Buh: Mein Weg zu Reichtum, Schönheit und Glück (German Edition)
zehnten Eimer G’spritzten intus, Ignaz zwei Gläser Wein geknackt und eine Schauspielstudentin zum Weinen gebracht.
30 WARUM ICH SO UNSYMPATHISCH BIN (EIN FRAGMENT)
WARUM ICH SO UNSYMPATHISCH BIN (EIN FRAGMENT)
30 ERSTENS: EINE KRANKHEIT, die mich plagt: Ich erkenne Menschen nicht wieder. Ich kann ihnen nicht nur keine Tätigkeiten zuordnen, sondern auch nicht Datum oder Ort des Treffens. Und das nicht nur bei flüchtigen Bekannten. Manchmal erkenne ich auch Arbeitspartner nicht wieder. Es ist mir schon passiert, dass jemand, mit dem ich gerade über ein wirklich interessantes Thema gesprochen oder mit dem ich gearbeitet hatte und den ich wirklich mochte, den Raum verließ, und dass er, als er zurückkam, von mir nicht wiedererkannt wurde, sodass ich mich ihm oder ihr von Neuem vorstellte, so als hätte ich ihn oder sie noch nie gesehen. Außerdem bin ich schwerhörig.
Aber es ist da noch etwas anderes, das einen wesentlichen Bestandteil des negativen Gesamteindrucks ausmacht, den ich hinterlasse.
Zweitens: Jemand hat mal zu mir gesagt, er gehe nicht gerne mit mir aus, ich würde das Unglück anziehen. Überall, wo ich auftauchte, gingen Dinge kaputt, Leute wollten sich mit mir prügeln oder Katastrophen jeglicher Art würden jede Art von Ausflug mit mir zu einem Desaster werden lassen.
Da ist was dran. Die Tage meines Lebens sind durchdrungen von physischen und metaphysischen Unwägbarkeiten. Es gibt eine Menge Leute, die mich nicht leiden können, was ich nicht verstehe, möglicherweise, weil meine Selbstwahrnehmung gestört ist. Viele können meinen Witzen nicht folgen, manche mögen meine laute Art nicht, wie sie sagen, und einige erschrecken, wenn ich sie im Vorbeigehen beleidige. Ich gebe zu, Beleidigte pflastern meinen Weg. Dabei meine ich es gar nicht so. Ich will nur nicht langweilen. Davor graut es mir dermaßen, dass das schon ans Neurotische grenzt. Ich fühle mich wie Dr. Kimble auf der Flucht. Nur dass der Verfolger hier die Langeweile ist.
Diese spezielle Art von Paranoia besagt, dass sich Langeweile hinter jeder Ecke verbirgt. Man erkennt sie nicht gleich, erst wenn sie ihre Tarnung abstreift. Diese Tarnung kann eine hübsche Frau sein, ein bekannter Künstler, ein heiß ersehnter Event. Dann ist es immer dasselbe: Plötzlich offenbart sich die Langeweile in ihrer ganzen Ödnis und die Zeit dehnt sich wie ein Kaugummi. Und anstatt die Party auf schnellstmöglichem Wege zu verlassen, versuche ich, dieser Veranstaltung einen Sinn zu geben. Ich ziehe los wie der Ritter mit seiner Lanze und muss erkennen, dass nur der Schmerz Leben in die Dinge bringt. So rutscht mir dann das eine oder andere Wörtchen raus. Oft merke ich es gar nicht, so routiniert bin ich schon, doch es kann bei den Leuten schwere Verwundungen hervorrufen. Von den Kollateralschäden gar nicht zu reden. Was mich aber wundert: dass ich sie noch Jahrzehnte später, wenn die Wunden längst verheilt sein müssten, erkennen kann, an diesem leicht säuerlichen Ausdruck, der sich in ihre Mundwinkel eingegraben hat.
31 DAS VATER-SOHN-EXPERIMENT
DAS VATER-SOHN-EXPERIMENT
31 ICH VERLANGE DEN PERSONALAUSWEIS von dem etwa fünfzigjährigen Mann. Er zeigt mir seinen Ausweis. Da steht tatsächlich Rio Reiser drin. Ich fasse es nicht. Vor Glück bestelle ich mir noch ein Bier.
Don Carlos hat einen Vater. Den muss er haben, weil darum geht’s ja: Vaterkonflikt, Schiller eben.
Diesen Vater spielt mein Vater. Es ist die erste gemeinsame Arbeit, nach langem Ringen, jedenfalls meinerseits. Wer, der je Sohn war, möchte das schon: arbeiten mit dem eigenen Vater. Das ist wider die Natur, wider das, was wir erstreben, nämlich loszukommen von unseren Vätern, darum geht es ja wohl in allem, was wir tun, bei aller Liebe. Und wer, der je Vater war, möchte das schon: arbeiten mit dem eigenen Sohn, zumal mit ihm als Chef.
Aber wir haben noch ein paar andere Probleme. Vor allem weil ich einen gewissen, wie ich heute weiß, sinnlosen Ehrgeiz entwickelt habe, die Theatergeschichte vielleicht nicht umzukrempeln, so aber doch um, wie sich bald herausstellen sollte, ein gescheitertes Experiment mehr zu erweitern. Denn ich strebe eine Mesalliance zwischen Goethe und Schiller an, ich will Don Carlos und Egmont nicht nur an einem Abend spielen, sondern auch als ein Stück, von einem Autor namens Schiller-Goethe, so ineinander verzahnt, dass dabei eine logische, meinetwegen auch dialektische Geschichte von Ursache und Wirkung herauskommen soll, was nicht
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