Bujold, Lois McMaster - Die magischen Messer 2
merkte Fawn nach einer Weile halblaut an. »Dicht und voll … wenn du dich hier öffnen würdest, würde dann nicht einfach die Essenz dieses Ortes in dich hineinströmen und dich auffüllen? «
»Ich habe mich vor zwei Stunden schon geöffnet. Und ja, ich denke, das könnte sein. « Er seufzte.
»Das erklärt dann so manches über Orte wie diesen «, murmelte sie zufrieden.
Erst sehr viel später zogen sie ihre runzeligen Leiber mit B e dauern zurück auf das Gewirr aus Treibholz und von dort aus ins Boot. Sie kleideten sich an, stießen sich ab und wandten sich wieder heimwärts. Die Sonne ve r schwand bereits hinter den Bäumen im Westen, als sie die freie Fläche des Sees überque r ten, und bis sie das Ufer zum Zelt Blaufeld emporstiegen, war sie schon zu einem orangefarbenen Schimmer verblasst. Dag schlief in dieser Nacht so gut wie schon seit Wochen nicht mehr.
18. Kapitel
Fawn erwachte spät am nächsten Morgen. Das schloss sie j e denfalls aus den hellen Streifen, die sich an den Rä n dern ihrer nach Osten gewandten Zeltklappen abzeichn e ten. Die Luft im Inneren war noch kühl von der Nacht, würde aber bald heiß und stickig werden. Dag, der sie umschlungen hielt, seufzte und re g te sich. Dann drückte er sie noch fester an sich. Etwas Hartes stieß g e gen die Rückseite ihres Oberschenkels, und mit einem leisen Grinsen erkannte sie, dass es nicht seine Hand war. Ich hatte mir gedacht, dass dieses Picknick ihm guttun wü r de.
Er machte einen schnurrenden Laut in ihrem Haar, der von de r selben zufriedenen Erkenntnis zeugte, und sie wand sich herum, um ihm ihr Gesicht zuzuwenden. Dags Augen schimmerten u n ter halb geschlossenen Lidern, und sie ließ sich in sein schläfr i ges Lächeln sinken wie in ein Kissen.
Er küsste ihre Schläfe und ihre Lippen und beugte den Kopf vor, um ihren Hals zu liebkosen. Fawn ließ ihre Hand streifen und streicheln, gab und fand Vergnügen an seiner warmen Haut, zum ersten Mal, seit er nach Feuchtwalde geschickt wo r den war. Erzog sie noch dichter an sich, schien in ihrem we i chen Leib zu schwelgen, der so dicht an den seinen gedrückt war, Haut an Haut über die ganze Länge ihres Körpers hinweg. Es waren keine Worte nötig, keine Anleitung. Keine Fragen.
Eine Hand klatschte drei Mal laut gegen das Leder der Zeltpl a ne, und eine schnarrende Frauenstimme rief: »Dag Rotdrossel Hickory? «
Dags Körper versteifte sich, und er fluchte unte r drückt. Er hielt Fawns Gesicht eng an seine Brust g e drückt, als wolle er jeden Laut von ihr dämpfen, und antwortete nicht.
Das Klatschen wiederholte sich. »Dag Rotdrossel Hickory! Komm schon, ich weiß, dass du da drinnen bist. «
Er zischte verärgert durch die Zähne. Säm tl iche Steifheit e r schlaffte, leider. »Hier gibt es niemanden, der so heißt «, rief er schroff zurück.
Die Stimme von draußen klang aufgebracht. »Dag, halt mich nicht zum Narren. Ich bin wirklich nicht in der Stimmung dafür. Das hier gefällt mir vermutlich genauso wenig wie dir. «
»Kann ich mir nicht vorstellen «, murmelte er, setzte sich aber mit einem Seufzen auf. Er fuhr sich mit der Hand durch das vom Schlaf zerzauste Haar, rollte herum und tastete nach seinen kurzen Hosen.
»Was ist los? «, fragte Fawn besorgt.
»Dowie Graureiher. Sie ist zurzeit stellvertretender Rat für die Insel der zwei Brücken. «
»Ist das die Vorladung? «
»Wahrscheinlich. «
Fawn zog sich den Kittel über und folgte Dag, als der durch die Zeltklappe nach draußen trat und blinzelnd im hellen Sonne n licht stand.
Eine ältere Frau, deren Haar so gesträhnt war wie das von Omba und sei tl ich um den Kopf geflochten, stand da und tappte mit den Fingern auf den Oberschenkeln. Ve r wirrt betrachtete sie Dags verschlafenes Aussehen, und neugieriger musterte sie Fawn. »Die Anhörung vor dem Stammesrat ist am Mittag «, ve r kündete sie.
Dag fuhr auf. »Heute? Sehr kurzfristig! «
»Ich war gestern zwei Mal da, aber du nicht. Und ich weiß, dass Fairbolt dich vorgewarnt hat. Also tu nicht so überrascht. Und jetzt lass es mich zu Ende bringen. « Sie stellte sich ein wenig breitbeinig hin, nahm die Schultern zurück und trug vor: »Dag Rotdrossel Hickory, ich ford e re dich auf, vor dem Sommerrat des Lagers vom H i ckory-See Rede und Antwort zu stehen, in schwerwiegenden Klagen, vorgebracht von Dar Rotdrossel H i ckory im Namen des Zeltes Rotdrossel. Die Versammlung fi n det heute Mittag im Ratshain statt. Hast du das gehört und ve r
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