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Buh: Mein Weg zu Reichtum, Schönheit und Glück (German Edition)

Buh: Mein Weg zu Reichtum, Schönheit und Glück (German Edition)

Titel: Buh: Mein Weg zu Reichtum, Schönheit und Glück (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leander Haußmann
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ja auch einen langen Weg gegangen zusammen. Rohrbach hat während unserer gemeinsamen Arbeit nicht einmal gezweifelt, nicht angehalten, sondern weitergemacht. Wer gegen unser Projekt war, wurde weggeblasen, wer Zweifel hatte, wurde angeschrien, und wer für uns war, wurde mitgenommen auf dem Weg. Geld einsammeln, dramaturgisch begleiten, die Fackel der Begeisterung vorneweg tragen, das kann er, das tat er – und trotzdem ist er mir ein Rätsel. Er schiebt alles beiseite, was gesetzmäßig wäre, auch die Gesetze der Biologie, die mit seinem Alter verbunden sein müssten. Er sieht alles und weiß viel.
    Als ich mich endlich entschieden hatte, das Drehbuch zu »Hotel Lux« selbst zu schreiben, und voller Bangen die ersten dreißig Seiten an ihn schickte, da war jemand so begeistert wie das letzte Mal meine Literaturlehrerin Frau Israel in der zehnten Klasse über meinen Aufsatz zu Schillers »Kabale und Liebe«, den sie auch in der Parallelklasse vorlas. Rohrbach stand fortan – was verdammt nötig war – mit flammendem Schwert vor meinem Buch. Er schützte es vor jedem und allem, vor allem vor mir selbst.
    Und gerade flammt es wieder kurz auf. Sind das die Momente? Rohrbach und ich lachen. Kurz erscheint in einer Überblendung Lothar Feix, verloren im Galopp. Auf der Landkarte des Lebens ein kurzer Schnittpunkt der sich treffenden Linien, jetzt schon historisch, am Ende verdichtet: Loriot, Ekel Alfred, Fassbinder, Dietl und ich, in schneller Abfolge, ein kurzer Husten im Universum und doch ein Grund stolz zu sein.
    Ich erwähne das hier nur deshalb, weil ich sagen will, dass ich mir einen solchen Produzenten immer gewünscht habe – und ihn am Ende bekam. Und das soll nun auch gesagt sein, Punkt.
    Und einen Gedanken an Lothar Feix – auch er ein Hedonist, der seinen Anteil am Fall der Mauer hat, ob ihm das heute recht wäre oder nicht – ist es allemal wert, darum hier ein Plätzchen dafür. Darob kurzes Schweigen, und dann weiter, wie gehabt.

38 LEIPZIGER ENDZEITSZENARIO
LEIPZIGER ENDZEITSZENARIO
    38 GÜNTER ROHRBACH SAGT ZU MIR: »Wir müssen den Film umbenennen.«
    »Was müssen wir?«, frage ich fassungslos, normalerweise immer offen für neue Wagnisse.
    »Der Film«, sagt Rohrbach, »muss anders heißen!«
    Ich bin so überrascht und auch ein wenig hysterisch, dass ich wütend werde und Rohrbach anschnauze: »Wie soll denn der Film jetzt plötzlich heißen, Herr Rohrbach?«
    Ein schmales Lächeln legt sich auf Rohrbachs Gesicht, er ähnelt jetzt Nick Knatterton vor der Lösung eines Falls. Gleich zieht er einen Titel aus seinem Basecap, denke ich. Und das tut er tatsächlich: »Der Film muss heißen ›Der Astrologe‹.« Er prüft die Wirkung, indem er seine listigen Augen für ein paar Minuten auf meinem Gesicht verweilen lässt und setzt dann nach: »Oder so.«
    Wir stehen im Foyer des Leipziger Cineplex-Kinos. In wenigen Minuten beginnt eine Testvorführung von »Hotel Lux«; die für die Verleiher sakrosankte Zielgruppe der Sechzehn- bis Fünfundzwanzigjährigen strömt in den Saal. Es riecht nach Testosteron und billigem Teenagerparfum. »Es geht ja gar nicht mehr um das Hotel Lux. Der Titel ist irreführend«, sagt Rohrbach und sieht aus, als würde er jeden Augenblick in Tränen ausbrechen. Ich frage mich, wann Rohrbach zum letzten Mal in seinem Leben geweint hat.
    »Haben Sie das Drehbuch nicht gelesen?«, sage ich und denke: Irgendwo muss doch mein Blut hin sein, denn ich fühle mich aschfahl, so, als hätte man mich zur Ader gelassen. Das ist normalerweise der Moment, an dem ich die Kontrolle verliere. Hinter mir, über mir, unter mir das Nichts. Junge Menschen schweben irgendwo in ihrer Sorglosigkeit, während in meinem Schädel ein Zwerg einen Klöppel auf und nieder bewegt und mein Blut bis unter die Fußsohlen pumpt. Ich muss aufpassen, dass ich in meiner plötzlichen Hyperventilation nicht umkippe. Das wäre was, hier im Kinofoyer in Leipzig, ich fallend, mitten in die Teenager hinein. Wie immer in so einem Moment kommt mich der große Bierdurst an.
    »In der allerersten Fassung, bei dem allerersten Drehbuchautor, da ging es ja noch um das Hotel Lux«, bohrt Rohrbach weiter.
    Jetzt füllen sich meine Augen mit Tränen. Rohrbach ist gegenüber Emotionen anderer nicht immun. Aber ich weiß nicht, was ich sagen soll, und merke, dass Rohrbach merkt, dass er irgendwie zu weit gegangen ist. Es ist so: Zwei einsame Menschen stehen sich gegenüber und wissen nicht, was sie tun sollen. Das ist die

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