes’ Garten in der Hecke gesessen haben«, raunte Ulferts seiner Kollegin zu. Dann konzentrierte er sich auf das Geschehen in der Meerbude. Durch ein Fenster konnten sie Ahlert sehen.
»Der hat ganz gut zu tun«, murmelte Ulferts, denn Onno Ahlert lief von dem Raum, in den sie hineinsehen konnten, in einen anderen, kam zurück. Es schien, als packe er etwas ein, denn er hantierte mit einer großen Rolle Packpapier, war höchst aktiv.
»Sieh mal an«, machte Ulferts seine Chefin aufmerksam.
»Das ist interessant«, hauchte sie und stieß ihn sanft in die Seite. »Sieht aus, als packe er etwas zusammen.«
»Etwas ist gut!«, antwortete Ulferts und nickte mit dem Kopf Richtung Meerbude: »Sieh’ dir das an!«
Onno Ahlert, das hatten beide Polizisten deutlich gesehen, wenn auch nur für einen Moment, verpackte ein Gewehr. Er wickelte es in Packpapier, sodass man auf den ersten Blick nicht erkennen konnte, was für ein Gegenstand es war. Jetzt holte er eine Decke.
»Warum macht der das?«, flüsterte Ulferts.
»Sicher nicht, weil alle sehen sollen, was in seinem Päckchen ist! Der will die Waffe wegschaffen!«, erwiderte Itzenga.
»Offensiv rangehen, oder?«
»Meine ich auch. Auf frischer Tat ertappt. Also los.«
Sie verließen ihre Deckung, liefen zurück Richtung Kanal, bogen ab Richtung Eingangstor, öffneten es und standen im Nu vor der Tür der Meerbude und betätigten den Türklopfer, einen eisernen Löwenkopf. Zunächst tat sich nichts, sie drückten die Klinke – es war abgeschlossen. Klopften einmal, mehrmals, kräftiger. Jetzt wurde recht schnell geöffnet und Ahlert war die große Verblüffung anzusehen.
»Sie?« War es Erschrecken, das ihm anzusehen war? Er schickte ein »Moin« hinterher und bevor er Weiteres hinzufügen konnte, sagte Tanja Itzenga:
»Moin, Herr Ahlert, wir waren gerade in der Gegend, wegen einer Pressekonferenz am Meerhaus zu den Vorfällen hier. Da dachten wir, es sei eine gute
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